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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ist nicht anständig.«
    »Und für dich war die Welt immer nur schwarz-weiß, während ich versuche zu beweisen, dass es in Wahrheit tausend Schattierungen von Grau gibt.«
    »Das«, sagte Sean leise, »ist der Grund, warum ich zum Anwalt gegangen bin. Das ist der Grund, warum ich nicht mit dir zur Eheberatung gegangen bin. Deine Welt ist so grau, dass du die Landmarken nicht mehr sehen kannst. Du weißt nicht, in welche Richtung du läufst. Wenn du dich verirren willst, dann mach nur. Aber ich werde nicht zulassen, dass du die Mädchen mit in den Abgrund ziehst.«
    Ich spürte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen; mit dem Ärmel wischte ich sie weg. »Das war’s dann also, ja? Einfach so. Liebst du mich nicht mehr?«
    »Ich liebe die Frau, die ich geheiratet habe«, antwortete er, »und diese Frau gibt es nicht mehr.«
    Das war der Augenblick, in dem ich zusammenbrach. Nach kurzem Zögern schlang Sean die Arme um mich. »Lass mich allein!«, schrie ich, krallte mich aber gleichzeitig in sein Hemd.
    Ich hasste ihn, aber er war der Einzige, an den ich mich in den vergangenen acht Jahren um Trost gewandt hatte. Alte Gewohnheiten kann man nur schwer ablegen.
    Wie lange würde es wohl dauern, bis ich die Wärme seiner Hände vergessen hatte? Bis ich nicht mehr wusste, wie sein Shampoo roch? Bis mir der Klang seiner Stimme nicht mehr vertraut war? Ich versuchte, das alles in mir zu speichern – wie Korn für den Winter.
    Der Augenblick verflog, bis ich verlegen in seinen Armen stand und mir peinlich bewusst wurde, dass er mich da eigentlich nicht haben wollte. Tapfer trat ich einen Schritt zurück. »So … was machen wir jetzt?«
    »Ich denke, wir sollten uns wie Erwachsene benehmen«, antwortete Sean. »Kein Streit vor den Mädchen. Und vielleicht – nur wenn du einverstanden bist – könnte ich wieder einziehen. Nicht ins Schlafzimmer«, fügte er rasch hinzu, »nur auf die Couch. Wir können es uns nicht leisten, für zwei Wohnungen und die Mädchen zu bezahlen. Die Anwältin hat mir gesagt, die meisten Paare bleiben während der Scheidung im selben Haus. Wir müssen nur hinkriegen, dass du nicht da bist, wenn ich hier bin, und umgekehrt. Auf diese Weise können wir aber beide Zeit mit den Kindern verbringen.«
    »Amelia weiß es. Sie hat das Schreiben vom Gericht gelesen«, sagte ich, »aber Willow nicht.«
    Sean rieb sich das Kinn. »Ich werde ihr sagen, wir versuchen, alles zwischen uns zu klären.«
    »Das ist gelogen«, sagte ich. »Das suggeriert, dass wir noch eine Chance haben.«
    Sean schwieg. Er bestätigte es nicht, stritt es aber auch nicht ab.
    »Ich werde dir eine Decke holen«, sagte ich.
    Diese Nacht lag ich wach im Bett und listete auf, was ich eigentlich über Scheidungen wusste.
1)
Sie dauerten sehr lange.
2)
Die wenigsten Paare taten es einvernehmlich.
3)
Man musste alles aufteilen, was einem gemeinsam gehörte, einschließlich Autos, Häuser, DVD s, Kinder und Freunde.
4)
Es war teuer, jemanden aus seinem Leben zu verbannen, den man liebte – finanziell und emotional.
    Natürlich kannte ich Leute, die geschieden waren. Aus irgendeinem Grund schien das immer zu passieren, wenn die Kinder in der vierten Klasse waren – von einem Tag auf den anderen standen die Eltern nicht mehr gemeinsam im Telefonbuch der Schule, sondern mit verschiedenen Nummern. Ich fragte mich, was so anstrengend an der vierten Klasse war, dass es sich so auf die Ehen auswirkte, oder vielleicht lag es auch daran, dass die meisten Paare um diese Zeit zehn bis fünfzehn Jahre zusammen waren. Wenn das stimmte, waren Sean und ich früh dran.
    Ich war schon fünf Jahre lang eine alleinerziehende Mutter gewesen, bevor ich Sean kennengelernt und geheiratet hatte. Mir war damals sonnenklar, dass Amelia das einzig Gute an der desaströsen Beziehung mit ihrem Vater gewesen war, und ich hätte ihn niemals geheiratet, obwohl ich wusste, dass andere Frauen unwillkürlich an meiner linken Hand nach einem Ring suchten und dass ich keinen anderen Erwachsenen im Haus hatte, mit dem ich sprechen konnte, nachdem Amelia im Bett lag. Einer der Gründe, warum ich es so liebte, mit Sean verheiratet zu sein, war die Leichtigkeit dieser Beziehung: Er durfte mich sehen, wenn meine Haare morgens noch wie ein Gorgonenhaupt aussahen, und mich küssen, wenn ich mir noch nicht die Zähne geputzt hatte. Er schaltete die richtige Fernsehsendung ein, wenn wir uns mit einem Seufzer auf die Couch fallen ließen, und er wusste immer, in welcher

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