Zero Option: Thriller
falls Tesseract irgendwelche Spuren hinterlassen hat. Wegen eines Haufens Gangster und Söldner machen sich die Weißrussen bestimmt keinen großen Kopf, aber was ist mit diesen Zivilisten? Da wird es Ermittlungen geben, und wir stehen noch mehr im Rampenlicht. Könnte sein, dass wir ein riesiges Problem an der Backe haben, solange er frei rumläuft. Das dürfen wir nicht zulassen.«
Procter seufzte. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er seine Fingerabdrücke überall im Hotel verteilt hat. Solange er nicht zu einem eindeutigen Unsicherheitsfaktor geworden ist, will ich kein Wort mehr über irgendwelche endgültigen Problemlösungen hören.«
»Die Beschützermentalität, die Sie für Ihr neues Haustier entwickelt haben, ist ja ganz rührend, Roland. Aber sobald er ein Unsicherheitsfaktor geworden ist oder wird, erwarte ich schnelles und entschiedenes Handeln.«
Procter nickte. »Selbstverständlich.«
Kapitel 37
Hindukusch, Afghanistan
Das gewaltige Flugzeug war 57,60 Meter lang, mit einer Flügelspannweite von 64,40 und einer Höhe von 12,53 Metern. Es handelte sich um eine Antonov AN-22 aus sowjetischer Produktion, eines der größten Frachtflugzeuge der Welt mit einer maximalen Nutzlast von über achtzig Tonnen. Diese Maximallast war mit den beiden teilweise zerlegten MiG-31 BM sowie den dazugehörigen Raketen und Ersatzteilen im Frachtraum erreicht.
Die Antonov zog in einer Höhe von sechstausendsiebenhundert Metern über dem Meeresspiegel ihre Bahn, während ihr Schatten über die schneebedeckten Gipfel des Hindukusch-Gebirges im Nordosten Afghanistans glitt. Der Himmel war blau und wolkenlos, die Luft dünn und ohne Turbulenzen. Die Antonov hatte ihre lange Reise auf einem Flugplatz vor den Toren der russischen Stadt Novosibirsk begonnen und auf ihrem Weg nach Süden bereits Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan überflogen, bevor sie in den afghanischen Luftraum eingedrungen war. Ihre bogenförmige Route würde sie noch über Pakistan, Indien, Thailand sowie etliche Gewässer führen, bevor sie ihr Ziel in Nordkorea erreicht hatte. Nordkorea und Russland grenzten zwar direkt aneinander, aber die gemeinsame Grenze wurde von der internationalen Gemeinschaft so stark überwacht, dass es viel zu riskant gewesen wäre, sie mit einem Flugzeug voll illegal gehandelter Waffen zu überqueren.
Jedes einzelne Besatzungsmitglied besaß große Erfahrung mit den überlangen Flügen, die notwendig waren, um Kasakovs Kunden rund um den Erdball zu bedienen. Sie waren insgesamt zu fünft: Pilot, Kopilot, Navigator und zwei Bord-Ingenieure. Alles Russen bis auf den ukrainischen Piloten. Er hatte schon in der sowjetischen Luftwaffe eine AN-22 geflogen, nur dass er jetzt, in Diensten von Vladimir Kasakov, hundertmal mehr verdiente als damals bei den Kommunisten. Die anderen vier waren zu jung, um für die Sowjetunion im Einsatz gewesen zu sein. Sie hatten vorher im privaten Sektor gearbeitet. Was genau sie für diesen Waffenschieber transportierten und wohin, hatte sie noch nie interessiert. Das Einzige, wofür sie sich interessierten, waren ihre großzügigen Gehaltsschecks.
Das Flugzeug war fast bis zu seiner maximalen Flughöhe aufgestiegen, und trotzdem lagen die Gipfel und Kämme der Berge keine tausend Meter darunter. Durch das unentwegte Zittern des Rumpfes und das Jaulen der vier gewaltigen Propeller konnte man zwar nicht gerade von einem friedlichen Flug sprechen, doch die verschneiten, in der grellen Sonne glitzernden Bergspitzen boten einen herrlichen Anblick.
Der Pilot hatte graue Haare, war ständig unrasiert und kaute ununterbrochen auf einer kalten Zigarre herum. Schon während der sowjetischen Invasion hatte er Antonovs nach Afghanistan geflogen, und das Land hatte sich in all den Jahren kein bisschen verändert. Es war ein verfluchter Ort, in alle Ewigkeit dazu verdammt, Schlachtfeld zu sein. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, weshalb die Sowjetunion überhaupt den Wunsch verspürt hatte, sich dieses Land einzuverleiben. Bald schon würde der Westen endgültig daraus vertrieben werden, und es konnte wieder in seine natürliche Barbarei zurückverfallen.
Beiläufig warf er einen Blick auf seine Instrumente, aber im Normalfall beachtete er sie kaum. Für ihn hatte Fliegen sehr viel mehr mit Instinkt zu tun als mit Messgeräten und künstlichen Horizonten. Es war sein Leben, war es schon immer gewesen, und er erledigte seine Arbeit mit einem selbstverständlichen
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