Zero Option: Thriller
glücklich.
Sotschi war das beliebteste Urlaubsziel Russlands. Hier gab es nicht nur Sandstrände und wunderbares Wetter, sondern ganz in der Nähe auch den Kaukasus mit seinen hervorragenden Wintersportbedingungen. Millionen Menschen kamen jeden Sommer hierher. Kasakov mied die von Touristen überlaufene Stadt genau wie die Lokale, in denen die russische Elite so schamlos ihren Reichtum zur Schau stellte. Die Einsamkeit seiner Datscha war ihm wesentlich lieber. Sie besaß einen Privatstrand, der auf einem Pfad durch den Wald erreichbar war. Dort konnte er sich erholen und entspannen, ohne von anderen Leuten oder, schlimmer noch, von deren Kindern belästigt zu werden.
»Wie ist das Wetter?«, erkundigte sich Izolda.
»Blauer Himmel, die Sonne scheint«, erwiderte Kasakov. »Endlich mal ein schöner Tag.«
»Prima«, meinte Izolda. »Vielleicht gehe ich ja nach dem Frühstück ein bisschen schwimmen.«
Victor sah hinter einem der Fenster im ersten Stock der Datscha einen Schatten vorbeihuschen. Der schmalen Statur nach zu urteilen, musste das Kasakovs Frau gewesen sein. Dessen kräftigere Silhouette folgte wenige Augenblicke später, aber wieder ging es zu schnell, um einen Schuss zu riskieren. Vor allem, da die Temperaturen kontinuierlich stiegen und der Himmel nach wie vor wolkenlos war. Noch ein paar Grad, dann war es ein perfekter Swimmingpool-Tag.
Die Dakota Longbow lag direkt neben Victor. Eine wasserdichte, mit Steinen beschwerte Decke schützte sie vor den Elementen. Wenn die Zeit gekommen war, würde es nur Sekundenbruchteile dauern, die Decke beiseitezuziehen und das Gewehr in Anschlag zu bringen. Das Zielfernrohr war bereits auf die richtige Entfernung eingestellt. Im Augenblick herrschte wenig Wind. Vier, fünf Stundenkilometer vielleicht, mehr nicht.
Bis auf das fröhliche Zwitschern der Vögel über seinem Kopf war kein Geräusch zu hören. Unter anderen Umständen hätte Victor einen Camping-Ausflug im Wald vermutlich richtig genießen können. Vielleicht kehrte er ja eines Tages genau deshalb nach Sotschi zurück. Aber dann sicher nicht an diese Stelle hier.
Er griff nach dem Strohhalm und trank einen Schluck Wasser, während er die Datscha im Blick behielt. Bald war der Auftrag beendet, und Victor war seinem namenlosen Auftraggeber endlich nicht mehr verpflichtet.
Noch einmal abdrücken, dann war er wieder ein freier Mann.
Der Amerikaner mit der Funkkennung Cowboy Bravo kniete unverändert im Unterholz, ungefähr zwanzig Meter rechts von der Zielperson. Aus seiner Position konnte er lediglich die Beine, die Ellbogen und das halbe Fernglas des Mannes erkennen. Der Rest wurde von Bodenpflanzen, Bäumen oder dem Regenschutz verdeckt. Aber das genügte ihm vollauf.
Erst wenn er den Befehl zum Schuss bekam, musste er mehr sehen.
Es knisterte in seinem Ohrhörer. »Hier Cowboy Daddy. Erbitte Lagebericht, Cowboys. Ende.«
Eine andere Stimme: »Cowboy Gamma. Ich bin acht Meter südwestlich der Datscha, neben dem Schuppen. Ich sehe Mr. und Mrs. VIP durch das Küchenfenster. Sie kochen Kaffee. Zwei Gorillas sind auch in der Gegend. Mrs. VIP trägt einen Badeanzug. Ende.«
»Hier Cowboy Bravo«, sagte der Mann mit dem Tarnumhang. »Ich befinde mich genau zwanzig Meter nördlich der Zielperson. Erwarte neue Befehle. Ende.«
»Verstanden«, erwiderte Cowboy Daddy. »Cowboy Gamma, Sichtkontakt zu Mr. VIP aufrechterhalten. Sobald er fällt, sagst du uns Bescheid, dann machen wir hier oben den Sack zu. Falls unser Mann darauf wartet, dass Mr. VIP nach draußen kommt, dann könnte es bald so weit sein. Bereithalten, Bravo. Ende und aus.«
Der Amerikaner war geduldig, aber er freute sich auf den Abschluss der Mission. Es würde ganz einfach werden.
Nur einmal abdrücken, und die Zielperson war ein toter Mann.
Izolda beendete ihr Frühstück und gab ihrem Ehemann einen Kuss auf die Wange. Sie saßen nebeneinander an der Frühstückstheke in der Küche der Datscha.
»Das war göttlich, Vladimir«, sagte sie. »Danke.«
Kasakov nickte und schlürfte an seiner Kaffeetasse. »War mir ein Vergnügen, wie immer.«
Sie schlang ihre schlanken Arme um seine breiten Schultern, streckte sich, um die Finger hinter seinem Rücken verschränken zu können, und gab ihm noch einen Kuss. »Ich bin so froh, dass wir weggefahren sind. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee ist, so angespannt, wie es in letzter Zeit zwischen uns war, aber jetzt finde ich es einfach wundervoll.«
»Und wo jetzt
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