Zero Option: Thriller
Figuren verziert war. Während des Sonnenuntergangs fand er bei einer Fahrt mit einem Ausflugsboot über die Donau Gelegenheit, sich einerseits zu entspannen und gleichzeitig nach möglichen Verfolgern Ausschau zu halten, bevor er das Schiff verließ und den Hauptplatz im Herzen der Altstadt ansteuerte. Hoch aufragende Barockgebäude umschlossen den herrlichen Platz, und Victor ließ sich durch die Menschenmenge bis zur Dreifaltigkeitssäule in der Mitte des Platzes spülen.
Selbst wenn er nicht genau gewusst hätte, wo sie sich treffen wollten, er hätte sie mithilfe der Blicke und der verdrehten Köpfe der Männer auf dem Platz problemlos gefunden. Sie sah ihn nicht kommen, aber das war sowieso nur den wenigsten vergönnt.
Victor ergriff ihr Handgelenk, und sie wirbelte herum. Schnell wich ihre Überraschung einem Lächeln und dann einem Kuss. Dabei schlang sie ihm die Arme um den Hals.
In seinem Hotelzimmer war es dunkel. Victor lag nackt auf dem Bett. Die Laken waren zerwühlt und halb zu Boden gerutscht. Vor dem Bett stand eine Frau und sammelte ihre verstreuten Kleidungsstücke ein. Victor betrachtete sie und genoss den spektakulären Anblick ihrer langen, geschmeidigen Beine und des G-Strings, der ihm freien Blick auf ihre gebräunten Arschbacken gewährte.
Adrianna war Schweizerin, aber geboren in England, und sie sprach mit dem kultivierten Akzent einer britischen Aristokratin. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie weder Profikillerin noch Polizistin oder Agentin irgendeines Geheimdienstes war. In ihrer Gesellschaft konnte er sich entspannen – was mit jemandem, den er gerade erst kennengelernt hatte, ein Ding der Unmöglichkeit war. Victor traute keinem Menschen, aber Adrianna war einer der wenigen, denen er zumindest nicht komplett misstraute.
»Du solltest dich nicht so nach vorn bücken«, sagte er. »Die Belastung ist nicht gut für die Muskulatur im Lendenwirbelbereich. Du musst in die Knie gehen, dann haben auch deine Oberschenkel was davon.«
»Emmanuel, du bist wirklich voll mit überflüssigen Informationen.« Nach ein paar Sekunden warf sie ihm einen Blick zu und sagte dann: »Mach bitte mal das Licht an. Ich kann nichts sehen.«
»Es ist hell genug.«
»Für dich vielleicht. Aber ich hasse Karotten.«
»So funktioniert das doch gar nicht«, erwiderte er und streckte den Arm aus, um die Lampe auf der anderen Seite des Bettes einzuschalten. Sie war so platziert, dass sie keine Schatten auf das Fenster werfen konnte.
»Besser so?«
»Viel besser, danke.« Sie entdeckte das Gesuchte und richtete sich auf. »Ich wette, du hattest den ganzen Tag die Vorhänge zu, hab ich recht?« Er gab keine Antwort. »Kein Wunder, dass du so blass bist.«
Er wollte einen Schluck von seinem Scotch nehmen, stellte aber fest, dass das Glas leer war. Er sah zu, wie Adrianna den BH anlegte und ihre Brüste zurechtrückte. Dann holte sie eine kleine Haarbürste aus ihrer Schlangenleder-Handtasche und fing an, sich zu kämmen. Sie brauchte keine zwei Minuten, um sich von der zerzausten Gespielin in eine gepflegte Geschäftsfrau zu verwandeln. Victor hatte sie erklärt, dass das eine Kunstform sei.
Adrianna weigerte sich standhaft, ihm ihr Alter zu verraten. Wenn er fragte, dann sagte sie jedes Mal schlicht: »Alt genug.« Er sagte ihr nicht, dass er wusste, dass sie gerade erst dreißig geworden war und ein Geschichtsstudium in Cambridge abgeschlossen hatte, dass ihre Eltern tot waren und ihr Bruder in Amerika lebte. Er wusste außerdem, dass ihr die zarten Fältchen in den Augenwinkeln Kummer bereiteten und dass sie dachte, ihre Hüften seien zu breit, aber in Victors Augen war sie so vollkommen, wie es nur möglich war. Sie glaubte ihm nie, wenn er ihr sagte, dass sie wunderschön sei.
Sie besaß eine Wohnung in Genf und eine in London. In beiden kannte er jeden Quadratzentimeter, obwohl sie ihn noch nie zu sich eingeladen hatte. Auch von den Wanzen, die er dort installiert hatte, hatte sie keine Ahnung gehabt. Nachdem sie sich in einer Bar in Genf kennengelernt hatten, hatte er sie zunächst einmal eine Woche lang beschattet, bevor er sie angerufen hatte. Im Verlauf der folgenden Monate hatte er sie immer wieder beobachtet, in unregelmäßigen Abständen. Er hatte keinerlei Anlass zum Misstrauen entdeckt. Was ihn überrascht hatte. Irgendwann hatte er schließlich die Wanzen abmontiert, gewissermaßen als anonyme Aufmerksamkeit. Er war schließlich ein Gentleman.
Jetzt schenkte er sich ein
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