Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
geballt, als sei sie bereit, aufzuspringen und um sich zu schlagen. Als ich sie am Handgelenk berührte, öffneten sich ihre Finger wie eine Rose. Dann blickte ich auf und sah, dass sie mich anschaute. »Träume ich?«, flüsterte sie.
    »Ja«, antwortete ich, und ihre Hand schloss sich um meine.
    Ich schaute zu, wie Charlotte wieder einschlief, und versuchte, den Moment zu erfassen, da sie vom Hier und Jetzt ins Reich der Träume glitt; doch es geschah zu schnell. Sanft löste ich meine Hand von ihrer. Kurz hoffte ich, sie werde sich beim Aufwachen erinnern, dass ich bei ihr gewesen war. Und dass es wiedergutmachen könnte, was ich vorhatte.
    Auf dem Revier gab es einen Kollegen, dessen Frau vor ein paar Jahren an Brustkrebs erkrankt war. Aus Solidarität hatten sich ein paar von uns den Kopf kahl rasiert, als sie mit der Chemotherapie begann; alle hatten wir getan, was wir konnten, um George durch seine ganz persönliche Hölle zu helfen. Und dann ging es seiner Frau wieder besser, und das wurde gefeiert, und eine Woche später teilte sie ihm mit, sie wolle sich scheiden lassen. Zu der Zeit glaubte ich noch, das sei das Bösartigste, was eine Frau tun könne: dem Kerl in den Hintern zu treten, der mit ihr durch dick und dünn gegangen ist. Aber nun verstand ich allmählich, wieso etwas aus verschiedenen Blickwinkeln völlig anders aussehen konnte. Vielleicht musste man wirklich erst in eine Krise geraten, um sich selbst zu erkennen; vielleicht musste das Leben einen erst einmal hart rannehmen, damit man verstand, was man wirklich wollte.
    Ich wollte nicht hier sein. Es war wie ein übler Flashback. Ich griff nach der Serviette unter einer Karaffe, die auf dem blank polierten Tisch stand, und wischte mir damit die Stirn ab. In Wirklichkeit wollte ich zugeben, dass das alles ein Fehler war, und weglaufen. Vielleicht sollte ich ja aus dem Fenster springen.
    Aber bevor ich diesen einen, vernünftigen Gedanken zu Ende verfolgen konnte, öffnete sich die Tür. Herein kam ein Mann mit vorzeitig ergrautem Haar – war mir das beim ersten Mal nicht aufgefallen? –, gefolgt von einer blonden Frau mit Designerbrille und strengem Kostüm. Mir fiel die Kinnlade herunter; Taffy Lloyd hatte sich richtig herausgeputzt. Stumm nickte ich erst ihr und dann Guy Booker zu, dem Anwalt, der vor ein paar Monaten genau in diesem Raum einen Narren aus mir gemacht hatte. »Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, was ich tun kann«, sagte ich.
    Booker schaute seine Ermittlerin an. »Ich bin nicht sicher, was das eigentlich heißt, Lieutenant O’Keefe …«
    Und ich antwortete: »Das heißt, dass ich jetzt auf Ihrer Seite bin.«

Marin
    Was sagt man zu einer Mutter, die man nie kennengelernt hat?
    Seit Maisie mich angerufen und gesagt hatte, sie habe die gültige Adresse meiner Mutter, hatte ich Hunderte von Briefen angefangen. Und so funktionierte das: Obwohl Maisie meine biologische Mutter offenbar gefunden hatte, war es mir nicht gestattet, auf direktem Weg zu ihr Kontakt aufzunehmen. Stattdessen sollte ich einen Brief an meine Mutter schreiben und ihn Maisie schicken, die als Mittelsmann fungieren würde. Sie würde meiner Mutter mitteilen, sie habe etwas Persönliches mit ihr zu besprechen, und ihre Telefonnummer hinterlassen. Angeblich werde sie begreifen, worum es ging, wenn sie das hörte, und anrufen. Sobald Maisie dann verifiziert hätte, dass die Frau tatsächlich meine leibliche Mutter war, wollte sie meinen Brief entweder laut vorlesen oder ihn ihr zusenden.
    Maisie hatte mir ein Merkblatt geschickt, das mir helfen sollte, den Brief zu verfassen:
    Mit diesem Brief stellen Sie sich dem leiblichen Elternteil vor. Diese Person ist de facto eine Fremde für Sie, und der erste Eindruck, den Sie mit dem Brief hinterlassen, ist äußerst wichtig. Es wird empfohlen, nicht mehr als zwei Seiten zu schreiben, damit Sie Ihre leibliche Mutter nicht überwältigen. Wenn Sie eine leserliche Handschrift haben, ist ein handgeschriebener Brief vorzuziehen, da er für den Empfänger eine persönliche Note hat.
    Sie sollten zunächst entscheiden, ob Sie bei diesem ersten Kontakt auf Informationen verzichten wollen, anhand deren man Sie identifizieren kann. Sollten Sie Ihren Namen verwenden, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie der anderen Partei damit ermöglichen, Sie ausfindig zu machen. Vielleicht sollten Sie daher lieber damit warten, bis Sie sie näher kennengelernt haben.
    Der Brief sollte nur allgemeine Informationen über Sie

Weitere Kostenlose Bücher