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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Tier wurde ein Heilkundiger, der ein Mitglied seines Rudels umsorgte.
    Sothorn tat der Anblick seltsam gut.
    Er wandte sich ab und trat zu Janis, der am Boden kauerte. Enes› Kopf ruhte auf seinem Schoß. Mit zitternden Fingern strich er ihm die hellen Haare aus der Stirn.
    Als er Sothorn näher kommen hörte, sah er auf. Tränen strömten ihm über Wangen und Bart, und er machte sich nicht die Mühe, sie zu verbergen.
    „Niemand verrät die Bruderschaft“, flüsterte er. „Niemand. Er hat das gewusst. Warum? Warum hat er das getan?“ Sothorn kniete neben ihm nieder. Er konnte Janis
neben sich beben spüren. „Ich wollte nicht daran glauben. Geryim hat mich vor langer Zeit gewarnt, dass Enes nicht zu trauen ist. Habe ich auf ihn gehört? Nein. Wenn Szaprey heute
nicht Zeuge geworden wäre, als Enes mich anlog und auf das Schiff schicken wollte, wäre ihr Plan aufgegangen. Wir wären in ihrer Hand. Wir wären ...“
    „Es war seine Entscheidung“, murmelte Sothorn und beugte sich nach vorn, um Enes› Lider zu schließen. „Er muss es seit langer Zeit geplant haben. Er war verderbt.
Warum, werden wir nie erfahren. Enes hat seinen Weg gewählt.“
    Innerlich fügte er hinzu, dass er nicht glaubte, dass der
bene-yden
seine Allianz mit Stolan lange überlebt hätte. Laut sagte er lediglich: „Es ist vorbei.“
    Freundschaftlich legte er dem alternden Gründer der Bruderschaft den Arm um die Schulter.
    Sothorn sehnte sich nach einem Moment des Friedens, als ein beißender Geruch ihm in die Nase schlug. Zeitgleich hörte er einen erschrockenen Aufschrei.
    Janis und er fuhren herum. Szapreys Ohren lagen flach an seinem Kopf. Er deutete mit einer Klaue auf die Stelle, an der sie Stolan hingerichtet hatten.
    Anfangs erkannte Sothorn nicht den Grund für den üblen Gestank.
    Erst, als er aufstand und näher an Stolans toten Leib herantrat, sah er es: Um den Hals des Handelsherrn lag ein Ring aus Flammen. So heiß, dass sie blau brannten und das tote Fleisch
verzehrten. Sie tänzelten über den Leichnam, als wären sie ein denkendes Wesen. Tasteten, suchten, fanden ihr Ziel in einer Phiole, die Stolan unter seinem Wams verborgen hatte.
    Eine Phiole, die unter dem Einfluss der Flammen schmolz.
    Sothorns Nackenhaare richteten sich auf. Er konnte nicht sagen, warum, aber er glaubte zu wissen, dass es von immenser Wichtigkeit war, dass die Flammen unbekannter Herkunft die Phiole nicht
zerstörten.
    Hektisch wollte er nach vorn springen und in das Feuer greifen, als Klauen sich in seine Schulter gruben und ihn zurückrissen.
    „Nicht!“, bellte Szaprey. „Es ist zu spät. Er wird dich töten.“
    „Er? Wer ist er? Was geschieht hier?“, schrie Sothorn aufgebracht.
    Sein Eindruck, dass sich ihnen etwas Mächtiges, Tödliches näherte, verstärkte sich. Nicht zuletzt, weil er Szapreys heißen Atem an seinem Gesicht spürte und die
Nervosität des Roaqs riechen konnte.
    „
Er
“, wiederholte Szaprey schaudernd, kurz bevor das Feuer die Phiole platzen ließ.
    Es war, als würde der Berg zu ihren Füßen zerbersten. Ein Grollen ließ den Boden beben. Eine Welle ungekannter Macht traf sie vor der Brust und riss sie von den
Füßen.
    Vor ihren Augen verbrannte Stolans Leib. Aus seiner Asche erhob sich eine Wesenheit aus glühender Lava. Die Kreatur hatte weder Arme noch Beine noch ein Gesicht. Trotzdem gab es keinen
Zweifel, dass sie lebte.
    Gestalt gewordenes Feuer bildete ihren wirbelnden Leib. Sie ragte in den Himmel hinein, schien sich zu strecken, als wäre sie nach langer Zeit einem engen Gefängnis entkommen.
    Empfindungen der Wut und des Zerstörungsdurstes fegten über Sothorn hinweg und drohten ihn seines Verstands zu berauben.
    Etwas zermalmte ihm. Hasste. Wollte vernichten. Wollte seinen Auftrag erfüllen, um Freiheit zu erlangen.
    Sothorn schrie und hörte sich in die Stimmen der anderen einfallen.
    Knirschend setzte der Feuerelementar sich in Bewegung. Was immer er berührte, geriet in Brand oder schmolz. Er verkochte den Sand unter sich und ließ gläserne Spuren zurück,
während um ihn herum die Bäume brannten. Funkenflug ging nieder und suchte Nahrung im trockenen Unterholz, ohne Brandherde zu hinterlassen.
    Die Kreatur trug das Feuer in sich und nur in seiner Nähe konnte es sein. Winzige Flammlinge folgten ihm wie ein Rudel treuer Hunde.
    Für die Assassinen interessierte der Feuerelementar sich nicht. Vielleicht nahm er sie gar nicht wahr. Stattdessen bewegte er sich durch den Wald von ihnen

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