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Zero Option: Thriller

Zero Option: Thriller

Titel: Zero Option: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wood
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weniger Rücksicht als sonst.
    Daran hatte er sich erst gewöhnen müssen. Er schlief, wann immer er konnte und so lange er konnte. Wenn das nicht reichte, dann schlief er irgendwann wieder. Seine ersten Einsätze hatten ihm gezeigt, wie wichtig es war, jede sich bietende Möglichkeit zur Erholung zu nutzen, ganz egal, wie die Umstände gerade waren. Das war eine Lektion, die er bis heute fest verinnerlicht hatte. Wenn er ein bequemes Bett und acht Stunden ununterbrochenen Schlaf gebraucht hätte, um wirklich Top-Leistungen zu bringen, dann hätte er schon vor langer Zeit das Zeitliche gesegnet.
    Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die Victor sich antrainiert hatte, war eine bestimmte Atemtechnik, die ihn sehr schnell zum Einschlafen brachte. Aber dieses Mal funktionierte sie nicht. Gegen zwei kreischende Kinder und zwei brüllende Eltern hatte keine Atemtechnik der Welt eine Chance. Ohrstöpsel hätten wohl etwas gebracht, allerdings nicht nur ihm und seinem Schlaf, sondern auch möglichen ungebetenen Besuchern. Manchmal war es besser, zu früh aufzuwachen als überhaupt nicht mehr.
    Er hatte komplett angezogen geschlafen, wie immer. Jetzt zog er Hose und Hemd aus, machte seine Fitnessübungen und nahm anschließend ein Bad. Die Dusche wirkte zwar ausgesprochen verlockend, doch er widerstand der Versuchung. Solange sein Kopf unter der heißen Brause steckte, hätte jeder Amateur in sein Zimmer eindringen können, ohne dass er etwas davon mitbekam. Den Genuss einer Dusche hatte er sich ausschließlich in der Sicherheit seiner eigenen vier Wände gegönnt.
    Als die Wanne fast voll war, stieg er hinein. Das Wasser war so heiß, dass er sich beinahe verbrühte, genau so, wie er es gerne hatte. Langsam ließ er sich tiefer sinken, so lange, bis nur noch Kopf und Knie aus dem Wasser ragten. Anders als sonst üblich waren die Wasserhähne auf der der Tür zugewandten Seite montiert, sodass er baden konnte, ohne ständig die Edelstahlarmaturen im Rücken zu spüren. Er genehmigte sich eine halbe Stunde, was zwar unter taktischen Gesichtspunkten nicht besonders schlau war, aber er hatte die entspannende Wirkung des Bades dringend nötig. Die letzten zehn Tage waren ziemlich anstrengend gewesen. Zwei Auftragsmorde und zwischendurch noch eine Schießerei. Und dann gab es Leute mit einem stinknormalen Bürojob, die behaupteten, sie hätten es schwer.
    Aber ihm war auch klar, dass er sich nicht beklagen durfte. Schließlich hatte ihn niemand zu diesem Leben gezwungen. Er beschäftigte sich nur ungern mit der Vergangenheit, aber er wusste, dass er jeden einzelnen Schritt, der ihn zu dem gemacht hatte, der er heute war, aus freien Stücken gegangen war, schon damals, als er noch gar nicht gewusst hatte, in welche Richtung das alles letztendlich führen würde. Es war das, was er gut konnte, was er schon immer gut gekonnt hatte. Angefangen beim ersten Fuchs über den ersten getöteten Feind bis hin zu Farkas.
    Er schloss die Augen und ließ den Kopf unter Wasser gleiten, begrenzte diesen Luxus jedoch auf lediglich dreißig absolut göttliche Sekunden. Da fiel ihm ein Satz ein, den er von einem Kollegen einmal gehört hatte: Wenn dir etwas nicht gefällt, dann hör auf, es zu tun. Eine ganz einfache Aussage, aber wahr. Wenn ihm seine Arbeit gefallen hätte, dann wäre sie ihm leichtergefallen, sehr viel leichter sogar, aber das Problem war, dass er auch nicht sagen konnte, dass sie ihm nicht gefiel. Dass die Menschen, die er umbrachte, noch viel schlimmer waren als er selbst, machte da auch keinen großen Unterschied.
    Nach dreiundzwanzig Sekunden hob er den Kopf aus dem Wasser. Die entspannende Wirkung des Bades verpuffte. Er war mit einem Mal aufgeregt, rastlos. Das hatte er jetzt von dieser ganzen Nachdenkerei. Er stieg aus der Wanne. Wasser platschte auf den Boden.
    Später nahm er in einem nahe gelegenen Restaurant eine eiweiß- und kohlenhydrathaltige Mahlzeit, bestehend aus Forelle und Speckknödeln, zu sich. Er saß alleine an einem Ecktisch. Das Essen war gut, aber die darin enthaltenen Nährstoffe waren ihm wichtiger. Der Kellner, vermutlich ungefähr in Victors Alter, sah müde und alt aus. Victor gab ihm ein stattliches Trinkgeld.
    Er musste mehrere Stunden rumbringen und erkundete das Zentrum von Linz, besuchte das Lentos Kunstmuseum, das Schlossmuseum und den im 17. Jahrhundert erbauten Alten Dom mit seinem kunstvoll geschnitzten Chorgestühl, das mit zahlreichen furchterregenden, zum Teil fast dämonisch wirkenden

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