Zerfetzte Flaggen
wären sie beide auf einem Spaziergang und nicht inmitten eines Blutbades.
Sparke betrachtete ihn neugierig. »Sind Sie jetzt ruhiger?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Gut. Das ist der einzige Weg.«
Bolitho fragte ihn: »Ist Ladung an Bord, Sir?«
»Nein. Die wollten sie sich offenbar von unserem Konvoi holen.«
Er blickte zu den kahlen Masten hinauf. »Lassen Sie ein paar Mann das Deck aufklaren. Es sieht hier ja aus wie in einem Schlachthaus.
Die Leichen müssen über Bord und die Verwundeten nach unten.
Dort herrscht zwar auch nicht viel Komfort, aber es ist etwas wä rmer als an Deck.«
Als Bolitho davoneilen wollte, fügte Sparke noch hinzu: »Außerdem möchte ich, daß alles so ruhig wie möglich abläuft. Eventuell sind fremde Boote in der Nähe, und ich beabsichtige, dieses Schiff als Prise zu behalten.«
Bolitho suchte nach seinem Hut, der ihm während des Kampfes vom Kopf gefallen war. Das sah Sparke ähnlicher, dachte er grimmig.
Einen Augenblick hatte er geglaubt, Sparkes Anweisung, die Verwundeten nach unten zu schaffen, beruhe auf reiner Menschlichkeit.
Er hätte es besser wissen müssen.
Die Aufgaben wurden sofort in Angriff genommen. Die Gesunden verrichteten die schwereren Arbeiten, die Leichtverletzten bewachten die Gefangenen. Die Schwerverwundeten – darunter der Mann, der törichterweise seine Muskete vorzeitig abgefeuert und dabei eine Gesichtshälfte verloren hatte – halfen, soweit sie dazu in der Lage waren.
Sparke hatte diesen Zwischenfall nicht erwähnt, ohne den die Verluste erheblich reduziert worden, wahrscheinlich sogar minimal geblieben wären. Die Schonerbesatzung war gewiß tapfer gewesen, aber ohne diesen Warnschuß hätte es wohl nur ein paar blutige Nasen gegeben, zumal ihnen die eiserne Disziplin der Trojaner fehlte. Auch Sparke mußte sich das überlegt haben, doch hoffte er wohl, daß Pears nur die Prise sehen und darüber alles andere ve rgessen würde.
Einige Male stieg Bolitho in die Kapitänskajüte hinunter, wo der gefallene Kapitän Tracy gelebt und seine Pläne gemacht hatte.
Quinn lag dort blaß auf einer rohen Koje, den Verband blutgetränkt, die Lippen vor Schmerz zerbissen.
Bolitho fragte Stockdale nach seiner Meinung; der antwortete ohne Zögern: »Er hat den Willen zum Leben, aber viel Hoffnung besteht nicht.«
Die ersten Anzeichen der Morgendämmerung kamen, der Nebel lichtete sich.
Aus des Schoners Lazarett hatten alle eine großzügige Rumzuteilung erhalten, auch die beiden jungen Fähnriche.
Aus der gesamten Gruppe von sechsunddreißig Seeleuten waren zwölf gefallen oder lagen im Sterben, und von den Überlebenden hatten einige so schwere Wunden, daß sie im Augenblick kaum von Nutzen waren.
Bolitho beobachtete den sich lichtenden Nebel, in dem der Schoner langsam Gestalt annahm. Er sah Couzens und Midshipman Libby von Sparkes Boot auf die großen Blutflecken an Deck starren.
Möglicherweise wurde ihnen erst jetzt klar, was sie hinter sich hatten.
Mr. Frowd, der Steuermannsmaat, wartete am Ruder und beobachtete die schlaffen Segel, die Bolithos Leute losgemacht hatten, klar für die erste aufkommende Brise. Die einzigen Geräusche waren das Schlagen der Blöcke und das Quietschen der Gaffeln und Bäume beim heftigen Rollen des Schiffes in der Dünung.
Mit dem Morgengrauen kam das Gefühl der Gefahr, wie es wohl ein Fuchs beim Überqueren offenen Geländes bei Büchsenlicht empfindet.
Die Faithful, das sah Bolitho jetzt, hatte acht Sechspfünder und vier Drehbassen, Schwenkgeschütze, die alle in Frankreich hergestellt waren. Dieser Umstand, dazu die Entdeckung frisch verpackten, erstklassigen Cognacs deutete auf enge Verbindung mit den französischen Kaperschiffen hin.
Es war ein handliches kleines Fahrzeug von ungefähr zwanzig Meter Länge, das höher an den Wind gehen konnte als die meisten anderen Schiffe, und das bestimmt jeden Rahsegler ausstechen würde.
Wer Kapitän Tracy auch gewesen sein mochte, er hatte in seine Pläne sicher nicht die Möglichkeit einbezogen, daß er am frühen Morgen nicht mehr am Leben sein würde.
Der Baum des Großsegels quietschte laut, und im Deck verspürte man ein Vibrieren.
Sparke rief: »Lebhaft, Leute, hier kommt der Wind!«
Bolitho sah sein Gesicht und schrie: »Klar bei Vorsegelfallen!«
Dann winkte er Balleine: »Heiß Klüver und Stagsegel!« Des Schoners zurückkehrendes Leben schien auch ihn zu beeinflussen. »Einen guten Mann ans Ruder, Mr. Frowd!«
Frowd zeigte grinsend seine
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