Zerrissenes Herz (German Edition)
Daisy.“
„Das funktioniert nicht“, warnte sie ihn, obwohl sie sich an ihn lehnte und die Hände an seine Brust drückte. „Du und ich, meine ich. Das passt nicht.“
„Dann wird es eben passend gemacht.“
Und das war die Nacht, in der sie Charlie gezeugt hatten. Es hätte jedoch auch bei mehreren anderen Gelegenheiten passieren können, denn sie hatten kaum etwas anderes getan. Sie waren an jenem Abend ineinander verliebt gewesen, sorglos, der Sex hatte ihnen geholfen, den jeweiligen Sorgen zu entfliehen. Keiner von ihnen hatte daran gedacht, dass jene Nacht unumkehrbare Folgen haben könnte. Beide hatten geglaubt – wenn sie denn überhaupt darüber nachgedacht hatten –, dass ihre Beziehung nur vorübergehend wäre.
16. KAPITEL
E s tut uns leid, Ms Bellamy“, sagte Mr Jamieson, der Direktor des MoMA Emerging Artists-Programms. „Wir werden Ihre Arbeit dieses Jahr nicht ausstellen. Der Wettbewerb war sehr, sehr stark dieses Mal.“ Er schob Daisy das Paket mit ihren Bewerbungsunterlagen und die Mappe mit den Originalabzügen über den Tisch zu.
Daisy versuchte, in diesem hellen, unordentlichen Büro in Midtown Manhattan Haltung zu wahren. Sie hatte gewusst, dass es so kommen würde. Die schlechten Neuigkeiten waren schon am Tag zuvor per E-Mail bei ihr eingegangen. Trotzdem, die ganze Zugfahrt nach Manhattan über hatte sie sich der Fantasievorstellung hingegeben, dass die Jury ihre Meinung noch ändern würde. Wir haben einen fürchterlichen Fehler gemacht, würden sie sagen. Auf gar keinen Fall können wir die diesjährige Ausstellung ohne Ihre Arbeit machen.
Sie hätte die E-Mail löschen und einfach weitermachen sollen. Stattdessen hatte sie beschlossen, ihr Portfolio persönlich abzuholen und den Rest des Tages mit Sonnet zu verbringen. Sie hatte versucht, mit Logan über ihre Enttäuschung zu sprechen, aber er verstand es einfach nicht. „Ist doch keine große Sache“, hatte er gesagt. „Schüttel es ab und mach weiter.“
„Ms Bellamy?“, wiederholte der Direktor freundlich und holte sie damit zurück in die Gegenwart. Die Geräuschkulisse von Manhattan – Hupen, Rufe, Pfiffe, Sirenen – erfüllte die Luft vor dem Fenster.
„Ich verstehe.“ Sie achtete darauf, kühl und professionell zu wirken. „Trotzdem vielen Dank, dass Sie mich in Betracht gezogen haben.“
„Sie haben hier viele Fans, und das schon seit Ihrer ersten Einreichung vor einigen Jahren. Es war eine schwere Entscheidung. Sie waren ganz nah dran.“
Gut zu wissen, dachte sie. Nah dran.
„Ich hoffe, dass wir für nächstes Jahr wieder mit einer Bewerbungvon Ihnen rechnen können. Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Das klingt abgedroschen, ich weiß, aber in unserem Fall stimmt es. Viele der Künstler, die angenommen worden sind, haben den Bewerbungsprozess schon mehrmals hinter sich gebracht.“
„Ich werde es im Kopf behalten.“ Absagen gehören dazu, sagte Daisy sich. Das hatte sie schon immer gewusst. Seit ihrem ersten Kodak-Kids-Preis, den sie in der dritten Klasse gewonnen hatte, war sie sich der Tatsache sehr bewusst gewesen, dass man von Menschen beurteilt wurde, wenn man seine Kunst öffentlich machte. Und diese Beurteilung war vollkommen subjektiv.
Ihr Beitrag war damals ein Foto gewesen, das sie von der Katze ihrer Freundin gemacht hatte. Die Aufnahme zeigte das Tier als Silhouette auf der Fensterbank, der Schwanz schwang sich wie ein Fragezeichen in die Luft, das von dem Baum vor dem Fenster perfekt gespiegelt wurde. Daisy hatte damit den zweiten Platz gemacht, und ein Juror hatte angemerkt, dass viele Menschen allergisch auf Tiere reagierten. Das beste Katzenfoto der Welt würde auf jemanden, der keine Katzen mochte, wenig Eindruck machen.
„Um ehrlich zu sein, ich bin einer Ihrer Fans“, sagte Mr Jamieson und riss Daisy erneut aus den Gedanken. „Von der letzten Einreichung zu dieser hier haben Sie eine enorme Entwicklung durchgemacht. Dieses Portfolio ist erwachsener und der Blickwinkel stärker. Und es ist auch in der Tonalität eine ganze Ecke dunkler.“
Die Liebe seines Lebens zu verlieren macht so was mit einem, dachte sie.
Sie traf sich mit Sonnet bei der UN, gemeinsam fuhren sie mit der U-Bahn nach Chinatown zum Lunch.
„Die sind verrückt!“, sagte Sonnet, als Daisy ihr das Ergebnis der diesjährigen Jury-Abstimmung mitteilte. „Total meschugge. Sie sollten dich anflehen, deine Sachen ausstellen zu dürfen.“
„Danke“, erwiderte Daisy. „Ich werde mich davon nicht
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