den DVD -Rekorder einstellen muss, um den Colbert Report aufzunehmen«, antwortete sie. »Und was machst du ?«
Ich schaute auf das schmelzende Eis und die halb leere Flasche Wein. »Ich habe gerade mit einer Flüssigdiät angefangen«, sagte ich. »Und du musst nur auf den roten Knopf drücken, um das richtige Menü auf den Bildschirm zu bekommen.«
»Oh … da ist es ja … gut. Dein Vater mag es gar nicht, wenn ich die Show gucke und er dabei einschläft.«
»Kann ich dich etwas fragen?«
»Sicher?«
»Bin ich leidenschaftlich?«
Sie lachte. »Es muss wirklich mies für dich laufen, wenn du mich das fragst.«
»Ich meine nicht im romantischen Sinne. Ich meine … du weißt schon, in Bezug auf das Leben im Allgemeinen. Hatte ich irgendwelche Hobbys, als ich klein war? Habe ich vielleicht irgendwas gesammelt oder darum gebettelt, in den Schwimmverein zu dürfen?«
»Kind, bis zu deinem zwölften Lebensjahr hattest du Todesangst vor dem Wasser.«
»Okay, das war vielleicht nicht gerade das beste Beispiel.« Ich kniff mich in den Nasenrücken. »Habe ich mich vielleicht an irgendetwas festgebissen, auch wenn es schwer war? Oder habe ich einfach aufgegeben?«
»Warum? Ist etwas auf der Arbeit passiert?«
»Nein, nicht auf der Arbeit.« Ich zögerte. »Wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du nach deinen biologischen Eltern suchen?«
Es folgte ein kurzes Schweigen. »Oh! Das ist eine ziemlich schwere Frage. Außerdem dachte ich, diese Diskussion hätten wir bereits hinter uns. Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich unterstützen würde, und …«
»Ich weiß, was du gesagt hast. Aber tut dir das nicht weh?«, fragte ich rundheraus.
»Ich will dich nicht anlügen, Marin. Als du angefangen hast, Fragen zu stellen, da hat es wehgetan. Ich dachte wohl, wenn du mich genug lieben würdest, hättest du diese Suche nicht nötig. Aber dann hast du beim Gynäkologen einen Schreck bekommen, und ich habe erkannt, dass es gar nicht um mich geht. Es geht um dich .«
»Ich möchte dich aber nicht verletzen.«
»Mach dir keine Sorgen um mich«, sagte Mutter. »Ich bin alt und zäh.«
Das brachte mich zum Lächeln. »Du bist nicht alt, und du bist nicht zäh, sondern weichherzig.« Ich atmete tief durch. »Ich denke nur ständig, was für eine wirklich große Sache das ist, weißt du? Man gräbt etwas aus, und vielleicht findet man einen Schatz, vielleicht aber auch nur etwas Verfaultes.«
»Vielleicht hast du ja Angst, nicht mich, sondern dich zu verletzen.«
Das war typisch meine Mutter: Sie traf immer den Nagel auf den Kopf. Wenn ich nun mit einem Serienkiller verwandt war – würde ich auf so eine Information nicht lieber verzichten?
»Sie ist mich vor dreißig Jahren losgeworden. Wenn ich mich nun in ihr Leben dränge, und sie will mich gar nicht sehen?«
Ein leises Seufzen war auf der anderen Seite der Leitung zu hören. Das war, so wurde mir bewusst, das Geräusch, das ich am meisten mit meiner Kindheit assoziierte. Ich habe es gehört, wenn ich in die Arme meiner Mutter gelaufen war, nachdem mich ein anderes Kind auf dem Spielplatz von der Schaukel geschubst hatte. Ich habe es gehört, kurz bevor ich zum Abschlussball gefahren bin, und ich habe es auf der Schwelle meines Studentenwohnheims gehört, als sie mich zum ersten Mal allein gelassen hat.
»Marin«, sagte meine Mutter nur, »wer würde dich nicht wollen?«
Ehrlich, ich bin nicht die Art von Mensch, die an Geister, das Karma oder die Wiedergeburt glaubt. Und trotzdem meldete ich mich am nächsten Tag krank, um nach Falmouth in Massachusetts zu fahren und mit einer Wahrsagerin über meine biologische Mutter zu reden. Ich trank einen Schluck von meinem Dunkin’-Donuts-Kaffee und stellte mir vor, wie das Treffen wohl laufen würde. Würde ich eine Information bekommen, die mich in die richtige Richtung wies, wie diese Frau, die mir Meshinda Dows und ihre Prophezeiungen empfohlen hatte?
Am Abend zuvor hatte ich mich online bei der zehnten Adoptionsgruppe angemeldet. Ich suchte mir einen Namen aus (
[email protected]), stellte mir eine To-do-Liste aus den verschiedenen Webseiten zusammen und schrieb sie in mein Notizbuch:
1.
STAATLICHE REGISTRATUREN NUTZEN .
2.
BEIM ISRR REGISTRIEREN , dem Index of Search and Reunion Resources, der größten Datenbank für Adoptivkinder, die ihre leiblichen Eltern suchen.
3.
SICH IN EINEM WELTWEITEN REGISTER EINSCHREIBEN .
4.
REDE MIT DEINEN ADOPTIVELTERN … UND MIT VETTERN , ONKELN , ÄLTEREN