Zero Option: Thriller
Fenster auf den äußeren Wandsims klettern, aber das setzte voraus, dass sein Gegner ihn gewähren ließ.
Victor rührte sich nicht von der Stelle. Er wartete. Wenn der Beobachter etwas von ihm wollte, dann musste er kommen und ihn holen. Das Wohnzimmer war der größte zur Verfügung stehende Raum, darin konnte er sich am einfachsten verteidigen. Victor erkannte die Umrisse eines großen Sofas, die Sideboards an zwei Wänden, dazu einen Couchtisch, den Schreibtisch mit dem Computer und zwei Stühlen. Allesamt Hindernisse für einen Angreifer, alles potenzielle Verteidigungswaffen.
Er hörte leise Schritte vor der Eingangstür. Kurz danach ertönten schallgedämpfte Schüsse, und die Tür hatte sechs Löcher. Zwei oben, zwei in der Mitte und zwei unten. Alle in gerader Linie. Victor befand sich weit genug außerhalb des Schussfeldes, um sich davon nicht beeindrucken zu lassen.
Für einen Moment dachte er, dass der Beobachter keine Schlüsselkarte hatte, doch dann klickte das Schloss, und Victor spürte den sanften Luftzug, als die Tür aufging. Es machte viermal klack , als der Beobachter vier Schüsse quer durch das Zimmer jagte. Erneut brauchte Victor sich nicht von der Stelle zu rühren.
Der Beobachter trat ins Zimmer, langsam und kontrolliert. Er wusste, dass sein Gegner unbewaffnet war. Wie erwartet hatte er sich das Nachtsichtgerät aufgesetzt, sodass er das dunkle Wohnzimmer als hellgrauen Schatten wahrnahm, während Victor sich deutlich sichtbar als dunkelgrauer Umriss mit schwarzem Kopf und schwarzen Händen abheben würde. Der Beobachter sah ihn nicht.
Aber Victor sah den Beobachter.
Die Infrarot-Optik des Nachtsichtgeräts saß etliche Zentimeter vor den Augen. Dadurch wurde das seitliche Gesichtsfeld auf kurze Distanz stark eingeschränkt. Victor stand direkt neben der Tür, höchstens dreißig Zentimeter von dem Beobachter entfernt, in seinem toten Winkel.
Er griff an, wollte die ausgestreckte Hand mit der Waffe packen, aber der Beobachter musste sich des Problems mit dem eingeschränkten Gesichtsfeld bewusst gewesen sein, jedenfalls riss er die Pistole weg, bevor Victor sie in die Finger bekam.
Stattdessen prallte Victor mit dem Mann zusammen, stieß ihn rückwärts gegen die Tür, so fest, dass er beim Aufprall laut aufstöhnte. Bevor er sich davon erholen konnte, rammte Victor ihm einen Ellbogen ins Gesicht, unterhalb des Nachtsichtgeräts, spürte, wie er gegen den Wangenknochen prallte und dann seitlich am Gesicht abrutschte, während er mit der linken Hand das rechte Handgelenk seines Gegners mitsamt der Waffe packte und an die Wand drückte.
Die Reaktion bestand in einem kurzen Haken in den Magen, nicht so stark, dass er ernsthaften Schaden angerichtet hätte, aber genug, um wehzutun. Die Kevlarweste nahm ihm einen Teil der Wucht, aber nicht viel. Es folgten noch ein paar weitere linke Haken. Victor verzog das Gesicht und schlug noch etliche Male mit dem Ellbogen zu, ohne wirklich voll zu treffen. Der Kopf des Beobachters war ein schlüpfriges Ziel, das geschickt mal nach rechts und mal nach links pendelte.
Victor änderte seine Taktik, trat einen halben Schritt zurück, ließ das Handgelenk seines Gegners los, packte den Mann mit beiden Händen an den Schultern und riss das Knie nach oben. Der Beobachter reagierte gerade noch rechtzeitig, und das Knie traf ihn etwas oberhalb des Unterleibs. Er verzog zwar das Gesicht, doch der Stoß hatte nicht genügend Nervenenden getroffen, um ihn außer Gefecht zu setzen.
Das Nachtsichtgerät wurde, getrieben von einem heftigen Kopfstoß, gegen Victors Schläfe gerammt. Lichtblitze zuckten über seine Netzhaut, und er taumelte rückwärts, berappelte sich aber gerade noch rechtzeitig, um die Hand mit der Waffe zu packen, bevor sein Gegner sie auf ihn richten konnte. Während Victor noch benommen war, stürmte der Beobachter auf ihn los, warf sich mit ganzer Wucht auf ihn, drängte ihn weiter nach hinten, brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
Victor taumelte ein paar Schritte, bevor er mit der Hüfte gegen die Sofalehne stieß und sein Angreifer ihn darüberkippte. Victor ließ die Pistole los, rollte rückwärts über das Sofa zu Boden, landete auf den Füßen, machte zwei schnelle Schritte in die Dunkelheit und sprang zur Seite, noch bevor der Beobachter einen hastigen Schuss abgeben konnte.
Mit einem Satz war Victor bei ihm, riss ihm die Beine weg, und sie stürzten gemeinsam zu Boden.
Der Beobachter bekam den Großteil der Wucht des Sturzes zu
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