Zero Gravity
einem elektronischen Zahlenschloss gesichert war. Krack!
Ganz in der Nähe brach ein Zweig.
Kit schnitt unter der Farbschicht eine Grimasse, langte nach ihrem Kampfmesser…
… und schoss hoch, wobei sie den Ellbogen so fest nach hinten und oben rammte, wie es ihr nur möglich war. Sie traf etwas Hartes, hörte den dumpfen Schlag, ein Gurgeln, dann stürzte ihr Möchtegern-Angreifer auf den Waldboden. Ein Schwarm farbiger Vögel stob aus einem der Gebüsche auf; das Knattern ihrer Schwingen übertönte das Rauschen des Bluts in Kits Ohren.
Die Füchsin wirbelte herum, ihr Herz donnerte gegen ihre Rippen. Die Spitze ihres Kampfmessers war auf den Angreifer am Boden gerichtet, aber für ihn - oder besser gesagt sie, eine kleine, kräftige Gestalt in leichter Panzerung - war der Kampf vorüber. Der Kunststoff der Halsberge war zerschmettert, ihr Kehlkopf eingedrückt.
Kit grinste. Glück gehabt.
So laut die andere auch gewesen war, sie sah durchtrainiert aus und hätte beim reinen Kräftevergleich wahrscheinlich den Fußboden mit der Fuchs-Beta aufgewischt. Wer sie wohl sein…
… ein Ruck, ein grausamer Schmerz, ein schnell nachlassendes Prickeln entlang ihres Rückgrats - dann gaben Kits Beine nach, und sie stürzte nach vorn, genau auf ihr am Boden ausgestrecktes Opfer.
Mist.
Noch ein Ruck, und die Schwerkraft endete. Mit rasender Geschwindigkeit rauschte Kit Lacroze in die Höhe, den triumphierenden Jäger und ihren eigenen nutzlosen Körper hinter sich lassend. In größer werdenden Spiralen stieg sie höher und höher, schwerelos, bis sich der Dschungel unter ihr im Nichts auflöste. System: DEF-563-UI Planet: DEF IV (United Industries) Utini Raumstation. Archiv lll/2 Zur gleichen Zeit Zwar befanden sich die meisten Ergebnisse aus Forschung, Entwicklung und Planetenerkundung, die sich die für einen Großkonzern noch recht junge United Industries im Laufe der Jahre erarbeitet hatte, auf der KonzernHauptwelt Rogue, aber dennoch existierten zusätzliche Hauptarchive an anderen Orten. Daten verbrauchten im Regelfall nicht viel Platz, ließen sich einfach sichern und schnell übertragen, so dass es möglich war, äußerst wichtige Datenbestände auch an nicht ganz so wichtigen Orten aufzubewahren. Auch die Utini-Station beherbergte ein Hauptarchiv, in dem sensible Daten gespeichert waren.
Als Koordinatorin von »Erkundungsteams« und Leiterin mehrerer Forschungsprojekte gehörte Ayline Gantt einem anderen Verwaltungszweig an und sollte somit nicht wissen, welcher Natur die in Archiv III/2 aufbewahrten Daten waren … aber natürlich hatte sie ein hervorragendes Netzwerk auf der Station aufgebaut, das ihr Zugang zu allen möglichen Informationen verschaffte. In geringerem Maße galt das sogar für den Konzern, und darauf war sie stolz: Es würde ihr den schnellen Aufstieg innerhalb der Ränge von UI erleichtern.
Die Zeit, die die in kürzester Zeit kometenhaft aufgestiegene Gantt über ihre eigentliche Arbeit hinaus noch übrig hatte, investierte sie außer in die liebevolle Dekoration ihrer Wohnung in ihr Netzwerk - und vor allem ins Sammeln von Informationen über Kolleginnen und Kollegen: Wer hatte bei den Oberen einen Stein im Brett, wer kannte einen Sveep persönlich, wer musste kämpfen, um auf seinem Posten zu überleben? Ayline Gantt war berufliche Anerkennung sehr wichtig … weitaus wichtiger als das, was sie verdiente oder die Annehmlichkeiten, die sich daraus ergaben. Natürlich hatte sie sehr bald herausgefunden, dass Leistung in einem großen Konzern wie United Industries nur dann anerkannt wurde, wenn im Telefonbuch hinter dem eigenen Namen mindestens
»Mittleres Management« stand. Das stand auch hinter dem Namen von Neophytos Nomura, der zu den unglückseligen Gestrauchelten gehörte, die um ihr berufliches Überleben kämpfen mussten. Nomura schien mit der Koordination fünf kleiner R&D-Justifier-Teams leicht überfordert zu sein. Seine Teams wurden überwiegend für verdeckte Rettungsmissionen und die brutalere Variante von Industriespionage eingesetzt; eigentlich war vor allem letzterer »Forschungszweig« dafür bekannt, schnell große finanzielle Erfolge zu generieren, aber an Nomuras Händen klebte Scheiße.
Seit Ayline Gantt ihn kannte, folgte ein Misserfolg dem anderen. Seine Teams verloren Material, Personal und ließen Missionen scheitern, doch trotz allem war Nomura nicht bereit gewesen, sie neu zu mischen: »Es sind eingespielte Mannschaften«, pflegte er zu sagen, wenn er
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