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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Nebenan hast du zwei Kissen und einen bunten Quilt, so groß wie mein Handteller, auf das große Bett gelegt. Dann hast du eine andere Decke und noch ein Kissen genommen und auf der pinkfarbenen Seidencouch im Wohnzimmer ein Bett gemacht. »Und das«, hast du gesagt, »ist für den Daddy.«
    Oh mein Gott , dachte ich, wie haben sie dich verstört.
    Plötzlich öffnete sich die Haustür, und Charlotte kam herein; kalte Winterluft blähte ihren Mantel. Sie hielt Einkaufstüten in den Armen. »Oh, Ihr Wagen ist das«, sagte sie und stellte die Tüten auf den Boden. »Amelia!«, rief sie die Treppe hinauf. »Ich bin wieder da!«
    »Jaja«, hallte Amelias Stimme leidenschaftslos herunter.
    Vielleicht warst du ja nicht die Einzige, die sie verstörten.
    Charlotte bückte sich und küsste dich auf die Stirn. »Wie geht es dir, meine Süße? Du spielst mit dem Puppenhaus. Das hast du ja schon ewig nicht mehr hervorgekramt …«
    »Wir müssen reden«, sagte ich und stand auf.
    »Okay.« Charlotte nahm ihre Einkaufstüten, und ich folgte ihr in die Küche. Sie packte aus: Orangensaft, Milch, Broccoli, Makkaroni und Käse, Spülmittel und Mülltüten. Und die unverzichtbaren Schokoriegel.
    »Guy Booker hat einen neuen Zeugen für die Verteidigung«, sagte ich. »Ihren Mann.«
    Charlotte hatte ein Glas Mixed Pickles in der Hand gehalten, das zersprang jetzt auf dem Boden. » Was? «
    »Sean wird gegen Sie aussagen«, erklärte ich in sachlichem Ton.
    »Das kann er doch nicht, oder?«
    »Nun, nachdem er mich gebeten hat, ihn aus der Klage herauszunehmen …«
    »Er hat was ?«
    Der Geruch von Essig wurde immer stärker; die Marinade auf dem Boden floss überallhin. »Charlotte«, sagte ich überrascht »Angeblich hat er mit Ihnen darüber gesprochen.«
    »Er hat schon seit Wochen nicht mehr mit mir gesprochen. Wie konnte er nur? Wie konnte er uns das antun?«
    Da bist du in die Küche gekommen. »Ist etwas kaputtgegangen?«
    Charlotte ließ sich auf alle viere nieder und machte sich daran, die Glassplitter einzusammeln. »Bleib aus der Küche, Willow.« Ich griff gerade nach einer Küchenrolle, als Charlotte einen lauten Schrei ausstieß. Sie hatte sich an einem Splitter geschnitten.
    Es blutete. Du hast die Augen aufgerissen, und ich habe dich ins Wohnzimmer zurückgescheucht. »Hol deiner Mutter ein Pflaster«, sagte ich.
    Als ich wieder in die Küche kam, drückte Charlotte die blutende Hand an ihre Bluse. »Marin«, sagte sie und starrte mich mit großen Augen an. »Was soll ich jetzt nur tun?«
    Es war vermutlich eine neue Erfahrung für dich, ins Krankenhaus zu fahren, ohne selbst die Kranke zu sein. Es war rasch klar geworden, dass deine Mutter sich zu tief geschnitten hatte und ein Pflaster nichts mehr nützen würde. Ich fuhr sie in die Notaufnahme, mit dir und Amelia auf dem Rücksitz, und deine Füße baumelten über einem Karton voller Fallakten. Ich wartete, während ein Arzt Charlottes Finger mit zwei Stichen nähte. Du saßt neben ihr und hieltest ihre gesunde Hand. Ich bot an, auf dem Rückweg an einer Apotheke anzuhalten, um das Rezept für Tylenol plus Kodein einzulösen, aber Charlotte sagte, sie hätten noch genug Schmerzmittel von deinem letzten Knochenbruch.
    »Es geht mir gut«, sagte sie zu mir. »Wirklich.« Und fast hätte ich ihr auch geglaubt. Doch dann erinnerte ich mich, wie sie sich während des Nähens an deine Hand geklammert hatte und was sie in wenigen Wochen vor den Geschworenen sagen wollte.
    Ich fuhr wieder ins Büro, obwohl der Tag praktisch gelaufen war. Wir wollten alle, was wir nicht haben konnten: das perfekte Kind, den fürsorglichen Ehemann, die Mutter, die uns weggegeben hatte. Wir lebten in unseren Erwachsenenpuppenhäusern, ohne auf die Idee zu kommen, dass plötzlich eine Hand erscheinen und alles umräumen könnte, woran wir uns so schön gewöhnt hatten.
    Hallo , schrieb ich .
    Vermutlich habe ich diesen Brief schon tausend Mal in Gedanken geschrieben und immer wieder überarbeitet. Ich habe einund­dreißig Jahre gebraucht, um mit meiner Suche überhaupt zu ­beginnen, obwohl ich mich schon immer gefragt habe, wo ich herkomme. Ich glaube, ich musste zuerst herausfinden, warum ich eigentlich suchen wollte, und nun kenne ich endlich die Antwort darauf: Ich schulde meinen leiblichen Eltern großen Dank. Und was mir fast genauso wichtig ist: Ihr habt das Recht zu ­erfahren, dass ich lebe, dass es mir gut geht und dass ich glücklich bin.
Ich arbeite für eine Anwaltskanzlei in

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