Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
nie etwas anderes gewesen – kein Seemann, kein Leutnant.« Vage zeigte er auf das Gewirr von Wanten und Spieren über ihnen. »Aber ich halte diese Information für wertvoll, sonst würde ich nicht meine Schiffe und meinen Ruf aufs Spiel setzen. Es kümmert mich nicht, was ein weichlicher Regierungsbeamter von mir denkt. Ich möchte, daß dieser Krieg rasch beendet wird, mit mehr Trümpfen auf unserer Seite als auf der des Feindes.« Er sprach schnell, seine Hände unterstrichen mit knappen Bewegungen seine Worte, seine Befürchtungen.
    »Jeder verstrichene Tag bringt uns mehr Feinde, dem Gegner mehr Schiffe, mehr Waffen. Wir haben keine Geschwader mehr übrig, aber die Aktivität des Feindes ist so groß, daß wir jede seiner Bewegungen überwachen und abdecken müssen. Kein Handelsschiff ist ohne Geleitschutz mehr sicher. Wir sind sogar gezwungen, Kriegsschiffe in die Davis Strait hinaufzuschicken, um unseren Walfang zu schützen! Dies ist keine Zeit für Furchtsame oder Zauderer, die darauf warten, daß der Feind zuerst handelt.«
    Seine knappe, eindringliche Art zu sprechen, seine Gedanken mitzuteilen, war etwas Neues für Bolitho. Es kam ihm vor, als öffne sich seine enge Welt weit über den Rumpf des Schiffes hinaus und weiter in alle Seegebiete, wo Britanniens Autorität herausgefordert wurde.
    »Ich habe mich gefragt, Sir…« Bolitho zögerte und fuhr dann fort: »Warum Sie das nicht von Antigua aus erledigen ließen. Wir sind die vierfache Entfernung gesegelt, die ein Patrouillenschiff von dort bis zur Insel zu bewältigen gehabt hätte.«
    Coutts betrachtete ihn forschend und zunächst schweigend; sein eigenes Gesicht lag im Schatten, als suche er in Bolithos Frage nach Spuren von Kritik.
    Dann sagte er: »Ich hätte die Spite zum Admiral nach Antigua schicken können, das wäre zweifellos schneller gegangen.« Er wandte sich ab. »Aber hätten sie dort etwas unternommen? Kaum.
    New York und die Bedrohung durch Washingtons Armeen scheinen von der Karibik aus unendlich weit entfernt zu sein. Nur vom Oberbefehlshaber hätte diese Anforderung kommen können, und da Sir George Helpman ihm über die Schulter sieht, zweifle ich, daß er mehr getan hätte, als einen Bericht an die Admiralität nach London zu schicken.«
    Bolitho verstand. Eine siegreiche Seeschlacht war etwas anderes als der zähe Kleinkrieg hinter den Kulissen.
    Coutts hatte Beweise in Händen, aber sie genügten nicht. Zu viele Leute waren gefallen, und jetzt, nach Probyns Gefangennahme und dem Verlust der Prise würde im fernen London möglicherwe ise sogar die Zerstörung von Fort Exeter als unbedeutend angesehen.
    Mit der Genehmigung eines weiteren risikoreichen Unternehmens war kaum zu rechnen.
    Andererseits konnte ein rascher, entschlossener Angriff auf eine Nachschubbasis direkt vor der Nase der Franzosen, die ihre Neutralität wie eine falsche Flagge zur Schau stellten, das Gleichgewicht wiederherstellen; besonders dann, wenn er erfolgreich beendet war, bevor ihn irgend jemand verbieten konnte.
    Coutts schien seine Gedanken zu lesen. »Merken Sie sich eins, Bolitho. Wenn Sie einen hohen Rang erreicht haben, fragen Sie nie oben nach, was Sie tun sollen. Die höheren Geister bei der Admiralität neigen stets viel eher dazu, nein zu sagen, als ein Risiko einzugehen, das ihre wohlgeordnete Existenz gefährden könnte. Selbst wenn Sie Ihre Karriere, ja Ihr Leben aufs Spiel setzen, handeln Sie immer so, wie Sie es für richtig halten, und wie es für Ihr Land am besten ist. Wer nur handelt, um seinem Vorgesetzten zu gefallen, dessen Leben ist eine Lüge.«
    Pears trat, kaum sichtbar in dem schwindenden Licht, auf sie zu und sagte schroff: »In einer Stunde können wir Segel kürzen, Mr.
    Bolitho, aber ich werde nicht beidrehen, dafür ist die Strömung hier zu stark.« Er blickte den Admiral an und fügte hinzu: »Wir müssen auch für die zurückkehrende Spite auf Position sein.«
    Coutts nahm Pears Arm und führte ihn weg, aber nicht weit genug, als daß Bolitho den Ärger in seiner Stimme hätte überhören können, als er sagte: »Mein Gott, Sie treiben es zu arg, Kapitän! Ich nehme von Ihnen keine Anmaßung hin, weder von Ihnen noch von jemand anderem, hören Sie?«
    Pears knurrte etwas Unverständliches.
    Bolitho sah Couzens, dessen Gesicht im Schein der Kompaßbeleuchtung aufglühte, als er seine Eintragungen auf der Schiefertafel des Steuermannsmaaten machte. Er schien etwas zu symbolisieren: Jugend, Unschuld, Unwissenheit, je

Weitere Kostenlose Bücher