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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wie gefangen. Kaum konnte ich weiterfahren, lenkte ich den Wagen in die nächstbeste Seitenstraße. Ich stellte den Motor ab, stieg aus und hob dich aus deinem Kindersitz. Er war extra für dich angefertigt worden, die Gurte gepolstert; ansonsten hättest du dir schon beim kleinsten Bremsmanöver die Knochen gebrochen. Ich wiegte dich sanft im Arm.
    Ich hatte nicht mit dir über die Klage gesprochen, sondern mir geschworen, dich so lange wie möglich in seliger Unwissenheit zu lassen – aus dem gleichen Grund hatte ich dir auch nichts von dem Gespräch mit Miss Watkins erzählt. Aber je länger ich schwieg, desto wahrscheinlicher war es, dass du es selbst herausfandest, und das durfte ich nicht zulassen.
    Hatte ich damit wirklich nur dich beschützen wollen? Oder eigentlich mehr mich? War das hier der Augenblick, von dem ich später sagen würde, von da an haben wir uns voneinander entfernt? Ja, wir saßen in der Appleton Lane unter einem Ahornbaum, und in dem Moment hat meine Tochter begonnen, mich zu hassen.
    »Willow«, sagte ich, und meine Kehle war plötzlich derart trocken, dass ich kaum noch schlucken konnte. »Wenn hier irgendjemand böse war, dann ich. Erinnerst du dich noch an unseren Besuch bei dem Anwalt? Nachdem du dir in Disney World die Beine gebrochen hast?«
    »Meinst du den Mann oder die Frau?«
    »Die Frau. Sie wird uns helfen.«
    Du hast mich groß angeschaut. »Bei was?«
    Ich zögerte. Wie sollte ich einer Fünfjährigen unser Rechtssystem erklären? »Du weißt doch, dass es Spielregeln gibt«, sagte ich. »Zu Hause und in der Schule. Was passiert, wenn jemand diese Regeln bricht?«
    »Er wird für eine Weile vom Platz geschickt.«
    »Nun, es gibt auch solche Regeln für Erwachsene«, sagte ich. »Wie zum Beispiel, dass man niemandem wehtun darf. Und man darf sich auch nichts nehmen, was einem nicht gehört. Und wenn man diese Regeln bricht, dann wird man bestraft. Anwälte können einem helfen, wenn jemand eine Regel bricht und einem dadurch schadet. Sie sorgen dafür, dass derjenige zur Verantwortung gezogen wird.«
    »Wie zum Beispiel, als Amelia mir meinen Glitzernagellack gestohlen hat und du ihr gesagt hast, sie müsse mir von ihrem Babysittergeld neuen kaufen?«
    »Genau das meine ich«, antwortete ich.
    Erneut traten dir die Tränen in die Augen. »Ich habe die Regeln in der Schule gebrochen, und jetzt wird der Anwalt mich zwingen, zu Hause auszuziehen«, hast du gesagt.
    »Niemand zieht aus«, erwiderte ich mit fester Stimme. »Besonders du nicht. Du hast die Regeln nicht gebrochen. Das hat jemand anders getan.«
    »Daddy?«, hast du gefragt. »Will er deshalb nicht, dass du zu einem Anwalt gehst?«
    Ich war verblüfft. »Du hast uns darüber reden hören?«
    »Ich habe euch darüber schreien hören.«
    »Nein, es war nicht Daddy. Und es war auch nicht Amelia.« Ich atmete tief durch. »Es war Piper.«
    » Piper hat was aus unserem Haus gestohlen?«
    »Jetzt wird es kompliziert«, sagte ich. »Sie hat nichts gestohlen. Sie hat mir etwas verschwiegen, was sie mir hätte sagen sollen. Etwas sehr Wichtiges.«
    Du hast in deinen Schoß geschaut. »Es war etwas über mich, stimmt’s?«
    »Ja«, antwortete ich. »Aber auch das konnte nichts daran ändern, wie lieb ich dich habe. Es gibt nur eine Willow ­O’Keefe auf diesem Planeten, und ich hatte das Glück, sie zu bekommen.« Ich küsste dich auf den Kopf, weil ich nicht den Mut hatte, dir in die Augen zu schauen. »Aber das ist das Komische«, sagte ich, und es schnürte mir die Kehle zu. »Damit diese Anwältin uns helfen kann, muss ich ein Spiel spielen. Ich muss Dinge sagen, die ich nicht so meine. Dinge, die dich kränken könnten, wenn du nicht wissen würdest, dass alles nur gespielt ist.«
    Nun betrachtete ich aufmerksam dein Gesicht, um zu sehen, ob du mir folgen konntest. »Wie wenn jemand im Fernsehen erschossen wird, aber eigentlich gar nicht tot ist?«, hast du gefragt.
    »Genau«, sagte ich. Die Kugeln sind nur Fake. Aber warum habe ich dann das Gefühl, als würde ich verbluten? »Du wirst Dinge hören und vielleicht auch Dinge lesen und wirst denken: Meine Mom sollte das nicht sagen. Und damit wirst du auch recht haben. Denn im Gericht, wenn ich mit dieser Anwältin rede, werde ich so tun, als wäre ich jemand anders, obwohl ich so aussehe und klinge wie immer. Ich mag ja jeden auf dieser Welt damit täuschen, aber dich will ich nicht anlügen.«
    Du hast geblinzelt und zu mir hinaufgeschaut. »Können wir mal

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