Zero Option: Thriller
hat, dich zu töten – worüber ich natürlich sehr froh bin –, ist genügend Beweis dafür, dass sein Ehrgeiz größer ist als seine Intelligenz. Er wird für seinen Mangel an Weitsicht büßen müssen.« Ariff blieb stehen und blickte Yamout an. »Es ist Krieg, Gabir.«
Yamout stieß hörbar den Atem aus und blinzelte in die Sonne. »Aber wie sollen wir zurückschlagen? Russland ist sehr weit weg.«
Ariff nickte. »Vergiss nicht, dass Kasakovs Reich sich mit unserem überschneidet. Wir machen in den gleichen Teilen der Welt Geschäfte, zum Teil mit denselben Kunden. Unsere Pfade kreuzen sich regelmäßig. Wenn er geglaubt hat, er könnte uns einfach wegwischen, ohne selbst verletzlich zu sein, dann hat er sich schwer getäuscht. Wir müssen unsere Hände nicht ganz bis nach Russland ausstrecken, wenn Kasakovs Arm schon ganz in unserer Nähe ist. Wir greifen seine Organisation an. Wir vernichten seine Lieferungen. Wir töten seine Schmuggler. Wir schneiden ihm die Finger ab, einen nach dem anderen, bis sein Reich nur noch ein verkrüppelter Torso ist.«
Mit einem Lächeln legte Ariff Yamout die Hände auf die Schultern. »Und dann, wenn er keine Kraft mehr hat, wenn er sich nicht mehr wehren kann, dann landen wir den tödlichen Schlag.«
Kapitel 31
Minsk, Weißrussland
Victor stieg aus dem Taxi in die Kälte, den Wind und den Regen, der seinen Mantel sofort dunkel färbte. Er ließ den Blick über das Grüppchen von Taxifahrern gleiten, die unter dem Dach einer Bushaltestelle standen, lachten, scherzten und Zigaretten rauchten. Sie waren die Einzigen, die nicht in Bewegung waren. Fußgänger hasteten mit hochgezogenen Schultern, die Köpfe zu Boden gerichtet, die Straße entlang. Bei diesem fürchterlichen Wetter wagten sich nur diejenigen ins Freie, die wirklich keine andere Wahl hatten. Das galt auch für Beschatter. Falls der Bahnhof also unter Beobachtung stand, dann mit Sicherheit von innen und nicht von außen. Victor hatte nichts dagegen.
Der Hauptbahnhof von Minsk war ein gewaltiges, modernes Bauwerk aus Beton und Glas, dessen beeindruckende Wirkung nicht einmal der kalte Dauerregen entscheidend schmälern konnte. Während Victor die Straße überquerte, bemerkte er zwei bewaffnete Polizeibeamte auf dem Vorplatz. Sie machten einen aufmerksamen Eindruck. Nichts Ungewöhnliches. Er sah unverdächtig aus, benahm sich unverdächtig, war nichts weiter als ein anonymer Geschäftsmann auf dem Weg nach Hause.
Das unangenehme Ziehen in seiner Magengegend ignorierte er einfach. Er umkurvte eine wartende weißrussische Familie, die sich nicht daran zu stören schien, dass sie einen großen Teil des Haupteingangs blockierte.
Das Flugzeug wäre die schnellste Möglichkeit gewesen, um wegzukommen, aber auch die am gründlichsten überwachte, regulierte, eingeschränkte und daher mit Abstand die beste Möglichkeit, um erwischt zu werden. Ein Auto hätte größtmögliche Freiheit geboten, brachte aber auch gewisse Nachteile mit sich. Mit einem gestohlenen Wagen würde er Schwierigkeiten mit der Polizei riskieren, und wenn er sich einen Mietwagen nahm, machte er eine seiner falschen Identitäten öffentlich. Die Bahn war zwar auch nicht perfekt, aber in der Regel die beste Lösung. Er konnte bar bezahlen, brauchte keinen Ausweis vorzuzeigen und hinterließ auch sonst keinerlei Spuren bis auf die Fahrkarte, die aber vernichtet werden konnte, sobald sie nicht mehr gebraucht wurde.
Als Junge hatte er Züge geliebt und endlose Stunden damit zugebracht, auf den Bahnhof zu starren, den er von seinem Zimmerfenster aus sehen konnte. Damals hatte er sich gewünscht, Lokomotivführer zu werden. Stattdessen ermordete er jetzt andere Menschen und wusste die Eisenbahn nur noch deshalb zu schätzen, weil sie sich gut als Fluchtfahrzeug eignete.
Im Inneren der Bahnhofshalle ging es laut und sehr lebhaft zu. Victor schob sich zwischen zahlreichen Feierabendpendlern und Reisenden hindurch. Seine Augen waren wenigstens teilweise versteckt hinter einer Fensterglasbrille, und er musterte pausenlos die Gesichter der Menschen, die an den Wänden lehnten oder saßen, an den Stellen, wo auch er sich postiert hätte, wenn er Neuankömmlinge beobachten wollte. Er suchte nach Anzeichen für ein Erkennen, nach verräterischen Handlungen oder Bewegungen, konnte aber nichts entdecken. Trotzdem entspannte er sich nicht. Nur, weil er nicht merkte, dass er beobachtet wurde, bedeutete das nicht, dass es auch wirklich so war. Wenn Petrenkos
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