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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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sollte er Wasser holen für die Kombüse. Er war unbewaffnet.«
    »Was dann?«
    »Wir starrten uns an, ich bin mir nicht sicher, wer von uns beiden mehr überrascht war. Ich hatte die Klinge schon an seinem Hals, ein Streich hätte genügt, aber ich konnte nicht.« Quinn blickte Bolitho verzweifelt an. »Er begriff es. So standen wir, bis…«
    »Rowhurst kam?«
    »Ja, mit seinem Dolch. Aber für mich war es zu spät.«
    Bolitho nickte. Er erinnerte sich an seine eigenen Gefühle, als er sich über den Mann beugte, den er erschossen hatte, um sich selbst zu retten.
    Quinn fuhr fort: »Ich sah den Ausdruck in Rowhursts Augen, er verachtet mich. Es wird durch das Schiff gehen wie ein Lauffeuer, und ich werde ihren Respekt für immer verlieren.«
    Bolitho fuhr sich durchs Haar. »Du mußt versuchen, ihn dir von neuem zu erwerben, James.« Er fühlte Sand zwischen seinen Fingern und sehnte sich nach einem Bad. »Aber jetzt haben wir genug anderes zu tun.« Er sah Stockdale und ein paar Seeleute ihn beobachten.
    »Geh mit diesen Leuten zum Floß, schleppt es in tiefes Wasser und zerstört es.« Er ergriff Quinns Arm und fügte hinzu: »Denk daran, James: Sag ihnen, was sie tun sollen.«
    Quinn wandte sich ab und ging niedergeschlagen zu den wartenden Seeleuten. So lange Stockdale dabei war, würde alles in Ordnung gehen, dachte Bolitho.
    Ein Unteroffizier tippte sich grüßend an die Stirn und meldete: »Wir haben das Hauptmagazin geleert, Sir.«
    Bolitho nahm seine Gedanken zusammen, da Verstand und Körper ihm noch nicht ganz gehorchen wollten. Aber er mußte. Er war jetzt tatsächlich der Dienstälteste, genau wie Probyn gesagt hatte.
    »Gut, ich sehe mir an, was ihr gefunden habt«, sagte er.
    Die Geschütze mußten unbrauchbar gemacht, die Vorräte in Brand gesteckt werden, bevor das Fort selbst mit seinem eigenen Pulvermagazin in die Luft gesprengt wurde. Er blickte in die leeren Ställe und war froh, daß keine Pferde zurückgelassen worden waren.
    Der Gedanke, sie schlachten zu müssen, um sie nicht in Feindeshand fallen zu lassen, war schlimm genug; noch schlimmer war es, sich vorzustellen, welche Wirkung ein solches Gemetzel auf die kampfesmüden Seeleute gehabt hätte. Tod, Verwundung oder auch Auspeitschen nahm der Durchschnittsseemann als sein natürliches Los hin, aber Bolitho hatte einmal gesehen, wie ein Bootsmannsmaat in Plymouth einem Mann den Schädel einschlug, nur weil dieser nach einem streunenden Hund getreten hatte.
    Marineinfanteristen bastelten überall herum und fühlten sich ganz in ihrem Element, als sie lange Zündschnüre verlegten und diese mit den Pulverfässern verbanden, während andere die kleineren Feldgeschütze zu den Toren schafften.
    Das Floß war mittlerweile in tiefes Wasser geschleppt worden; von der Mauer aus sah Bolitho, daß die Seeleute es mit ihren Äxten zerschlugen und die Taue losmachten. Quinn stand dabei und beobachtete sie. Das nächste Mal, wenn sie kämpfen mußten, würde er nicht so glimpflich davonkommen, dachte Bolitho traurig.
    Auf dem Wachturm stand Couzens, ein Teleskop auf den Ankerplatz gerichtet. Als Bolitho sich umwandte, sah er, daß auf dem Logger Segel gesetzt wurden, während die Anker tropfend vor den Klüsen hingen.
    Derselbe Wind, der das Einlaufen der Spite verzögerte, ließ Probyn und seine kleine Schar noch vor Dunkelheit die offene See gewinnen. Mitleid ist niemals eine gute Basis für eine Freundschaft, dachte Bolitho, aber ihr Abschied war derart unerfreulich gewesen, daß er für immer zwischen ihnen stehen würde, falls sie sich je wieder begegneten.
    »Ach, da sind Sie, Bolitho!« Paget blickte aus einem Fenster.
    »Kommen Sie herauf, dann kann ich Ihnen gleich Ihre Instruktionen geben.«
    Im Kommandeurszimmer spürte Bolitho wieder seine Müdigkeit, die Nachwirkung von Kampf, Vernichtung und Angst.
    Paget informierte ihn: »Als weiteres Mosaiksteinchen für unseren Nachrichtendienst wissen wir jetzt, woher der Feind sein Pulver und einen Teil seiner Bewaffnung bekommt. Alles andere ist Sache des Admirals.«
    Es klopfte an die Tür, und Bolitho hörte draußen jemanden eindringlich flüstern.
    »Warten Sie!« sagte Paget ruhig. »Ich hatte keine andere Wahl mit dem Logger. Von Rechts wegen hätte er Ihnen zugestanden wegen der Art und Weise, wie Sie das Fort für uns sturmreif gemacht haben.« Er hob die Schultern. »Aber der Marine Wege sind nicht die meinen, und somit…«
    »Ich verstehe, Sir.«
    »Gut.« Paget schritt mit

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