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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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gewinnt, wer am stärksten, am cleversten, am effizientesten organisiert und am besten bewaffnet ist. Ein Unternehmen setzt sich umso eher auf dem Markt durch, je mehr das Gummiband gedehnt wird. Reizt man seine Elastizität beim Kokain noch ein wenig weiter aus, dann kann man auch in allen anderen Wirtschaftssparten gewinnen. Nur das Gesetz vermag das Gummiband zum Zerreißen zu bringen. Aber selbst wenn das Gesetz zu den kriminellen Wurzeln vordringen und versuchen könnte, sie auszureißen, gelänge es ihm nur schwer, alle legalen Unternehmen, alle Immobilieninvestitionen und Bankkonten aufzudecken, die dank des weißen Pulvers und der Überdehnung des Gummibands bereits akquiriert wurden.
    Kokain ist ein trügerisches Gut. Seine weiße Unschuld verstellt den Blick auf die Arbeit von Millionen Menschen, von denen niemand sich so bereichert wie jene, die in der Wertschöpfungskette an der richtigen Stelle sitzen. Die Rocke-feller des Kokains wissen, wie ihr Produkt entsteht, sie kennen jeden einzelnen Verarbeitungsschritt. Sie wissen, dass der Samen aus mindestens drei Jahre alten Pflanzen stammen muss und dass dreimal im Jahr geerntet wird. Sie wissen, dass die Blätter des Cocastrauchs binnen vierundzwanzig Stunden nach der Ernte getrocknet werden müssen, weil sie sonst verderben und unverkäuflich sind. Sie wissen, dass als Nächstes zwei Löcher in den Boden gegraben werden. In das erste kommt zu den getrockneten Blättern Kaliumcarbonat und Kerosin, eine
    Mischung, die gut zerstampft werden muss, zu einem grünlichen Brei, Kokaincarbonat, der gefiltert in das zweite Erdloch kommt. Sie wissen, dass jetzt konzentrierte Schwefelsäure hinzugefügt werden muss und dass auf diese Weise basisches Kokainsulfat entsteht, das Rohkokain (pasta basica), das man trocknen lässt. Sie wissen, dass für die letzten Schritte Aceton, Salzsäure und absoluter Alkohol notwendig sind und dass die Masse immer und immer wieder gefiltert und dann erneut getrocknet werden muss. Sie wissen, dass man auf diese Weise Kokainhydrochlorid erhält, das man gemeinhin als Kokain bezeichnet. Die Rockefeller des Kokains wissen, dass man für ein halbes Kilo reinstes Kokain sechs Zentner Cocablätter und einen Trupp Arbeiter in Vollzeit braucht. Wie jeder Firmenleiter verfügen auch die Kokainproduzenten über ein unternehmerisches Grundwissen. Vor allem aber wissen sie, dass die große Masse der Bauern, Dealer und Fahrer, die ein klein wenig mehr verdienen als in jedem anderen Job, aber dennoch aus der Armut nicht herauskommen. Sie sind Handlanger, ein Heer austauschbarer Untertanen in einem sich ewig perpetui-erenden System der Ausbeutung, das nur ein paar wenigen Reichtum beschert. An der Spitze stehen jene, die den Weitblick besaßen zu verstehen, dass auf dem langen Weg des Kokains von den Blättern der kolumbianischen Cocasträucher bis zur Nase des Gelegenheitskoksers das große Geld im Verkauf, im Wiederverkauf und in der Preisgestaltung gemacht wird. Denn wenn es stimmt, dass ein Kilo Kokain in Kolumbien für 1500 Dollar, in Mexiko für einen Preis zwischen 12 000 und 16 000, in den USA für 27 000, in Spanien für 46 000, in Holland für 47 000, in Italien für 57 000 und in Großbritannien für 77 000 Dollar verkauft wird; wenn es stimmt, dass der Preis für ein Gramm Koks zwischen 61 Dollar in Portugal und 166 Dollar
    in Luxemburg schwankt (in Frankreich sind es 80, in Deutschland 87, in der Schweiz 96 und in Irland 97 Dollar); wenn es des Weiteren stimmt, dass man ein Kilo reines Kokain auf durchschnittlich drei Kilo strecken kann, das grammweise verkauft wird - wenn all das stimmt, dann muss derjenige, der diese ganze Kette beherrscht, zu den reichsten Männern der Welt zählen.
    Ein neues mafiöses Bürgertum hat heute den Kokainschmuggel fest im Griff. Über den Vertrieb erobert es immer neue Umschlagplätze. Ein Risikospiel von planetarischen Ausmaßen. Auf der einen Seite gibt es die Produktionsgebiete, die zu Feudalgütern werden und auf denen nur Armut und Gewalt gedeiht: Territorien, die mafiöse Gruppen durch kleine Dienste und Almosen beherrschen, die sie als Rechtsanspruch ausgeben. Es darf keinen Fortschritt geben, nur Pfründe. Wer sich aus dem Elend befreien will, darf keine Rechte einfordern, er muss Reichtümer beanspruchen. Reichtümer, die er verstehen muss sich anzueignen. Auf diese Weise pflanzt sich das einzige Erfolgsmodell fort, bei dem die Gewalt nur Mittel zum Zweck ist: zum Zweck der Macht, die errungen

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