Zerrissenes Herz (German Edition)
eine Kiste mit Sachen, die Julian ihr gegeben hatte – Erinnerungsstücke, Bilder, kleine Geschenke, ihren Verlobungsring –, die sie im Haus ihrer Mutter aufbewahrte. Sie konnte sich nicht davon trennen, brachte es aber auch nicht über sich, diese Dinge in ihrneues Leben mit Logan mitzunehmen.
Das Vergleichen hatte aufgehört. Der Verlust würde für immer ein Schmerz in ihrem Herzen bleiben, und sie würde nie wiederfinden, was sie mit Julian gehabt hatte. In einem kleinen Eckchen ihres Herzens erkannte sie, dass Logan und sie nicht die gleiche große, atemlose Leidenschaft miteinander teilten, die sie bei Julian gefunden hatte. Ihre Liebe war etwas gewesen, was man nur einmal im Leben fand, und sie wusste es besser, als bei jemand anderem danach zu suchen. Ihre Beziehung mit Logan war ruhig und sicher, ein Band, das die gemeinsame Liebe zu ihrem Sohn gefestigt hatte. Sie musste aufhören, daran zu denken, was sie verloren hatte, und sich auf das konzentrieren, was sie haben konnte. Nach ihrer Heimkehr würden sie alle unter einem Dach leben. Eine Familie sein.
Endlich.
Die Aussicht erfüllte sie mit einer gewissen Zielstrebigkeit. Daisy hatte dem Vorschlag nicht blind oder überstürzt zugestimmt. Sie hatte es sich reiflich überlegt, genau wie Logan, und sie beide waren nicht nur fest entschlossen, alles zu tun, damit es funktionierte, sondern auch fest entschlossen, gemeinsam ein neues Glück zu finden. Zu dritt. Logan bot ihr Sicherheit, Stabilität, Geborgenheit. Und Erleichterung – guter Gott, süße Erleichterung vom Elend des Datings. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben, seine Freundschaft hatte ihr über ihre Trauer hinweggeholfen.
Sie konnte sich eine Zukunft mit ihm vorstellen. Logan würde ihr nie das Herz brechen … denn er würde ihr Herz nie besitzen; nicht so, wie Julian es besessen hatte.
Logan und sie gingen mit offenen Augen an die Sache heran. Keiner von ihnen ging davon aus, dass es leicht würde. Eine ernsthafte Beziehung zu beginnen fühlte sich ein wenig an, wie in ein fremdes Land zu ziehen. Sie musste eine neue Sprache lernen, eine neue Kultur. Aber Daisy war dazu bereit.
Während ihre Männer noch ein wenig Piraten spielten, fotografierte Daisy ein paar Details von Disneyland. Es war ein unglaublichheißer Augusttag in Anaheim, im Park wimmelte es nur so von aufgeregten Kindern und Familien. Die Künstlichkeit hatte eine eigene Schönheit – die makellosen, geometrisch angelegten Gärten, die bunten Farben, wo man auch hinschaute. Unansehnliches wurde durch geschickt gesetzte Pflanzen und Fassaden verdeckt, durch künstliche Steine und glänzende, großköpfige Figuren.
Es gab einen Teil des Zauns, an dem die Sprinkleranlage offenbar defekt war. Die Hecke dort war tot, ein Skelett aus dürrem Geäst. Dahinter konnte Daisy einen Maschendrahtzaun sehen und einen Parkplatz, auf dem sich die kleinen Elektrozüge für die Parkrundfahrten und butterblumengelbe Schulbusse drängten. Ein Bus hielt gerade am Bürgersteig und spuckte eine Gruppe aufgeregter Kinder aus, die meisten von ihnen mit brauner oder schwarzer Haut, und alle von ihnen trugen die T-Shirts ihrer Schuluniform.
Daisy zoomte ein kleines Mädchen heran, das so begeistert war, dass es kleine Pirouetten auf dem Bürgersteig drehte, sodass ihre kleinen Zöpfe in alle Himmelsrichtungen flogen.
Dann fiel Daisy die Schrift auf der Seite des Busses auf. „Chino Valley Unified School District“.
Das war die Schule, auf die Julian gegangen war. Er hatte nie viel über Chino, Kalifornien, erzählt, nur, dass er dort Probleme bekommen hatte, was ganz allein seine Schuld gewesen war. Er hatte das mit einem Lächeln gesagt und hinzugefügt: „Wäre ich kein jugendlicher Straftäter gewesen, wäre ich in jenem Sommer nicht ins Camp Kioga geschickt worden. Dann hätte ich dich nie kennengelernt.“
Die Gedanken an ihn schlichen sich oft so heran, trotz ihrer festen Entschlossenheit, sich auf die Zukunft zu konzentrieren und die Vergangenheit ruhen zu lassen. Nach Julians Tod hatte sie von gut meinenden Freunden oft gehört: „Zumindest hast du gemeinsame Erinnerungen, die du in Ehren halten kannst.“
Sie hatte Erinnerungen, und sie hielt sie in Ehren. Aber sie boten nur wenig Trost, wenn sie über all das nachdachte, was mitJulian im Ozean versunken war. Sie und er hatten einfach nicht genügend Zeit zusammen gehabt. Sie hatten ihre Träume, Fantasien und Wünsche geteilt. Aber sie hatten nicht genug Zeit
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