Zentauren-Fahrt
sich tatsächlich bis zum Tunnel würde schleppen können, würde es ihn erwischen. Er war ein Narr gewesen zu versuchen, Dor zu retten – doch Dor mußte feststellen, daß ihm der Mann eigentlich recht gut zu gefallen begann.
Da schoß ein Drache aus dem Tunnel hervor und bereitete seine Schwingen aus, als er das Gewölbe erreichte. Er schnaubte feurig und blieb mit glitzernden Krallen beutegierig in der Luft schweben. Entsetzt wichen die Avarer zurück. Einer von ihnen hieb verzweifelt auf das Ungeheuer ein – und die Klinge durchschnitt den Flügel des Untiers, ohne jeden Schaden anzurichten.
Natürlich war es nur eine Illusion! Die Magie war wieder da, und nun kämpfte die Königin auf ihre eigene, höchst spektakuläre Weise. Doch sobald die Avarer erkannten, daß der Drache keine wirkliche Substanz besaß…
Es funktionierte genau andersherum. Als der Avarer feststellte, daß er den Drachen nicht einmal berühren konnte, floh er schreiend aus dem Kellergewölbe. Eine geistige Gefahr erschien ihm wohl wesentlich schlimmer als eine körperliche.
König Omen starrte den Drachen nicht minder erstaunt an. »Wo kommt der denn her?« fragte er. »Ich glaube nicht an Drachen.«
Dor lächelte. »Das ist eine Illusion«, erklärte er. Nun, da sie sich wieder im Umfeld der Magie befanden, konnten sie einander auch wieder verstehen. »Königin Iris ist da eine richtige Künstlerin. Sie kann vollkommen glaubwürdige Trugbilder hervorbringen, komplett mit Gerüchen und Geräuschen, und manchmal lassen sie sich sogar richtig anfassen. So gut hat das noch niemand in der ganzen Geschichte Xanths gekonnt.«
Der Drache wirbelte herum und musterte sie. »Oh, danke schön, Dor«, sagte er und löste sich in wäßrige Farbwolken auf, die hinter den fliehenden Avarern herzogen.
Nun erschien Irene wieder, während die Avarer machten, daß die davonkamen.
»Oh, du bist ja verwundet!« rief sie. Dor war sich nicht sicher, ob sie ihn oder Omen meinte.
»König Omen hat mein Leben gerettet«, sagte er.
»Ihr wart der einzige, der so klug war, das Öl abzudämmen, um das Mädchen zu retten«, erwiderte Omen. »Konnte ich da anders, als Euch nun meinerseits zu Hilfe zu eilen?«
»Danke«, sagte Dor, dem dieser kühne junge König immer besser zu gefallen begann. Er mochte zwar ein Rivale sein, aber ein guter Mann war er auf jeden Fall.
Sie gaben einander die Hand. Dor wußte nicht, ob das eine mundanische Sitte war, aber König Trent hatte Omen offensichtlich die Gepflogenheiten Xanths erläutert. »Nun hat sich unser Blut vermengt. Wir sind Blutsbrüder«, sagte Omen feierlich.
Irene und Iris waren damit beschäftigt, irgendein Stück Stoff in Streifen zu reißen, um Bandagen zu machen. Irene war als erste bei Omen und überließ Dor ihrer Mutter. »Ich glaube, ich habe Euch unterschätzt, Dor«, murmelte die Königin während sie sich geübt an seine Wunde machte, sie reinigte und verband, nachdem sie sie mit Heilpflanzenextrakt bestrichen hatte. »Aber Euren Vater habe ich ja auch schon unterschätzt.«
»Meinen Vater?« fragte Dor verwirrt.
»Das ist lange her, noch bevor ich König Trent kennenlernte«, sagte sie. »Geht Euch nichts mehr an. Aber als es drauf ankam, hat er wirklich Rückgrat gezeigt.«
Dor wußte ihr Kompliment zu schätzen, bedauerte jedoch, daß sie ihre Meinung zu spät geändert hatte. Irene hatte sich bereits auf König Omen eingeschossen. Er versuchte, nicht zu ihr hinüberzublicken, doch es gelang ihm nicht.
Die Königin bemerkte es. »Ihr liebt sie«, sagte sie. »Das habt Ihr vorher nicht getan, aber jetzt ist es so. Das ist schön.«
Wollte sie ihn etwa ärgern? »Aber Ihr seid doch für König Omen«, sagte Dor, dessen Gefühle miteinander im heftigen Widerstreit lagen.
»Nein. Omen ist zwar ein prächtiger junger Mann aber nicht das Richtige für Irene, und sie ist auch nichts für ihn. Ich unterstütze Euer Werben, Dor. Das habe ich schon immer getan.«
»Aber Ihr habt doch gesagt…«
Sie lächelte traurig. »Meine Tochter hat in ihrem ganzen Leben noch nie getan, was ich von ihr wollte. Manchmal muß man raffinierter vorgehen.«
Dor starrte sie an. Er versuchte etwas zu sagen, aber seine Gedanken überschlugen sich förmlich, und er fand keine Worte. Statt dessen beugte er sich vor und küßte sie auf die Wange.
»Und jetzt auf mit Euch, auf die Beine!« sagte die Königin und war ihm dabei behilflich. Dor stellte fest, daß er ohne. große Mühe aufrecht stehen konnte, obwohl
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