Zerrissenes Herz (German Edition)
zu unserem Zusammentreffen in der Lobby des Apple Tree Inn gestern Abend wusste ich nicht einmal, dass wir miteinander ausgehen.“
„Sweetheart, das war doch seit Langem abzusehen.“
„Wir haben ja noch nicht mal herausgefunden, was das ist. Wie bezeichnest du das, was zwischen uns ist?“
„Wer sagt, dass wir das müssen? Wir sind zusammen, wir haben das tollste Kind der Welt, und alles ist einfach fantastisch.“ Er streckte sich genüsslich und stieß dabei einen Aktenordner vom Nachttisch. „Tut mir leid“, sagte er und hob die Fotos auf, die herausgefallen waren. „Hat das was mit deiner Arbeit zu tun?“
Nervös biss sie sich auf die Lippe, während er die Fotos durchsah. Es waren sehr persönliche Bilder, ihr Lebewohlprojekt für Julian. Die Aufnahmen des Tages, an dem sie all ihre Lieblingsplätze besucht hatte. „So in der Art. Allerdings keine Arbeit für die Firma.“
„Meine Güte, das will ich hoffen. Die sind ja völlig deprimierend.“Stirnrunzelnd betrachtete er das Foto eines Blattes, das von einem Fluss fortgespült wurde.
Wirklich? Wenn sie die Fotos anschaute, sah sie verschiedene Emotionen, nichts Deprimierendes. „Ich wollte sie zu einem Wettbewerb vom MoMA einreichen. An dem nehmen nur die richtig guten Fotografen teil, aber überhaupt mitzumachen ist schon immer mein Traum gewesen.“
„Damit noch mehr Leute deprimiert sein können? Honey, du musst dich nicht daran aufreiben, an Wettbewerben teilzunehmen und Fotos zu machen, die Leute in den Selbstmord treiben können. Bist du dieses Jahr nicht zur besten Hochzeitsfotografin von Ulster County gewählt worden? Du solltest bei dem bleiben, was du am besten kannst.“
„Ich denke unter der Dusche darüber nach.“ Sie schlüpfte aus dem Bett und fühlte sich sofort befangen. Schnell schnappte sie sich ihren Bademantel und zog ihn über. „Oh Gott, was für ein peinlicher Moment.“
Er lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und grinste sie an. „Nicht für mich. Und außerdem hat ein peinlicher Augenblick noch niemanden umgebracht.“
„Stimmt.“
„Und sie sind normalerweise auch schnell vorbei.“
„Deshalb spricht man ja auch von Momenten“, entgegnete sie nervös. Und bevor sie noch weitere lahme Kommentare von sich geben konnte, eilte sie ins Badezimmer. Lieber nichts mehr sagen, bevor man so lahm wird, dass man kaum noch gehen kann.
Seit sie angefangen hatte, sich mit Männern zu verabreden, waren ihr ganz neue Dinge wichtig geworden. Wie zum Beispiel ein sauberes Badezimmer. Auch das Thema Körperpflege bekam eine völlig neue Bedeutung. Charlie war egal, ob sie sich die Beine rasierte, aber nun war sie gezwungen, auf solche Details zu achten. Allerdings nicht an diesem Morgen. Heute wollte sie einfach nur schnell sein.
Das Haus, in dem sie wohnte, war schon ein wenig älter. Die Leitungen ächzten und stöhnten, als Daisy den Wasserhahn aufdrehte. Sie hatte eine alte Badewanne mit Klauenfüßen, die für ausgiebige Bäder wie geschaffen war. Doch wer hatte schon Zeit für ausgiebige Bäder? Die Duschvorrichtung war selbst gemacht und bestand aus einem an der Wand befestigten Duschkopf und einem Plastikvorhang, der an einer wackeligen Metallstange hing. Aber das heiße Wasser fühlte sich himmlisch an und half Daisy, die Verspannung im Nacken zu lösen. Sie seifte sich gerade ein, da bewegte sich der Vorhang.
Plötzlich stand Logan vor ihr.
„Hey“, sagte sie.
„Selber hey. Reich mir mal das Duschgel, bitte.“
„Hier drin ist nicht genügend Platz für uns beide. Das passt nicht.“
Zärtlich fuhr er mit seiner Hand über ihren Nacken und ihre Schultern. „Dann wird es eben passend gemacht.“
Trotz der Wärme des Wassers, das über ihre Haut lief, überlief ein Schauer der Erinnerung sie. Denn Logan hatte diese Worte schon einmal zu ihr gesagt, vor sehr langer Zeit. Er hatte sie in der Nacht gesagt, in der sie Charlie gezeugt hatten.
15. KAPITEL
November 2006
D aisy hatte gelogen, damit ihre Eltern ihr erlaubten, das Wochenende auf Long Island zu verbringen. Ihre Schulfreundin Frida diente als Vorwand. Fridas Familie besaß ein Strandhaus in Montauk – das war die Wahrheit. Daisy hatte ihre Eltern angebettelt, übers Wochenende dorthin fahren zu dürfen.
Das war die Lüge.
Die O’Donnells hatten auch ein Haus in Montauk. Logan O’Donnell hatte verlauten lassen, dass er dort am Wochenende eine Riesenparty geben würde. Seine Eltern waren in Irland, seine Freunde und er hätten das Haus
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