Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
gemacht und leer gefuttert. Es war jedoch nie wieder dasselbe Vergnügen gewesen, nachdem Keshia Knight Pulliam zu alt geworden und durch Raven-Symoné ersetzt worden war. Wäre ich bei meiner biologischen Mutter aufgewachsen, hätte ich dann vielleicht Seifenopern wie den Denver Clan mit ihr geschaut?
»Wie ich höre, geht Willow jetzt in die Vorschule.«
»Ja, seit zwei Monaten«, bestätigte Sean.
»Gefällt es ihr da?«
»Manchmal ist es schwer für sie, aber ich würde sagen, ja, es gefällt ihr.«
»Niemand leugnet, dass Willow Behinderungen hat«, sagte Guy, »aber diese Behinderungen halten sie nicht davon ab, ihre Erziehung als etwas Positives zu empfinden, oder?«
»Nein.«
»Und sie halten sie auch nicht davon ab, schöne Zeiten mit ihrer Familie zu erleben, oder?«
»Natürlich nicht.«
»Würden Sie sagen, als Vater haben Sie bis jetzt gute Arbeit geleistet, damit sie ein erfülltes Leben hat?«
Oh nein , dachte ich.
Sean straffte stolz die Schultern. »Und ob ich das habe.«
»Warum«, setzte Guy zum Todesstoß an, »sagen Sie dann, dass sie nie hätte geboren werden sollen?«
Die Worte trafen Sean wie eine Kugel. Er zuckte nach vorne und knallte die Hände flach auf den Tisch. »Legen Sie mir keine Worte in den Mund. Das habe ich nie gesagt.«
»Doch, genau das haben Sie.« Guy holte eine Kopie der Klageschrift aus seiner Aktenmappe und schob sie über den Tisch. »Genau da.«
»Nein.« Sean biss die Zähne zusammen.
»Ihre Unterschrift auf diesem Dokument bestätigt das, Lieutenant.«
»Hey! Hören Sie zu: Ich liebe meine Tochter.«
»Sie lieben sie«, wiederholte Guy. »Sie lieben sie so sehr, dass Sie glauben, sie wäre tot besser dran.«
Sean schnappte sich die Klageschrift und zerknüllte sie in der Hand. »Ich mache das nicht länger mit«, sagte er. »Ich habe das sowieso nie gewollt.«
»Sean …« Charlotte stand auf, packte ihn am Arm, und er fuhr heftig zu ihr herum.
»Wie kannst du nur behaupten, dass das Willow nicht wehtun wird?«, fragte er und hatte sichtlich Mühe zu sprechen.
»Sie weiß, dass das nur Worte sind, Sean, Worte, die nichts zu bedeuten haben. Sie weiß, dass wir sie lieben. Sie weiß, warum wir hier sind.«
»Weißt du was, Charlotte?«, sagte er. »Das hier sind auch nur Worte.« Und er stürmte aus dem Konferenzraum.
Charlotte starrte ihm hinterher und sah dann mich an. »Ich … Ich muss gehen«, sagte sie. Ich stand auf, unsicher, ob ich ihr folgen oder versuchen sollte, den Schaden bei Guy Booker zu beheben. Piper Reece war knallrot angelaufen und starrte in ihren Schoß. Charlottes Absätze klangen wie Schüsse, als sie den Flur hinunterlief.
»Marin«, sagte Guy und lehnte sich zurück, »Sie können doch unmöglich glauben, hier einen echten Fall zu haben.«
Ich spürte, wie mir ein Schweißtropfen über den Rücken lief. »Wissen Sie, was ich denke?«, sagte ich mit weit mehr Überzeugung, als ich tatsächlich besaß. »Sie haben gerade hautnah erlebt, wie diese Krankheit die Familie zerrissen hat, und ich denke, die Geschworenen werden das genauso sehen.«
Ich sammelte meine Notizen ein, nahm meinen Aktenkoffer und ging hoch erhobenen Hauptes den Gang hinunter, als würde ich tatsächlich glauben, was ich gerade gesagt hatte. Erst als ich allein im Aufzug war und die Tür sich hinter mir geschlossen hatte, gestand ich mir erschöpft ein, dass Guy Booker recht hatte.
Mein Handy klingelte.
»Scheiße«, murmelte ich, rieb mir über die Augen und wühlte in meinem Aktenkoffer, um das Gespräch anzunehmen. Nicht dass ich das wollte. Entweder war das Charlotte, die sich für die größte Katastrophe meiner Karriere entschuldigen wollte, oder Robert Ramirez, der mich feuern wollte, denn schlechte Nachrichten verbreiteten sich schnell. Doch auf dem Display erschien keine Nummer. Es war ein Privatanruf. Ich räusperte mich. »Hallo?«
»Ist da Marin Gates?«
»Am Apparat.«
Der Aufzug öffnete sich. Auf der anderen Seite der Lobby sah ich, wie Charlotte Sean anflehte, der jedoch nur immer wieder den Kopf schüttelte.
Einen Augenblick lang hätte ich fast vergessen, dass ich noch telefonierte. »Hier spricht Maisie Donovan«, sagte eine näselnde Stimme. »Ich bin die Beamtin aus …«
»Ich weiß, wer Sie sind«, erwiderte ich rasch.
»Miss Gates«, sagte sie, »ich habe die Adresse Ihrer leiblichen Mutter.«
Amelia
Ich hatte darauf gewartet, dass die Bombe platzt. Das Beste an der blöden Klage war, dass sie genau bei Schulbeginn
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