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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Ordnung ist.« D’Esterre setzt den Hut wieder auf, als er seinen Sergeanten sah, der auf ihn zueilte: »Ich fürchte, sie haben den anderen Fähnrich, Huyghue, gefangengenommen.«
    Quinn sagte mit gebrochener Stimme: »Ich habe ihn zu dir geschickt.
    Es war mein Fehler.«
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Nein. Ein paar von den Feinden sind gezielt in unsere Linien eingedrungen, um Gefangene zu machen.
    « Er steckte den Degen in die Scheide, wobei er feststellte, daß der Griff völlig blutverschmiert war. Seufzend versuchte er, Ordnung in seine jagenden Gedanken zu bringen; aber er empfand immer noch das Grauen des wilden und erbitterten Kampfes Mann gegen Mann. Er sah Gesichter vor sich, hörte Schreie und Stöhnen.
    War es diesen ungeheuren Preis wert gewesen?
    Und morgen, nein, heute würde all das noch einmal von vorn anfangen.
    Er hörte Quinn sagen: »Sie brauchen mehr Pulver für die Kanonen!
    Kannst du das erledigen?«
    Eine anonyme Gestalt in kariertem Hemd und weißer Hose eilte von dannen, um seinen Befehl zu übermitteln.
    Quinn blickte ihn an. »Wenn du Major Paget Bericht erstatten willst, dann bleibe ich hier und beaufsichtige das.« Wartend beobachtete er Bolithos angestrengtes Gesicht und fügte hinzu: »Ich kann es, wirklich!«
    Bolitho nickte. »Ich wäre dir dankbar, James. Bin gleich wieder zurück.«
    Jetzt ließ sich Stockdale vernehmen: »Ohne Rowhurst brauchen Sie einen guten Geschützführer, Sir.« Er lächelte Quinn ermutigend zu: »Weiterhin so viel Erfolg, Sir!«
    Bolitho bahnte sich durch Gruppen von Verwundeten einen Weg ins Fort. Jede r von ihnen war ein kleines Eiland des Schmerzes im Schein der Laternen. Das Tageslicht würde ihnen erst den vollen Umfang dessen eröffnen, was sie erlitten hatten.
    Paget stand in seiner Stube, und obgleich Bolitho wußte, daß er die Verteidigung vom ersten Augenblick an überwacht und persönlich geleitet hatte, sah er aus, als hätte er den Raum kein einziges Mal verlassen.
    Jetzt sagte er zu Bolitho: »Natürlich werden wir den Damm heute nacht auch weiterhin halten.« Er zeigte mit einladender Geste auf eine Weinflasche. »Morgen werden wir jedoch die Evakuierung einleiten. Wenn das Schiff kommt, schicken wir als erstes die Ve rwundeten an Bord und diejenigen, die während der Nacht Wache gestanden haben. Uns bleibt keine Zeit mehr für Bluff. Da sie Gefangene von uns haben, wissen sie auch, was wir planen.«
    Bolitho ließ den Wein genüßlich durch seine Kehle rinnen. Gott, das schmeckte gut! Besser als alles, was er je gekostet hatte.
    »Was machen wir, wenn das Schiff nicht kommt, Sir?«
    »Nun, das würde die Sache vereinfachen.« Paget musterte ihn kalten Blickes. »Dann jagen wir das Fort in die Luft und kämpfen uns durch.« Er lächelte kurz. »Aber es wird nicht dazu kommen.«
    »Ah, ich verstehe, Sir.« Tatsächlich verstand er nichts.
    Paget warf ein paar Schriftstücke durcheinander. »Sie sollten jetzt schlafen, eine Stunde wenigstens.« Er hob die Hand. »Das ist ein Befehl! Sie haben gute Arbeit geleistet, und ich danke Gott, daß dieser Narr Probyn sich anders entschieden hat und nicht hiergeblieben ist.«
    »Ich möchte noch Mr. Quinn lobend erwähnen, Sir.« Der Major verschwamm bereits vor seinen Augen. »Und die beiden Fähnriche.
    Sie sind alle sehr jung.«
    Paget preßte die Fingerspitzen zusammen und betrachtete ihn, ohne zu lächeln. »Nicht so alter Krieger wie Sie, was?«
    Bolitho nahm seinen Hut und ging zur Tür. Bei Paget wußte man sofort, woran man war. Er hatte ihn zum Schlafen abkommandiert, und der Gedanke daran ließ ihn gleich die Augen schließen und sich hinlegen.
    Gleichzeitig wußte er auch den wahren Grund von Pagets Fürsorge: Jemand mußte zurückbleiben und die Zündschnur anstekken.
    Das erforderte ein gewisses Maß an Geschicklichkeit.
    Bolitho ging an d’Esterre vorbei, ohne ihn zu sehen. Dieser ergriff die Weinflasche und sprach: »Haben Sie ihm das wegen morgen gesagt, Sir?«
    Paget hob die Schultern. »Nein. Er ist wie ich in seinem Alter.
    Mußte nicht erst alles gesagt bekommen.« Er blickte seinen Untergebenen an. »Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten!«
    D’Esterre trat lächelnd ans Fenster. Irgendwo jenseits des Wassers war sicherlich ein Glas auf das Fort gerichtet, auf dieses erleuchtete Fenster.
    Genau wie Bolitho hätte auch er sich eine Stunde Schlaf gönnen sollen. Aber dort draußen, noch verborgen im Dunkel, lagen viele seiner Leute in der gleichgültigen Haltung des Todes

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