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Zero Option: Thriller

Zero Option: Thriller

Titel: Zero Option: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wood
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Sonnenbrille versteckt.
    Als der Abend näher kam, kehrten sie ins Hotel zurück, duschten und zogen sich um. Das Radio spielte Chopins Andante Spianato et Grande Polonaise in Es-Dur, und Victor knöpfte sich mit einer Hand das Hemd zu, während die Finger der anderen sich sanft zur Musik bewegten und nicht vorhandene Tasten drückten.
    Adrianna, die gerade mit ihren Ohrringen beschäftigt war, sah es. »Spielst du Klavier?«
    »Schon seit Monaten nicht mehr.« Für die restlichen Knöpfe nahm er beide Hände.
    »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«
    »Ich hatte einfach keine Gelegenheit.«
    Er hatte unwillkürlich eines seiner kostbarsten Besitztümer vor Augen, ein Klavier, genauer gesagt ein Square Grand von Vose & Sons aus dem 19. Jahrhundert, das mittlerweile nur noch ein Haufen Staub und Asche war.
    »Ich glaube, in einer der Hotelbars steht ein Klavier. Die lassen dich bestimmt spielen, wenn wir fragen.«
    »Ich bin zu eingerostet. Ich will mich nicht blamieren«, sagte er und versteckte sich hinter seiner angeblichen Schüchternheit. Der wahre Grund für seine Scheu war, dass er schon so viele Jahre versuchte, sich so unauffällig wie nur möglich zu benehmen. So etwas wie Klavierspielen in der Öffentlichkeit wäre schlicht und einfach unvorstellbar gewesen.
    Er machte sich fertig und steckte, während Adrianna im Badezimmer war, seine Pistole rechts in den Hosenbund. Er würde darauf achten, dass sie immer an seiner linken Seite blieb.
    »Was sagst du dazu?«, wollte Adrianna wissen, als sie zurück ins Zimmer kam.
    Sie trug ein schwarzes Abendkleid, hatte sich einen Schal aus Kaschmir und Seide um die Schultern geschlungen und die Haare hochgesteckt. Sie sah fantastisch aus.
    Victor enttäuschte sie nicht und sagte: »Atemberaubend.«
    Ihre glänzenden Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln.
    Das Nationaltheater lag nur eine Querstraße vom Hotel entfernt. Elegante, aufwärtsgerichtete Scheinwerfer tauchten das beeindruckende, Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Gebäude in einen goldenen Schimmer. Victor ging zum Ticketschalter und ließ sich zwei vorbestellte Eintrittskarten für Puccinis Turandot geben. Sie saßen in einer Loge auf der Südwestseite und sahen sich die Vorstellung mit Operngläsern an. Adrianna ging voll und ganz in dem Spektakel auf und war durch die Arien zu Tränen gerührt. Anschließend spazierten sie durch den Park vor dem Opernhaus und sprachen über die Inszenierung.
    Andere Besucher taten es ihnen gleich, während Touristen das Theater fotografierten. Paare, die Händchen hielten, saßen auf den Steinbänken.
    Adrianna hängte sich auf Victors linker Seite ein und sagte: »Das war wirklich ein wundervoller Tag. Vielen Dank für die Einladung.«
    »War mir ein Vergnügen«, erwiderte Victor.
    »Als wir uns in Linz verabschiedet haben, da war ich mir nicht sicher, ob wir uns je wiedersehen würden.«
    »Wieso denn das?«
    Sie zögerte mit der Antwort, entweder, weil sie Mühe hatte, ihre Gedanken in Worte zu fassen, oder weil es ihr schwerfiel, das, was ihr auf der Zunge lag, auszusprechen. »Ich weiß auch nicht, irgendwie warst du so anders beim letzten Mal. Wie ein ganz anderer Mensch. Und ich war mir nicht sicher, ob ich dann noch zu dir passe.«
    »Ich wusste gar nicht, dass ich mich verändert habe«, sagte er, ohne es wirklich zu meinen.
    »Oh, keine Sorge«, erwiderte sie, weil sie einen Unterton gehört hatte, der von ihm gar nicht beabsichtigt gewesen war. »Ich finde das sehr positiv.« Sie betrachtete ihn und fuhr ihm mit schlanken Fingern durch das Haar. »Eine sehr positive Veränderung.«
    Er lächelte, um zu signalisieren, dass er ihrer Meinung war, auch wenn es nicht stimmte. »Ich bin froh, dass du das so siehst. Dann hast du dich also über meinen Anruf gefreut?«
    Sie lächelte und knuffte ihn sanft auf den Oberarm. »Aber natürlich hab ich das.«
    Sie gingen noch ein Stück.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte eine Frau auf Englisch mit britischem Akzent und stellte sich ihnen in den Weg.
    Sie war Ende zwanzig und in Begleitung eines Mannes, der aussah wie dreißig, vermutlich ihr Freund oder Ehemann. Sie trugen beide Freizeitkleidung, Jeans, T-Shirts, Turnschuhe. Der Mann war dunkelhaarig, die Frau blond. Sie hielt eine Kamera in der Hand. Beide lächelten. Breites, aufgeregtes Grinsen. Touristen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, wiederholte die Frau langsam, wobei sie Silbe für Silbe betonte. »Könnten Sie vielleicht ein Foto von uns machen?«

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