Zelot
durch seine zwölf Apostel, die auf zwölf Thronen sitzen sollen) um sich scharen und die Nation Israel zu ihrer einstigen Blüte zurückführen wird. Er beansprucht für sich dieselbe Position wie König David, «zur Rechten der Macht». Kurz: Er bezeichnet sich selbst als König. Er bestätigt, wenn auch in bewusst kryptischer Weise, dass seine Rolle nicht nur darin besteht, durch seine Wundertaten das Königreich Gottes herbeizuführen, sondern vielmehr darin, im Namen Gottes über dieses Königreich zu herrschen.
Da Jesus das offensichtliche Risiko seiner auf die Königswürde gerichteten Ambitionen erkennt und das Schicksal der anderen, die es wagten, Anspruch auf diesen Titel zu erheben, sofern irgend möglich vermeiden will, versucht er, sich nicht zum Messias erklären zu lassen, sondern wählt stattdessen den mehrdeutigeren, in seinem Bedeutungsgehalt weniger offensichtlichen Titel «Menschensohn». Zwischen Jesu Bestreben, seine Identität als Menschensohn kundzutun, und dem ihm von seinen Gefolgsleuten gegebenen messianischen Titel entsteht somit eine Spannung, aus welcher heraus das Messiasgeheimnis geboren wurde.
Unbenommen dessen, wie Jesus sich selbst sah, bleibt die Tatsache bestehen, dass es ihm nie gelang, das Königreich Gottes zu errichten. Die Wahl, vor der die Frühkirche stand, war eindeutig: Entweder war Jesus nur einer von vielen gescheiterten Messiassen, oder die Erwartungen der Juden an den Messias zu Jesu Zeit waren falsch und mussten entsprechend angepasst werden. Für diejenigen, die sich letzterer Strategie anschlossen, ebnete die apokalyptische Symbolik des 1 . Buches Henoch und des 4 . Buches Esra, die beide lange nach Jesu Tod verfasst wurden, den Weg in die Zukunft. Diese Texte erlaubten es der Frühkirche, Jesu Selbstverständnis als König und Messias durch ein neues, postrevolutionäres Paradigma zu ersetzen, in dem der Messias ein präexistenter, auserwählter, himmlischer und göttlicher Menschensohn war, dessen «Königreich» nicht von dieser Welt war.
Doch Jesu Königreich – das Königreich Gottes – war sehr wohl von dieser Welt. Die Vorstellung eines armen galiläischen Bauern, der für sich selbst die Königswürde beansprucht, mag lachhaft erscheinen, doch ist sie auch nicht absurder als die Herrschaftsambitionen anderer Messiasse, etwa von Judas dem Galiläer, Manaim, Simon bar Giora, Simon bar Kochba und all den anderen. Wie sie gründete auch Jesus seinen Herrschaftsanspruch nicht auf Macht oder Reichtum. Wie sie hatte auch Jesus keine große Armee, mit der er die Königreiche der Menschen hätte stürzen können, keine Flotte, um die römischen Meere zu erobern. Die einzige Waffe, die er besaß, um das Königreich Gottes zu errichten, war die, die alle Messiasse vor und nach ihm einsetzten, dieselbe Waffe, die auch von den Rebellen und Banditen gebraucht wurde, die das römische Imperium schließlich aus der Stadt Gottes vertrieben:
Eifer
.
Nun, da das Paschafest – das Gedenken an Israels Befreiung von heidnischer Herrschaft – bevorstand, wird Jesus diese Botschaft schließlich nach Jerusalem bringen. Bewaffnet einzig mit seinem Eifer, wird er die Tempelobrigkeit und deren römische Aufseher direkt mit der Frage herausfordern, wer wirklich über dieses Heilige Land herrscht. Es mag zwar Pascha sein, doch wird Jesus nicht als niederer Pilger in die Heilige Stadt einziehen.
Er ist der rechtmäßige König von Jerusalem; er kommt, um seinen Anspruch auf den Thron Gottes zu behaupten. Und ein echter König kann in Jerusalem nur inmitten einer ihn preisenden und Palmzweige schwenkenden Menge einziehen, die seinen Sieg über die Feinde Gottes verkündet, ihre Mäntel vor ihm auf der Straße ausbreitet und ruft: «Hosanna dem
Sohn Davids
! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!» (Mt 21 , 9 ; Mk 11 , 9 – 10 ; Lk 19 , 38 )
Kapitel zwölf
Kein König außer dem Kaiser
Er predigt gerade, als sie ihn schließlich abholen kommen: eine kaum zu bändigende Menge, die Schwerter, Fackeln und Knüppel schwingt, geschickt von den obersten Priestern und Ältesten, um Jesus aus seinem Versteck in Getsemani zu zerren. Sie kommen nicht unerwartet. Jesus hatte seine Jünger gewarnt, dass sie ihn holen würden. Deshalb verstecken sie sich in Getsemani, ins Dunkel gehüllt und mit Schwertern bewaffnet – wie Jesus befohlen hat. Sie sind auf eine Konfrontation vorbereitet. Doch die Männer des Suchtrupps wissen genau, wo sie zu
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