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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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auf und schnappte mir meinen Rucksack … aber die Vordertasche war noch offen, und ein Regen von Stiften, Vierteldollarmünzen und Zehnern ergoss sich auf den Boden vor meinen Tisch. Fast hätte ich mich schon hingehockt, um die Münzen wieder aufzusammeln, doch das hätten die anderen vermutlich umso komischer gefunden: Das Abzockerkind wühlt im Dreck nach Geld. Also ließ ich die Münzen liegen und floh.
    Ich hatte nicht die geringste Absicht, zum Büro der Direktorin zu gehen. Stattdessen ging ich nach rechts, wo ich eigentlich nach links hätte abbiegen sollen, und in Richtung Turnhalle. Tagsüber ließen die Sportlehrer die große Doppeltür offen, damit der Mief besser abzog. Kurz bekam ich Panik, dass jemand mich erwischen würde, wie ich die Schule verließ, doch dann fiel mir ein, dass sowieso keiner auf mich achtete. Ich war einfach nicht wichtig genug.
    Draußen warf ich mir den Rucksack über die Schulter und lief los. Ich rannte über das Fußballfeld und zwischen den Bäumen hindurch, die das Wohngebiet von der Schule trennten. Ich rannte, bis ich die Hauptstraße erreichte, die durch den ganzen Ort ging; erst da wurde ich langsamer.
    Die CVS -Apotheke war das letzte Gebäude, an dem man vorbeikam, wenn man die Stadt verließ, und glaub ja nicht, dass ich nicht darüber nachgedacht hätte. Ich schlenderte durch die Gänge und ließ ein Snickers in meiner Tasche verschwinden. Dann sah ich etwas Besseres.
    In der Schule mochte ich ja unsichtbar sein; das Problem war nur, dass ich deswegen noch lange nicht aus der Welt war. Egal, wie schnell und weit ich lief, ich konnte dem nicht entkommen.
    Meine Eltern schienen die Kinder nicht zu wollen, die sie hatten. Vielleicht sollte ich ihnen also eines anbieten, das vollkommen anders war.

Charlotte
    »Ich war heute Morgen auf einer Webseite«, argumentierte ich, »und ein Mädchen mit Typ  III hat sich das Handgelenk gebrochen, als sie eine halbe Gallone Milch hochheben wollte, Sean. Wie kannst du da behaupten, dass Willow keine besondere Pflege oder Haushaltshilfe benötigen wird? Und wo soll das Geld dafür herkommen?«
    »Dann wird sie sich ihre Milch eben in kleineren Packungen kaufen«, erwiderte Sean. »Wir haben immer gesagt, wir werden nie zulassen, dass sie sich über ihre Behinderung definiert, und jetzt machst du genau das.«
    »Der Zweck heiligt die Mittel.«
    Sean bog in unsere Auffahrt ein. »Jaja. Sag das Herrn Hitler.« Er schaltete den Motor aus. Ich hörte dich hinten leise schnarchen. Heute hatte dich die Schule vollkommen fertiggemacht. »Ich kenne dich gar nicht mehr«, sagte Sean leise. »Was ist das für ein Mensch, der das alles tut?«
    Ich hatte versucht, ihn nach der Befragung in der Kanzlei von Pipers Anwalt wieder zu beruhigen, doch er wollte nichts davon hören. »Du hast gesagt, du würdest alles für Willow tun, aber wenn du das nicht durchziehen kannst, dann lügst du dir selbst nur etwas vor«, sagte ich.
    » Ich lüge?«, erwiderte Sean. » Ich ? Du lügst hier. Oder zumindest behauptest du, du würdest lügen und Willow würde schon verstehen, dass du all die miesen Dinge gar nicht meinst, die du vor dem Richter zu sagen gedenkst. Und ich hoffe bei Gott, dass du lügst, denn tust du das nicht, dann hast du mich vor all diesen Jahren angelogen, als du erklärt hast, du wolltest das Baby behalten.«
    Wir stiegen aus, und ich schlug die Tür fester zu als nötig. »Es ist ja so verdammt einfach, die Nase in die Luft zu recken, wenn man in der Vergangenheit lebt, nicht wahr? Wie sieht es denn in zehn Jahren aus? Wenn Willow einen Hightech-Rollstuhl hat, einen Pool im Garten, um ihre Knochen und Muskeln aufzubauen, und einen eigens an sie angepassten Wagen, all die Dinge, die die Versicherung nicht bezahlt – wenn wir ihr all das ermöglichen können, ohne uns krummzulegen und zusätzliche Jobs anzunehmen, glaubst du dann wirklich, dass sie sich noch daran erinnern wird, was in irgendeinem Gerichtsaal gesagt worden ist, als sie noch ein Baby war?«
    Sean starrte mich an. »Ja, das glaube ich tatsächlich.«
    Ich trat einen Schritt von ihm zurück. »Ich liebe sie viel zu sehr, als dass ich diese Gelegenheit nicht nutzen würde.«
    »Dann haben wir beide eine sehr unterschiedliche Art, unsere Liebe zu zeigen«, erwiderte er.
    Er griff zum Rücksitz und schnallte dich los. Dein Gesicht war gerötet; langsam bist du aus deinen Träumen erwacht. »Ich bin raus, Charlotte«, erklärte Sean schlicht, als er dich ins Haus trug. »Tu,

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