Zelot
stellten sie ihm einen jüdischen Konvertiten und engen Vertrauten Jakobus’ namens Barnabas zur Seite.
Paulus’ zweite Reise nach Jerusalem fand etwa ein Jahrzehnt später statt, etwa um das Jahr 50 n. Chr., und verlief weitaus weniger freundlich als die erste. Er war bestellt worden, vor einer Zusammenkunft des Apostelkonzils zu erscheinen, um sich wegen seiner selbst gewählten Rolle als Missionar bei den Nichtjuden zu erklären (Paulus beharrt darauf, er sei nicht nach Jerusalem beordert worden, sondern freiwillig gekommen, weil Jesus ihm dies aufgetragen habe). Mit seinem Begleiter Barnabas und einem unbeschnittenen griechischen Konvertiten namens Titus an seiner Seite stand Paulus vor Jakobus, Petrus, Johannes und den Ältesten der Jerusalemer Gemeinde, um nach Kräften die Botschaft zu verteidigen, die er den Nichtjuden verkündet hatte.
Lukas, der etwa 40 oder 50 Jahre später über dieses Treffen schrieb, zeichnet ein Bild vollkommener Harmonie zwischen Paulus und den Mitgliedern des Konzils, bei dem Petrus persönlich für Paulus einsteht und Partei für ihn ergreift. Lukas zufolge segnete Jakobus, in seiner Funktion als Führer der Jerusalemer Urgemeinde und Vorsitzender des Apostelkonzils, die Lehren des Paulus und verfügte, dass künftig auch Heiden der Zugang zur Gemeinde offen stehen solle, ohne dass diese das Gesetz Mose befolgen müssten, solange sie «Verunreinigung durch Götzen(opferfleisch) und Unzucht meiden und weder Ersticktes noch Blut essen» (Apg 15 , 1 – 21 ). Lukas’ Darstellung des Treffens ist ein offensichtlicher Versuch, Paulus’ Wirken zu legitimieren – und zwar durch nichts Geringeres als die Zustimmung des «Bruders des Herrn».
Paulus’ eigene Schilderung der Konzilssitzung, die sich in einem kurz darauf verfassten Brief an die Galater findet, bietet jedoch ein vollkommen anderes Bild davon, was sich in Jerusalem zugetragen hat. So behauptet Paulus, er sei von einer Gruppe «falscher Brüder» (jene, die immer noch die Vorherrschaft von Tempel und Tora akzeptierten), die ihn und sein Wirken heimlich ausspioniert hätten, in einen Hinterhalt gelockt worden. Obwohl Paulus nur sehr ungenau auf das Treffen eingeht, gelingt es ihm jedoch nicht, seine Entrüstung über die Behandlung zu verbergen, die er durch die von ihm spöttisch als «Angesehene» bezeichneten Kirchenführer erfährt – Jakobus, Petrus und Johannes. Paulus schreibt, er habe sich ihnen «keinen Augenblick unterworfen; wir haben ihnen nicht nachgegeben», da weder sie selbst, noch ihre Meinung über sein Wirken ihn auch nur im Geringsten kümmere (Gal 2 , 1 – 10 ).
Was auch immer sich beim Apostelkonzil ereignete, so endete das Treffen offenbar damit, dass Jakobus, der Führer der Jerusalemer Gemeinde, versprach, die nichtjüdischen Anhänger des Paulus nicht zur Beschneidung zu verpflichten. Kurz darauf geschah jedoch etwas, das darauf hindeutet, dass Paulus und Jakobus weit von einer Versöhnung entfernt waren: Praktisch unverzüglich nach Paulus’ Abreise aus Jerusalem begann Jakobus seine eigenen Missionare in Paulus’ Gemeinden in Galatien, Korinth und Philippi sowie in die meisten anderen Orte zu entsenden, wo sich Paulus eine Anhängerschaft aufgebaut hatte. Sie sollten dessen unorthodoxe Lehre über Jesus korrigieren.
Paulus war darüber erbost, sah er doch zu Recht darin eine Bedrohung seiner Autorität. Beinahe alle Paulusbriefe im Neuen Testament wurden nach dem Apostelkonzil geschrieben und richten sich an Gemeinden, die von den Abgesandten aus Jerusalem besucht worden waren. So wurde Paulus’ erster Brief (an die Thessalonicher) zwischen 48 und 50 n. Chr. geschrieben, sein letzter Brief (an die Römer) etwa um 56 n. Chr. Deshalb wird in diesen Briefen so viel Raum darauf verwendet, Paulus’ Apostelstatus zu verteidigen, seine direkte Verbindung zu Jesus zu betonen und gegen die Führer in Jerusalem zu wettern, die sich «als Apostel Christi tarnen», nach Paulus’ Auffassung tatsächlich jedoch Diener Satans sind, die seine Anhänger verhext haben ( 2 Kor 11 , 13 – 16 ).
Nichtsdestotrotz konnten die Abgesandten des Jakobus offenbar einen gewissen Erfolg verzeichnen, da Paulus seine Gemeinden wiederholt bezichtigt, ihn im Stich gelassen zu haben: «Ich bin erstaunt, dass ihr euch so schnell von dem abwendet, der euch durch die Gnade Christi berufen hat.» (Gal 1 , 6 ) Er beschwört seine Anhänger, weder den Delegationen noch irgendjemand anderem Gehör zu
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