Zerrissenes Herz (German Edition)
verloren gegangen oder hatten vielleicht auch von Anfang an nicht existiert. Der Traum, mit Daisy und Charlie zusammen eine Familie zu bilden, war stark genug gewesen, um ihn anzutreiben. Aber die Realität drängte sich mehr und mehr in diesen Traum hinein.
„Hast du jemals das Gefühl gehabt, deine Ehe sei ein Fehler gewesen?“, fragte er Eddie.
„Meine Ehe mit Maureen? Mein Gott, nein. Ich habe alle Fehler gemacht, bevor ich sie geheiratet habe. Und wir sprechen hier von richtigen Böcken.“
„Anfangs dachte ich, ich hätte endlich geschafft, was ich schon immer hatte tun wollen: Charlie eine richtige Familie geben. Es ist ein Gefühl der Erfüllung, was aber, fürchte ich, etwas ganz anderes ist als Liebe.“
„Das ist der Punkt, an dem die wahre Arbeit an einer Ehe anfängt“, stimmte Eddie ihm zu. „Es soll aber eine Arbeit der Liebe sein.“
„Daisy und ich … Es ist irgendwie anders. Wir kennen einander seit der Vorschule. Wir haben Charlie bekommen. Wir haben ihn gemeinsam aufgezogen. Wir lieben einander, hatten aber nie die Flitterwochenphase. Wir sind eine Familie.“
„Und wie funktioniert das für dich?“
„Als wir zusammengekommen sind, war Charlie anfangs ganz begeistert. Das war alles, was er sich je gewünscht hat – wir alle drei zusammen als Familie. Jetzt, da wir das sind, stellt sich heraus, dass der Traum besser war als die Realität. Er hat Probleme in der Schule und gerät immer wieder in Auseinandersetzungen.“
„Woran liegt das deiner Meinung nach?“
„Ach, das kann tausend Gründe und keinen haben.“
„Ist er der Hauptgrund, warum ihr zusammen seid?“, wollte Eddie wissen.
„Darauf gibt es keine Antwort. Das ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei.“
„Dann lass es mich anders ausdrücken. Liebst du Daisy, weil sie die Mutter deines Kindes ist, oder liebst du sie, weil dunicht anders kannst?“
„Mist. Ich weiß die Antwort darauf nicht. Wir driften immer weiter auseinander. An den meisten Tagen ist Charlie unser einziger Berührungspunkt.“ Da, er hatte es gesagt. Den Gedanken trug er schon lange mit sich herum.
„Sieht sie das auch so?“
„Ich bin mir nicht sicher.“
„Hast du sie mal gefragt?“
„Nicht direkt. Was soll ich auch sagen? ‚Hey, Honey, bist du eigentlich meinetwegen oder wegen Charlie mit mir zusammen?‘ Sie würde ausflippen.“
„Oder auch nicht“, sagte Eddie.
Sie hatten ihre Joggingrunde fast beendet, Eddie fiel zum Runterkommen in einen etwas ruhigeren Trott. „Kann es sein, dass ihr beide das Gleiche denkt, aber keiner von euch es ansprechen will? Du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass es für keine Beziehung gut ist, Gefühle unter Verschluss zu halten und so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Und schon gar nicht, wenn einer von beiden ein Süchtiger ist. Sieh mich nicht so an! Du weißt, was ich damit meine.“
Logan wusste es. Es war an der Zeit, sein Gewissen zu prüfen – nicht gerade eine angenehme Aufgabe für einen Kerl wie ihn, einen Mann, der in seinen Alkohol- und Drogentagen so viel Schaden angerichtet hatte. Das Beste, was ihm je gelungen war, war Charlie.
Bei der Vorstellung, Charlie erklären zu müssen, dass es zwischen ihm und seiner Mom nicht so gut lief, zuckte Logan zusammen. Dass er und Daisy sich vielleicht eine Auszeit nehmen müssten, eine Trennung auf Probe, die aber auch für immer andauern könnte. Es war sehr verlockend, einfach weiter so zu tun als ob.
Charlie war allerdings nicht dumm. Der Kleine roch Ärger auf große Entfernung.
„Ich sag ja, Joggen ist ätzend“, murmelte Logan.
26. KAPITEL
J ulian saß allein im Briefingraum im Pentagon. Er war erst einmal zuvor hier gewesen. Von innen wirkte es wie jedes andere Regierungsgebäude auch – kalt und sachlich.
Sein Kopf dröhnte. Sein Magen war ein fester Knoten. Sein Geist raste wie verrückt von einem zusammenhanglosen Gedanken zum nächsten. Er wusste, er hatte es immer noch nicht ganz kapiert, dass er wieder ein freier Mann war.
An einer Wand stand ein Schreibtisch mit einer Lampe darauf, einem Block und einem Stift. Die Mitte des Raumes beherrschte der lange Konferenztisch, auf dem einige Wasserkrüge vor sich hin kondensierten. Er hatte bereits mehrere Gläser Wasser getrunken. In Gefangenschaft war frisches Wasser ein rares Gut gewesen.
In Gefangenschaft.
Die Uhr an der Wand zeigte 16:47. Vor zweiundsiebzig Stunden war er noch ein Gefangener in Kolumbien gewesen.
Jetzt trug er schlichte
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