Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
hatte. Sie war blond und schlank, hatte aber dunkle Ringe unter den Augen. Sie lächelte nicht. Sie starrte Charlotte nur an, als hätte ihr gerade jemand ein Schwert in den Leib gerammt.
Charlotte wiederum tat alles, um sie nicht anschauen zu müssen.
»Wie konntest du?«, fragte Piper. »Wie konntest du das tun?«
Sean kniff die Augen zusammen. »Du hältst jetzt am besten erst mal den Mund, Piper …«
Ich trat zwischen sie. »Nehmen Sie sich bitte zusammen, ja?«
»Hast du nichts zu sagen?«, fuhr Piper fort, als Charlotte sich an den Tisch setzte. »Hast du noch nicht einmal den Anstand, mir in die Augen zu sehen und es mir ins Gesicht zu sagen?«
»Piper«, mischte Guy Booker sich ein und legte ihr die Hand auf den Arm.
»Wenn Ihre Klientin nur verbale Beleidigungen vorbringt«, verkündete ich, »sind wir sofort von hier verschwunden.«
»Beleidigungen?«, murmelte Sean. »Ich werde Ihr zeigen, was Beleidigungen …«
Ich packte ihn am Arm und zog ihn auf einen Stuhl. »Halten Sie den Mund«, flüsterte ich.
Das war vermutlich das erste und einzige Mal, dass ich etwas mit Guy Booker gemeinsam hatte. Keiner von uns nahm gerne an dieser Befragung teil. »Ich bin sicher, meine Klientin kann sich beherrschen«, sagte er und drehte sich mahnend zu Piper um. Dann wandte er sich an die Stenotypistin. »Claudia, sind Sie bereit?«
Ich blickte Sean an und formte mit den Lippen: Ruhig . Er nickte und bewegte den Kopf hin und her wie ein Preisboxer, kurz bevor er den Ring betritt.
Guy Booker schlug eine lederne Aktenmappe auf. Das Leder war edel, vermutlich italienisch. Dass Booker, Hood and Coates so viele Fälle gewannen, lag auch an ihrem Einschüchterungsfaktor. Sie sahen schon wie Gewinner aus, von ihren opulenten Büros bis hin zu ihren Armani-Anzügen und ihren Waterman-Füllfederhaltern. Vermutlich ließen sie ihre Aktenmappen sogar von Hand fertigen, und ihr Briefpapier zierte ein Wasserzeichen mit dem Kanzleilogo. War es da verwunderlich, wenn die Gegenpartei schon beim ersten Blick das Handtuch warf?
»Lieutenant O’Keefe«, sagte Guy mit aalglatter Stimme. Sein Tonfall suggerierte: Ich bin Ihr Kumpel. »Sie glauben doch an die Gerechtigkeit, oder?«
»Deshalb bin ich zur Polizei gegangen«, antwortete Sean stolz.
»Und glauben Sie, dass auch eine Klage zu Gerechtigkeit führen kann?«
»Sicher«, sagte Sean. »So funktioniert unser Land.«
»Würden Sie sich als besonders prozessfreudig bezeichnen?«
»Nein.«
»Dann haben Sie wohl einen sehr guten Grund gehabt, die Firma Ford im Jahr 2003 zu verklagen.«
Schockiert drehte ich mich zu Sean um. »Sie haben Ford verklagt?«
Er legte die Stirn in Falten. »Was hat das mit meiner Tochter zu tun?«
»Sie haben sich auf einen Vergleich geeinigt, nicht wahr? Zwanzigtausend Dollar?« Guy blätterte durch seine Akten. »Können Sie mir erklären, welcher Art die Beschwerde war?«
»Ich habe mir einen Bandscheibenvorfall zugezogen, nachdem ich den ganzen Tag in dem Streifenwagen gesessen hatte. Diese Dinger werden nach den Eigenschaften von Testpuppen gebaut, nicht nach denen echter Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen.«
Ich schloss die Augen. Es wäre wirklich schön gewesen , dachte ich, wenn wenigstens einer meiner Klienten ehrlich zu mir gewesen wäre.
»Was nun Willow betrifft«, sagte Guy. »Was würden Sie sagen, wie viele Stunden pro Tag verbringen Sie mit ihr?«
»Vielleicht zwölf«, antwortete Sean.
»Und von diesen zwölf Stunden schläft sie wie viel?«
»Ich weiß es nicht … acht vielleicht, wenn alles gut läuft.«
»Und wenn es nicht gut läuft, wie oft stehen Sie dann mit ihr auf?«
»Das hängt davon ab«, sagte Sean. »Ein-, zweimal.«
»Dann beläuft sich Ihre Zeit mit ihr, wenn Sie nicht versuchen, sie wieder zum Schlafen zu bringen … auf ungefähr vier, fünf Stunden pro Tag?«
»Könnte hinkommen.«
»Und während dieser Stunden, was machen Sie und Willow dann?«
»Wir spielen Nintendo. Bei Super Mario macht sie mich jedes Mal fertig. Und wir spielen Karten …« Er errötete ein wenig. »Sie ist ein Naturtalent beim Pokern.«
»Was ist ihre Lieblingsfernsehsendung?«, fragte Guy.
»Diese Woche Lizzie McGuire .«
»Lieblingsfarbe?«
»Magenta.«
»Was für Musik hört sie?«
»Hannah Montana und die Jonas Brothers«, sagte Sean.
Ich konnte mich erinnern, mit meiner Mutter auf der Couch gesessen und die Cosby Show geschaut zu haben. Wir haben uns dann eine Schüssel Popcorn in der Mikrowelle
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