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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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predigen, müsste eine gewisse Wirkung auf Paulus gehabt haben. Diesem scheint es jedoch vollkommen egal zu sein, was «Jesus im Fleische» gesagt oder getan haben mag. Vielmehr zeigt Paulus keinerlei Interesse an dem historischen Jesus. In all seinen Briefen findet sich kaum mehr als eine Spur des Jesus von Nazaret. Abgesehen von der Kreuzigung und dem Letzten Abendmahl, welches er zu einer liturgischen Formel umwandelt, berichtet Paulus über kein einziges Ereignis aus Jesu Leben. Ebenso wenig zitiert er Jesus wörtlich (wiederum abgesehen von seiner Version der eucharistischen Formel «Das ist mein Leib …»). Bisweilen widerspricht Paulus Jesus sogar direkt. Man vergleiche, was Paulus in seinem Römerbrief schreibt – «Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden» (Röm  1 0, 1 3) –, mit der Aussage Jesu im Matthäus-Evangelium: «Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen.» (Mt  7 , 21 )
    Paulus’ Desinteresse am historischen Jesus ist nicht, wie einige meinen, seiner Gewichtung christologischer Fragen vor historischen Fakten geschuldet, sondern der simplen Tatsache, dass Paulus keine Ahnung hatte, wer der historische Jesus gewesen war, und sich auch nicht darum scherte. Wiederholt brüstet er sich damit, weder von den Aposteln noch von irgendjemand anderem, der ihn gekannt haben könnte, etwas über Jesus erfahren zu haben. «Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate; ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.» (Gal  1 , 15 – 17 ) Drei Jahre lang predigt Paulus eine Botschaft, die er angeblich nicht von einem menschlichen Wesen (womit er offensichtlich Jakobus und die Apostel meint), sondern direkt von Jesus erhalten hat. Erst dann lässt er sich dazu herab, die Männer und Frauen in Jerusalem aufzusuchen, die jenen Mann gekannt haben, den er als den Herrn verehrt (Gal  1 , 12 ).
    Warum ist es Paulus derart wichtig, sich nicht nur von der Autorität der Führer in Jerusalem zu befreien, sondern diese auch noch als irrelevant (oder Schlimmeres) zu verunglimpfen und abzulehnen? Weil Paulus’ Ansichten über Jesus derart extrem sind, so jenseits aller noch akzeptablen Grenzen jüdischen Denkens, dass er sie nur dann ungestraft predigen kann, wenn er vorgibt, sie kämen direkt von Jesus. Was Paulus in seinen Briefen aufzeigt, ist nicht, wie einige seiner heutigen Fürsprecher immer noch betonen, eine alternative Version jüdischer Spiritualität. Vielmehr nähert er sich einer vollkommen neuen Doktrin, die jene Person, auf die er sie vorgeblich stützt, nicht mehr wiedererkannt hätte. Es war Paulus, der das Dilemma der Jünger löste, der den schmachvollen Tod Jesu am Kreuz mit den Messiaserwartungen der Juden in Einklang brachte, indem er diese Erwartungen schlicht verwarf und Jesus in ein vollkommen neues Wesen verwandelte, eines, das er zu großen Teilen selbst erschaffen hatte:
Christus
.
    Zwar ist «Christus», technisch betrachtet, das griechische Wort für «Messias», aber Paulus verwendet den Begriff anders. Er verleiht Christus keinen der Sinnbezüge, mit denen der Begriff «Messias» in den Hebräischen Schriften verbunden ist. Er spricht von Jesus nie als dem «Gesalbten Israels». Paulus mag Jesus als Nachkomme König Davids anerkannt haben, doch verweist er nicht auf das Schrifttum, um zu beweisen, dass Jesus jener davidische Befreier sei, den die Juden erwartet haben. Er ignoriert sämtliche messianischen Prophezeiungen, mit deren Hilfe die Evangelisten viele Jahre später zu beweisen versuchen, dass Jesus der jüdische Messias sei (wenn Paulus die hebräischen Propheten zitiert – zum Beispiel Jesajas Prophezeiung über den Stammbaum Jesu, der eines Tages «als Zeichen für die Nationen» dastehen wird (Jes  1 1, 1 0) –, dann glaubt er, die Propheten kündigten
ihn
an, nicht Jesus). Am auffälligsten ist, dass Paulus, im Gegensatz zu den Evangelisten (mit Ausnahme von Johannes), Jesus nicht
den Christus
nennt (Iesus ho Xristos), als wäre Christus ein Titel. Vielmehr nennt er ihn «Jesus Christus» oder nur «Christus», als ob es sein Nachname wäre. Dies ist eine extrem ungewöhnliche Formulierung, deren nächste Parallele sich in der

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