Zersetzt - Thriller (German Edition)
dem!« Er reichte ihn Julia entgegen.
»Beeil dich, die kom-m-men näher.«
Mit brachialer Gewalt stieß Julia das glänzende Teil mehrmals gegen den Rand des Gitters, bohrte und klopfte, bis es endlich seinen Widerstand aufgab.
Sie kletterten aus dem Lichtschacht, rannten über den Parkplatz und beteten, dass der Wagen diesmal anspringen würde, da sie die Stimmen der Verfolger bereits im Keller hinter sich vernehmen konnten. Das Stoßgebet wurde erhört, und die Zündung des klapprigen Golfs funkte bei der ersten Umdrehung des Schlüssels.
»Wenn wir weiterhin s-s-so gefährlich leben, s-s-solltest du über ein neues Auto nachdenken.« Julia war in diesem Moment viel zu aufgeregt und konnte sich kein Lächeln abringen.
Seit dem Unfall passte Julia die Geschwindigkeit und das Fahrverhalten den Vorschriften und Verkehrsbestimmungen an, doch jetzt drückte sie das Gaspedal nach unten. Ihr Fahrzeug war das einzige, das sich zu dieser späten Stunde auf der dunklen Landstraße befand. Einige Kilometer vor der Autobahnauffahrt konnte Julia entfernt Scheinwerfer im Rückspiegel erkennen.
»Die verfolgen uns.«
»Nu m-m-mal nicht gleich den Teufel an die Wand, da sind bestimmt noch andere Autos unterwegs.« Felix tätschelte zur Beruhigung Julias Hand, die sich krampfhaft am Steuerknüppel festhielt.
»Felix, die verfolgen uns, wer fährt denn sonst so schnell nachts über die Landstraße?«
Trotz der überhöhten Geschwindigkeit rückten die Lichtkegel im Rückspiegel weiter auf. Nur noch fünf Kilometer bis zur Autobahnauffahrt.
»Fahr s-s-schneller, Julia, du hast recht.« Sie hielt das Lenkrad mit beiden Händen fest umklammert. Durch den Adrenalinkick war ihre Müdigkeit verschwunden, dafür verspürte sie ein Krampfen in der Magengegend. Plötzlich tauchten die Bilder des Unfalls auf, ihr Bauch befahl ihr zu bremsen, doch der Kopf war stärker und ließ sie das Gaspedal bis zum Anschlag durchtreten. Felix, der ihre Angst bemerkte, legte seine Hand auf ihre Schulter.
»Ruhig, Julia, wir s-s-schaffen das.«
Der Abstand zu den Verfolgern hatte sich verringert, die Lichter waren bis auf etwa fünfzig Meter Entfernung heran gekommen. Das Schild am Straßenrand zeigte noch eine Strecke von zwei Kilometern bis zur Autobahn und der Grenze nach Deutschland. Die Landstraße wurde kurviger und Julia musste die Geschwindigkeit immer wieder drosseln. Die Beleuchtung der Grenze war in Sichtweite. Das Auto kam näher – ein Dacia. Der Innenraum des Golfs erhellte sich, und kurz bevor sie die Grenze erreicht hatten, gab es einen lauten Knall. Der schwarze Geländewagen mit Frontbügel prallte in das Heck von Julias Wagen. Durch einen kurzen, aber heftigen Ruck wurden ihre Körper gegen die Sicherheitsgurte gepresst.
Die Grenzen waren seit Jahren nicht mehr besetzt, dennoch standen dort einige Fahrzeuge des deutschen Zolls. Julia konnte nicht mehr klar denken, sie reagierte nur noch. Sie zog das Lenkrad nach rechts auf die Standspur und trat mit aller Kraft auf die Bremse. Der Geländewagen fuhr einige Meter an ihnen vorbei. Julia gab wieder Gas und hoffte, dass ihr Golf trotz seiner Beschädigung noch bis auf die deutsche Seite durchhalten würde. Sie fuhren an dem schwarzen Wagen vorbei, dessen Fahrer, sichtlich irritiert von dieser Aktion, Julia mit einem dümmlich wirkenden Gesichtsausdruck für einen kleinen Moment direkt in die Augen sah. Durch die Grenzbeamten abgeschreckt, stoppten die Jäger ihr Fahrzeug, wendeten und fuhren wieder in die entgegengesetzte Richtung.
»S-s-s-sie haben aufgegeben Julia, du kannst wieder langsamer fahren.« Beim nächsten Rasthof stoppte Julia den Wagen und überredete ihre zittrigen Gliedmaßen dazu, langsam aus dem Auto zu steigen. Sie liefen kopfschüttelnd am verbeulten Heck entlang in Richtung Rasthofrestaurant.
Felix brachte zwei Cappuccini und verschüttete einen Teil davon, bis er an ihrem Tisch angelangt war.
»Wie blöd muss man eigentlich sein? Wenn man schon einen auf “Schimanski“ macht, dann sollte man wenigstens nicht mit dem eigenen Auto unterwegs sein.«
Die lange Haarsträhne, die durch die Schweißperlen an Julias Stirn haftete, strich sie sich wütend aus ihrem Sichtfeld. Felix rührte unbeholfen in dem noch übrig gebliebenen Cappuccino, nahm einen Löffel voll Milchschaum in den Mund und sah sie etwas hilflos an.
»Shit – s-s-stimmt. Das Nummernschild – Mist.«
»Mein Wagen ist bestimmt schon eine Berühmtheit in der Szene,
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