Zero Option: Thriller
dessen bewusst, dass er sich dem Bereich mit den Glasscherben näherte. Die Schreie des Angeschossenen übertönten jedes andere Geräusch, darum musste Victor aufpassen, um nicht mit einem von Krausses Männern zusammenzustoßen. Er wusste nicht, ob sie auf ihren Plätzen verharrten oder ebenfalls umherschlichen. Wenn das Treppenhaus auf Victors Seite gewesen wäre, dann hätte er einen Fluchtversuch gewagt, doch sämtliche Ausgänge lagen im Rücken seiner Gegner.
Der Angeschossene brüllte zwar ununterbrochen weiter, doch die Lautstärke seiner Schreie ließ langsam nach, während seine Kräfte schwanden. Nur noch wenige Minuten, dann würde er keinen Laut mehr von sich geben. Na los, kratz endlich ab, damit ich wieder was hören kann, dachte Victor.
Er blinzelte die letzten Schmutzreste aus den Augen, abgesehen von ein paar wenigen Staubkörnchen unter den Lidern. Unangenehm, aber immerhin konnte er seine Glock wieder sehen. Die Schreie waren mittlerweile kaum mehr als ein ersticktes Wimmern, und Victor konnte auch seinen eigenen Atem wieder hören. Er streckte die Glock weit nach vorn und wartete auf irgendeinen Hinweis, der ihm verriet, wo Krausse und seine Männer waren. Keine Bewegung war zu hören, keine panischen Atemzüge, nur das Stöhnen des Angeschossenen. Victor schlich weiter, auf die andere Seite des Fahrstuhls zu.
Der Fußboden unter seinen Füßen knarrte.
Zwei Schrotladungen schlugen in einen Kistenstapel ganz in seiner Nähe ein. Holzsplitter flogen in sämtliche Himmelsrichtungen. Einige prallten gegen sein Jackett. Er ließ sich bäuchlings zu Boden fallen, und schon einen Augenblick später fingen zwei Pistolen an, Feuer zu spucken. Kugeln durchschlugen die Kisten, die ihm Deckung gaben, oder sausten über seinen Kopf hinweg.
Die Schüsse hörten nicht auf. Seine Gegner deckten die gesamte nähere Umgebung ab, vertrauten auf ihre Feuerkraft und hofften auf einen Glückstreffer. Es war ein ohrenbetäubender Lärm. Victor musste entweder bleiben, wo er war, oder versuchen zu entkommen. Sich direkt in die Schusslinie zu begeben war keine gute Taktik, aber einfach nur still dazuliegen und zu beten, dass er nicht getroffen wurde, kam ihm noch sinnloser vor.
Immer wieder schlugen Projektile in seiner Nähe ein, trafen den Fußboden, die Kisten und Pfeiler. Eine Schrotladung riss einen Krater in den Holzfußboden, so dicht bei Victor, dass er das Vibrieren der Dielen spüren konnte. Ihm war klar, dass er nicht ewig so viel Glück haben konnte.
Die Schüsse kamen ins Stocken. Eine Pistole hatte das Feuer eingestellt. Zuerst dachte er, dass einer seiner Gegner nachlud, doch zwischen den Schüssen der anderen war noch ein Geräusch zu hören. Die Wassermusik von Händel.
Diesen Vorteil ließ Victor sich nicht entgehen. Schnell streckte er den Kopf um den Kistenstapel herum. Nichts zu sehen. Er versuchte es auf der anderen Seite und entdeckte, nur einen Sekundenbruchteil bevor das Telefon verstummte, durch den dünnen Stoff von Krausses billiger Anzughose das fahle, bläuliche Schimmern des Displays.
Victor zielte und schoss, einmal, zweimal, schnell hintereinander. Krausse schrie auf.
Victor war bereits auf den Beinen und losgelaufen, als Schrotflinte das Feuer erwiderte. Die mächtige Stichflamme am Ende des Laufs ließ für einen kurzen Moment seine Silhouette sichtbar werden, und Victor gab noch einmal zwei Schüsse ab. Schrotflinte fiel seitlich zu Boden und landete in einem schwach beleuchteten Bereich in der Nähe eines Fensters. Ausgesprochen tot.
Der letzte Gegner gab einen Schuss auf Victor ab. Das Mündungsfeuer zuckte am anderen Ende der Lagerhalle auf, knapp zwanzig Meter entfernt. Victor schoss ebenfalls, im Laufen, kam näher. Zu hastig.
Er wusste, dass er ihn verfehlt hatte, noch bevor der nächste Schuss aufblitzte. Die Kugel prallte gegen einen Metallpfeiler auf Victors linker Seite. Er wandte sich nach rechts, wollte aus dieser Entfernung nichts riskieren. Er hatte noch eine einzige Kugel.
Fünfzehn Meter, und sein Gegner schoss erneut, aus unveränderter Position, irgendwo in der Nähe des Waschbeckens. Die Kugel ging weit daneben. Er schoss nach Gehör, und Victor war ein sehr schnelles Ziel. Er schlug einen Haken nach rechts und stolperte über eine Kiste. Die nächste Kugel durchschlug eine Fensterscheibe.
Keine zehn Meter mehr. Sein Gegner schoss erneut, dieses Mal aus einer anderen Position, hinter einem Pfeiler. Victor konnte das Überschallknacken hören, so dicht
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