Zentauren-Fahrt
Lehrerin befindet.«
»Ungeheuer auf dieser Seite!« wiederholte Irene und blickte an sich selbst herunter. »Piekst ihn, Pflänzchen!«
Ein Greifarm kam aus dem Wasser hervorgeschossen und u m schlang seinen Knöchel. Wieder eine von ihren verspielten Pfla n zen! »Hör auf damit!« schrie Dor und wirbelte mit den Armen, als die Pflanze an seinem Bein zerrte. Doch es war schon zu spät: er verlor das Gleichgewicht und fiel mit einem großen Plumpser in den Graben.
»Hohoho!« lachte das Wasser. »Das hat dein Feuerchen aber hübsch gelöscht, will ich meinen!« Wütend hämmerte Dor mit den Fäusten auf die Wasseroberfläche ein, doch es hatte keinen Zweck. Ob es ihm gefiel oder nicht, nun befand er sich voll bekleidet im Wasser!
»He, mir ist gerade was eingefallen!« rief Irene. »Hast du der Buchstabiene die Wörter auch genau definiert?«
»Nein, wieso?« rief Dor planschend und versuchte verzweifelt, aus dem Wasser zu krabbeln, doch er verhedderte sich immer mehr in den Greifarmen der Pflanze, die ihn hinuntergezogen hatte. Der Stolz verbot es ihm, Irene um Hilfe zu bitten, obwohl ein Wort genügt hätte, ihn zu befreien.
Immerhin merkte sie, was los war. »Immer mit der Ruhe, Pflän z chen«, sagte sie, und die Pflanze lockerte ihren Griff. Dann kehrte sie zum Thema zurück. »Das könnte Ärger geben. Wenn du nä m lich Homonyme verwendet haben solltest…«
»Hab’ ich bestimmt nicht. Weiß ja nicht mal, was das ist.« Die Pflanze griff zwar nicht mehr an, doch sobald Dor sich anschickte, ans Ufer zu schwimmen, stellte sie sich ihm in den Weg. Mit se i nem Witz über die Ungeheuer hatte er Irene verärgert, und nun zahlte sie es ihm gnadenlos heim. Da war sie genau wie ihre Mu t ter. Manchmal hatte Dor das Gefühl, daß die Welt besser dran wäre, wenn das gesamte weibliche Geschlecht ausgerottet worden wäre.
»Verschiedene Wörter, die sich genauso anhören, du Dämlack!« sagte sie mit mädchenhafter Arroganz. »Verschiedene Schreibwe i sen. Die Buchstabiene ist nicht so schlau; wenn du ihr nicht genau sagst, welches Wort…«
»Verschiedene Schreibweisen?« Eine furchtbare Ahnung übe r kam ihn.
»Wie Meer und mehr«, sagte sie und stellte ihren Wortschatz auf jene ärgerliche Weise zur Schau, die Mädchen so oft an sich hatten. »Meer wie Wasser und mehr wie weniger. Oder wie Lehrer und leerer, Lehrer wie Lehrerin und leerer wie voller. Wörter ohne innere Verbindung, die nur genauso klingen. Hast du davon i r gendwelche benutzt?«
Dor dachte konzentriert über seinen bereits halb vergessenen Aufsatz nach.
»Diese Biene ist zwar nicht besonders schlau, aber sonderlich glücklich war sie auch nicht darüber, für ihre Buchstaben arbeiten zu müssen!« rief sie lachend. »Oh, Dor, da steckst du aber in der Patsche! Warte nur, bis Cherie Zentaur deinen Aufsatz gelesen hat!«
»Ach, vergiß es!« fauchte er angewidert. Wie viele Homonyme hatte er nur benutzt?
»Das wird ein Späßchen!« rief sie, schwamm herbei und zerrte an seinen Kleidern. Der Stoff, der nicht für Aufenthalte im Wasser gedacht war, riß mühelos auf und gab seinen halben Brustkorb frei.
»Späßchen, Näschen!« erwiderte er wütend, hakte zwei Finger oben in ihren Badeanzug und riß ihn herunter. Auch dieser Stoff riß erstaunlich mühelos auf und zeigte, daß ihr Körper genauso voll entwickelt war, wie die Kurven ihrer Kleider es bisher immer angedeutet hatten. Ihre Mutter, die Königin, machte sich oft mit Hilfe von Illusionen schöner; das hatte Irene nicht nötig.
»Iiiiiihhhh!« schrie sie erfreut. »Dich kauf ich mir!« Dann riß sie weitere Fetzen seiner Kleider herunter, wobei sie sich keineswegs nur auf sein Hemd beschränkte. Dor wehrte sich. Seine Wut war von dem bezaubernden Anblick, den er ab und zu erhaschen konnte, recht gedämpft worden. Kurz darauf waren sie beide spli t ternackt und lachten. Es war beinahe so, als hätten sie im Zorn etwas getan, was sie zwar gerne hatten tun wollen, aber nicht g e meinsam zu beschließen gewagt hatten.
Da kam Cherie Zentaur herbeigaloppiert. Ihr Vorderteil sah aus wie eine bemerkenswert wohlgestaltete, üppige Frau, während ihr Hinterteil aus dem Rumpf eines schönen Pferdes bestand. Es hieß allgemein, daß Mundania das Land der schönen Frauen und schnellen Pferde war, vielleicht auch umgekehrt; Xanth jedenfalls war das Land, wo beide eins waren. Cheries braunes Mensche n haar fiel bis auf ihren braunen Pferderücken hinab, ein Gegenstück zu ihrem
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