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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Bedürfnisse befriedigt. Die Hände, die den Gummi halten, gehen immer weiter auseinander, sie können gar nicht genug bekommen und dehnen das Band immer noch einen Millimeter weiter in der Hoffnung, dass es noch Spielraum gibt. Notfalls verlagert man seine wirtschaftlichen Aktivitäten in den Osten, oder man versucht es mit Schwarzarbeit, um keine Steuern zahlen zu müssen. Man versucht, den Gummi so weit wie möglich zu dehnen. Damit muss sich jeder Unternehmer herumschlagen.
    Einen Marc Zuckerberg gibt es nur einmal in hundert Jahren. Nur sehr wenigen gelingt es, allein mit einer Idee das große Geld zu machen, und selbst wenn die Idee erfolgreich ist, generiert sie oftmals keine Wirtschaftsleistung von Bestand. Doch alle Waren sind dem Gesetz des Gummibands unterworfen. Alle bis auf eine. Das Kokain. Kein Markt der Welt wirft mehr Gewinne ab als der Kokainmarkt. Keine Investition ist ertragreicher als die Investition in Kokain. Nicht einmal die immer neuen Rekordstände von Aktien sind mit den »Zinserträgen« vergleichbar, die das Kokain abwirft. Als 2012 das iPhone 5 und das iPad mini auf den Markt kamen, wurde Apple zum Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert aller Zeiten. Die Apple-Aktien stiegen in einem einzigen Jahr um siebenundsechzig Prozent. Ein beachtlicher Zuwachs, in Finanzzahlen gerechnet. Hätte man Anfang 2012 1000 Euro in Apple-Aktien investiert, könnte man heute 1670 Euro sein Eigen nennen. Nicht schlecht. Hätte man das Geld in Kokain gesteckt, wären es jetzt 182 000 Euro, hundertmal mehr als bei einer Investition in die Rekordaktie des Jahres!
    Kokain ist eine Fluchtwährung. Kokain ist eine antizyklische Wertanlage. Kokain ist die einzige Wertanlage, die weder Ressourcenknappheit noch Inflation befürchten muss. In vielen Regionen der Erde gibt es keine Krankenhäuser, kein Internet und kein fließendes Wasser. Aber Kokain gibt es überall. Nach UN-Angaben wurden 2009 in Afrika 21 Tonnen Kokain konsumiert, in Asien 14 und in Ozeanien zwei Tonnen, in Lateinamerika und in der Karibik zusammen mehr als 101 Tonnen. Alle wollen es, alle konsumieren es, und wer einmal damit angefangen hat, kann nicht mehr davon lassen. Die Investitionen sind minimal, der schnelle Absatz ist garantiert, und die Gewinnmargen sind extrem hoch. Kokain ist leichter
    verkäuflich als Gold, und seine Erträge können höher sein als im Erdölgeschäft. Gold erfordert einen Makler und Zeit für Preisverhandlungen. Für Erdöl braucht man Brunnen, Raffinerien und Pipelines. Kokain ist die letzte Ressource, die eine ursprüngliche Akkumulation erlaubt. Selbst wenn du eine Ölquelle im Garten deines Hauses entdeckst oder eine Koltan-mine geerbt hast, mit der du alle Handys der Welt beliefern könntest: So schnell wie mit Kokain könntest du dir keine Villa an der Costa Smeralda kaufen. Mit einer kleinen Schraubenfabrik vom Tellerwäscher zum Millionär? Mit der Produktion von Autos aus dem Elend in den Überfluss? Vor hundert Jahren vielleicht. Heute müssen selbst die großen internationalen Konzerne, die Bedarfsgüter produzieren, und die letzten Automobilgiganten darum kämpfen, sich zu behaupten. Sie senken ihre Kosten, erweitern den in allen Branchen zunehmend stagnierenden Export bis in die hintersten Winkel der Erde und hoffen, dass durch positive Bilanzen die Aktien und Unternehmensanleihen steigen, weil sich mittlerweile ein immer größerer Gewinnanteil auf diesen Bereich verlagert hat.
    Keine börsennotierte Aktie kann es mit den Erträgen aus dem Kokainhandel aufnehmen. Die waghalsigste Investition, die frühzeitigste Spekulation und der schnellste Transfer riesiger Geldmengen - Operationen, die sich auf die Lebensbedingungen ganzer Kontinente auswirken können - erreichen keine auch nur entfernt vergleichbare Wertsteigerung. Wer auf Kokain setzt, häuft in wenigen Jahren ein Vermögen an, das die großen Holdings erst nach jahrzehntelangen Investitionen und Finanzspekulationen erreichen. Wenn eine Unternehmensgruppe Kokain unter ihre Kontrolle bringt, wächst ihr eine Macht zu, die in keiner anderen Branche möglich wäre. Von null auf tausend, eine gigantische Beschleunigung. Und deshalb herrscht in einer Wirtschaft, in der das Kokain Skaleneffekte erzielt, nur die nackte Gewalt. Beim Kokain gibt es nichts abzustimmen. Es gilt das Prinzip alles oder nichts. Mit Gewerkschaften und Geschäftsplänen, mit staatlichen Hilfen und vor Gericht anfechtbaren Bestimmungen kann man keinen Kokainhandel betreiben. Es

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