Zenjanischer Lotus (German Edition)
konnte, lag ein guter Teil von Stolans Leibwache am Boden.
Rücksichtslos sprang er über Tote und Sterbende hinweg. Im Lauf neigte er den Oberkörper und nahm seine Klinge an sich, die neben Enes zu Boden gegangen war. Er sah doppelt,
konnte sich kaum daran gewöhnen, nicht länger auf dem Kopf zu stehen und wusste doch, dass er nicht warten konnte.
Stolan waren mehr als ein Dutzend fähiger Söldner geblieben, und sie verdauten den Überraschungsangriff rasch. Eilig bildeten drei von ihnen einen schützenden Kreis um ihren
Herrn, während die verbliebenen wie ein Mann auf die Assassinen losgingen.
Zwei von ihnen fielen Szaprey zum Opfer, einen traf ein Wurfstern in die Stirn.
Sothorn sprang in den Rücken eines Hünen, der eine gewaltige Streitaxt schwang.
Bevor er ihm die Klinge in den Nacken stoßen konnte, hörte er Varns Aufschrei und sah, wie sich das Axtblatt in dessen linke Schulter grub. Er ging zu Boden. Zwei Schwerter sausten
auf ihn zu, um ihm den Todesstoß zu geben. Ohne an seine eigene Sicherheit zu denken, sprang Sothorn dazwischen, lenkte eine der Waffen mit einem Tritt um und ließ die andere gegen
seine eigene Klinge prallen.
Denken konnte er nicht. Denken machte langsam. Er wusste nur, dass es richtig war, sich über den gefallenen Varn zu stellen und seinen Platz dort zu behaupten, bis sie alle in Sicherheit
waren.
Es war weder Janis› Erfahrung noch Sothorns Meisterschaft an der Waffe, die den Kampf entschied.
Der Roaq war es, der ihnen mit seiner blindwütigen Raserei das Leben rettete. Er war ein wirbelnder, tödlicher Schatten, der tiefe Fleischwunden riss. Seine Wut, sein Hass auf die
Menschen, brach sich hemmungslos Bahn.
Er tötete nicht, er schlachtete.
Innerhalb kürzester Zeit waren die Söldner überwältigt. Die Letzten ließen Stolan im Stich und flüchteten vor Szapreys Raserei.
Niemand legte Wert darauf, ihnen zu folgen. Sollten sie ihr Leben behalten und die Geschichte des dämonischen Roaq verbreiten.
Szaprey hatte indessen die Klauen um Stolans Kehle gelegt und ihn angehoben. Eilig kam Sothorn näher und hielt die Augen nach dem vergifteten Dolch auf, den sein Herr früher stets bei
sich getragen hatte. Er sah ihn nicht in dessen Hand, nicht an seinem Gürtel.
Misstrauisch musterte Sothorn den Alten. Er öffnete den Mund und wollte ihn verhöhnen. Schwieg, als ihm bewusst wurde, dass er Stolan nichts zu sagen hatte.
Sein alter Meister erwiderte seinen Blick ruhig. Sothorn sah keine Angst in seinem Gesicht und fragte sich, ob es an Stolans Alter lag, dass er seinem Tod gelassen entgegen trat.
Die Zeit hatte seine Haut aufgeworfen, das einstmals Weiße in seinen Augen war gelb. Szapreys Griff würgte ihn und kostete ihn Atemluft. Dennoch tat er nichts, um sich zu wehren.
Schlaff hing er in der Luft und betrachtete Sothorn. Fast, als wäre er neugierig, was als Nächstes geschehen würde.
Stolan von Meerenburg verdiente zu leiden, wurde Sothorn bewusst. Er hatte mehr Leid verursacht, als ein Assassine in seinem kurzem Leben bewerkstelligen konnte.
Seine Machenschaften hatten nicht nur im Großen in das Leben seiner Opfer eingegriffen, indem er es beendete. Da waren die Silberminen, das strenge Regime in Balfere, die Gnadenlosigkeit,
mit der er sich auf dem Markt von Sunda behauptet hatte.
Er hatte töten lassen. Oft. Noch häufiger hatte er Leben zerstört, ohne es zu nehmen.
Sothorn schüttelte den Kopf und hob die Klinge. Ohne ein Wort der Warnung, ohne sich mit seinen Taten zu brüsten, ohne mehr als milde Erleichterung zu empfinden, stieß er die
Klinge in Stolans Brust. Es befriedigte ihn nicht, als das Blut das edle Tuch seines ehemaligen Herrn tränkte. Er genoss nicht einmal, sein Leben beendet zu haben. Allerdings bereute er es
auch nicht.
Nicht im geringsten.
Szaprey betrachtete ihn von der Seite und nickte ihm ernst zu, bevor er den leblosen Körper wie eine Stoffpuppe achtlos zu Boden fallen ließ.
Keiner von beiden wusste, ob noch Leben in Stolan war, als sie sich abwandten, um nach ihren Kameraden zu sehen.
Der verletzte Varn hatte das Bewusstsein verloren. Er lag zwischen den toten Söldnern in einer Lache stinkender Körperflüssigkeiten.
Szaprey trat zu ihm und riss ihm das Hemd auf, um die Wunde zu begutachten, die die Streitaxt gerissen hatte. Unverständliches raunend griff er an seinen Gürtel und löste einen
Lederbeutel. Umsichtig entnahm er sauberen Stoff und drückte ihn vorsichtig auf die Wunde.
Aus dem reißenden
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