Zerrissenes Herz (German Edition)
auchgrößer. Charlie eine gute Mutter zu sein bedeutete für sie, auf eigenen Beinen zu stehen und für ihn und sich sorgen zu können.
Und jetzt bot sich diese vollkommen neue Gelegenheit. Mit Logan zusammen eine traditionelle Familie zu bilden.
Was für eine Vorstellung.
„Okay. Dann müssen wir nur noch überlegen, wann und wie wir es ihm sagen.“
Er lachte, zog sie in seine Arme und hob sie so hoch, dass ihre Füße den Kontakt zum Boden verloren. „Süße, das ist der leichteste Teil. Und ich habe eine großartige Idee!“
Sie schloss die Augen, ließ sich von seinem Lachen einhüllen; ja, sie war endlich bereit, in eine Zukunft weiterzugehen, die sie sich niemals hatte vorstellen können.
19. KAPITEL
D ie Nacht drückte schwer. Sein Kopf war zu schwer, um ihn anzuheben. Seine Beine und Arme auch; viel zu schwer. Sogar seine Lider – wie festgeklebt. Er versuchte, den Kiefer zu bewegen. Ohne Erfolg. Heilige Scheiße. Lag er etwa im Koma? Er hatte von Fällen gelesen, in denen jemand im Koma zu liegen schien, jedoch ausreichend kognitive Funktionen hatte, um sich seiner Lage auf einem gewissen Level bewusst zu sein.
Auf keinen Fall, dachte er. Auf gar keinen Fall würde er das zulassen, das war nicht sein Schicksal.
Ein Geräusch drang ihm aus der Kehle. Er war sich zumindest ziemlich sicher, dass das Geräusch von ihm gekommen war. Er konnte keine Wörter bilden, aber ein kehliges Brummen ausstoßen. Dann schaffte er es, die Lider einen winzigen, von den Wimpern beschatteten Spalt zu öffnen. Der Rollstuhl, der das letzte Jahr über sein Zuhause – seine persönliche Hölle – gewesen war, kam in sein Blickfeld.
Er versuchte, die Nachwirkungen des Traums so gut es ging abzuschütteln. Des Albtraums. Eigentlich war es weder das eine noch das andere; es waren die Erinnerungen, die ihn verfolgten, egal ob er wachte oder schlief. Der Traum, der sich wieder und wieder in seinem Bewusstsein abspielte, quälte ihn mit der Erinnerung, dass er dem Tod entronnen war, nur um sich in der Hölle wiederzufinden.
Seine Gedanken spielten die Ereignisse noch einmal durch, die ihn hierher gebracht hatten. Er hatte es nicht aus Kolumbien raus geschafft. Er war aus dem Helikopter geschossen worden und gefallen.
In den ersten Stunden nach dem Unfall war er so desorientiert gewesen. Vor seinen Augen hatten Blitze aufgeleuchtet. Ein seltsam taubes Gefühl hatte seinen Körper erfasst. Er erinnerte sich, dass er versucht hatte herauszufinden, wo zum Teufel er gewesen war. Was war mit seiner Einheit? Suchten sie nach ihm?Als er das erste Mal wieder zu sich gekommen war, hatte er sich in einem weißen Raum wiedergefunden. Weiß gekalkte Wände und Decken, weiße Vorhänge vor dem einzigen Fenster. Weiße Laken, die seine unbeweglichen Beine bedeckten. Eine weiße Tür, die aufschwang, ein Mann in einem weißen Kittel.
Ja, hatte Julian gedacht. Ich bin im Krankenhaus.
„Bewegen Sie Ihre Füße für mich!“, bat ihn ein gelangweilter Arzt.
Warum sollte der Arzt Spanisch mit ihm sprechen?
„Bitte, versuchen Sie, Ihre Füße ein wenig zu bewegen!“, hatte eine Stimme immer noch auf Spanisch wiederholt.
Ein Mann in olivfarbener Uniform war in das Zimmer gekommen. Er trug eine Schiebermütze und hatte einen Vollbart. Er war mit einer halbautomatischen Pistole bewaffnet und trug einen Patronengürtel. Der Stempel auf dem Stoff seiner Jacke identifizierte ihn als Palacio. Irgendein Deputy also. „Ich sehe, er ist wach. Glückspilz, so einen Sturz in den Ozean zu überleben. Wir werden sehen, ob ihm das Glück auch bei Don Benito weiter hold ist.“
Langsam hatte es Julian gedämmert, dass er nicht mehr unter den Guten war. Er war ein Gefangener, und dieses Krankenhaus gehörte zu dem Imperium des Drogenbarons. Benito Gamboa befehligte eine private Miliz, die besser ausgestattet war als die staatliche Armee. Offensichtlich gehörte Palacio zu Gamboas Sicherheitstrupp, und der Arzt stand vermutlich auch auf Benitos Gehaltsliste. Vielleicht war er auch gar kein Arzt. Der weiße Kittel könnte ebenso gut bedeuten, dass er für die Kokainproduzenten als Labortechniker arbeitete. Oder ein Folterspezialist war.
In diesen ersten Stunden der Gefangenschaft hatte Julian mit aller Willenskraft versucht, seine Füße zu bewegen, aber sie waren einfach nicht da. Er hatte seine nackten Beine und Füße gesehen, die mit wüsten Schnitten und blauen Flecken übersät gewesen waren, aber nicht zu ihm zu gehören schienen. „Ich
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