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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Angst um ihn hätte ihn in die Knie gezwungen.
    Sothorn erreichte in dem Augenblick den Waldrand, in dem der Feuerelementar die Ruinen des alten Wachturms passierte und auf die Festung traf.
    Der helle Stein der umgestürzten Säulen schien vor Schmerzen zu schreien. Innerhalb eines Atemzugs verfärbte Weißes sich schwarz. Ranken und zwischen den zersprungenen
Bodenplatten des ehemaligen Innenhofs wachsende Gräser verschwanden. Nicht einmal Asche blieb zurück.
    Marmor explodierte, als der Elementar sich über die Treppe in die Eingeweide der unterirdischen Festung schraubte.
    Sothorn dämmerte, wie recht Szaprey gehabt hatte. Es gab nichts, was er tun konnte. Angesichts der Allmacht von Stolans Rache fühlte er sich winzig und unfähig.
    Er hielt inne, sah sich suchend um. Der Kreatur zu folgen, war unmöglich. Wohin dann?
    Zu den Tunneln, kam es ihm in den Sinn. Sie würden versuchen, über die alten Tunnel die Festung zu verlassen.
    Auf jeder Ebene gab es Ausgänge in den Berg oder in die Klippen. Einige waren verschüttet, andere von innen versiegelt, um Eindringlinge fernzuhalten. Aber man konnte die Siegel
sprengen, wenn man gewaltsam vorging.
    Getrieben von der Sorge um die Menschen, die ihm ans Herz gewachsen waren, setzte Sothorn sich wieder in Bewegung.
    Auf halber Strecke hörte er das Splittern von Holz, sah, dass die Pferde ihrer Angst nachgegeben und den Zaun niedergerannt hatten.
    In regelmäßigen Abständen war das Ächzen des Steins zu hören, und Sothorn glaubte, den Erdboden schwanken zu spüren.
    Er war auf halbem Weg zum Ausgang des obersten Tunnels, der mit der Ebene mit den Wohnquartieren verbunden war, als er den Schrei des Raubvogels hörte.
    Syv, schoss es ihm durch den Kopf.
    Im Lauf sah Sothorn zum Himmel, stolperte über eine Baumwurzel und fing sich im letzten Augenblick. Der Blauschwanzadler war nicht zu sehen, aber seine schrillen Schreie kamen näher.
Mit ihnen im Ohr war es unmöglich, nicht an Geryim zu denken.
    Sothorns Denken und Fühlen fokussierte sich auf den Wargssolja. Die anderen waren ihm wichtig, aber Geryim bedeutete ihm mehr, als er in Worte fassen konnte. Ihm durfte nichts
zustoßen. Ihm am allerwenigsten.
    Der Tunnelausgang lag geschützt in der natürlichen Umarmung zweier Felsmassive. Entsprechend spät konnte Sothorn ihn einsehen. Aber er hörte sie. Hörte ihre Stimmen,
ihre Rufe, das Weinen der Kinder, die Schreckenslaute von Männern und Frauen, und er hörte Geryim, bevor er ihn sah.
    Erleichterung löste für einen Augenblick die Angst ab, von einem fremdartigen Wesen zur Strecke gebracht zu werden.
    Tote schrien und tobten nicht. Tote mussten nicht von mehreren Leuten festgehalten werden, um nicht vorwärts zu stürmen. Tote schlugen nicht um sich. Und Geryim tat alles, um sich von
der Last der Menschen zu befreien, die seine Arme festhielten.
    Sothorn verstand nicht. Seine Augen glitten über seine Familie. Er sah viele vertraute Gesichter, spürte jedes Mal ein dankbares Ziehen in der Brust. Dort umklammerte Lilianne ihre
Kinder, daneben saß Cregh am Boden und umarmte die weinende Nouna.
    Hysterisch schrie Kara Geryim an: „Nein! Das darfst du nicht.“
    „Bist du lebensmüde? Ich reiße dir das Herz heraus, wenn du dich nicht beruhigst“, fiel Theasa ein und trat zu.
    Wo immer sie den Wargssolja traf, er jaulte schmerzerfüllt auf und wurde ruhiger.
    Allerdings nur lange genug, um Sothorn zu bemerken und ihm einen flehentlichen Blick zuzuwerfen: „Tu etwas! Sie ist noch in der Festung. Sie lassen mich nicht zu ihr. Gwanja, sie hat
Angst. Er kommt näher. Sie spürt ihn. Bei Insa, sie hat solche Angst!“
    Ihm liefen Tränen über das Gesicht und verschmierten den Ruß, der sich darauf abgesetzt hatte. Er kämpfte mit aller Macht, aber außer Kara und Theasa hatten sich zwei
weitere Assassinen auf ihn geworfen und ließen ihn nicht gehen.
    Vernünftig. In die Festung zurückzukehren, war Selbstmord.
    Hitze quoll aus dem Tunnel. Sothorn hatte mit eigenen Augen gesehen, wie zerstörerisch der Elementar war.
    Nein, niemand konnte in die Festung zurückkehren. Schon gar nicht, um ein Tier zu befreien.
    Warum er sich dennoch in Bewegung setzte, wusste er nicht. Halb dachte er, dass Geryims Zimmer nicht allzu weit entfernt lag. Dass er es schaffen konnte und dass er wusste, was die
Brandlöwin ihrem Herrn bedeutete; von ihrer Wichtigkeit für die Bruderschaft ganz zu schweigen.
    Aber der wahre Grund war, dass er Geryims Blick nicht ertragen

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