Zersetzt - Thriller (German Edition)
zitterndes Schulterzucken von Bill. Julia kauerte sich nun noch dichter in die Ecke und umklammerte aufgeregt ihre angezogenen Knie.
»Was können wir tun? Das ist doch ausgesprochener M-M-Mist, wir s-s-s-sind hier drin gefangen wie ein Falter unterm Lampenschirm«, äußerte Felix aufgeregt.
»Immer mit der Ruhe«, raunzte Bill und rollte näher an den Bildschirm.
»Hier drin hat mich noch keiner gefunden, also seid still.«
Julia wusste genau, was passieren würde, wenn sie nicht baldmöglichst diesen engen Raum verlassen konnte. Daher waren ihre Gedanken an die möglichen Verfolger vor der Tür nur noch nebensächlich. Die Wände schoben sich Zentimeter für Zentimeter enger zusammen. Bis Felix neben Julia Platz nahm, hatte sie nicht bemerkt, dass sie die Luft anhielt. Während sie sich wieder auf ihre Atmung konzentrierte, flackerte der Monitor kurz auf und zeigte dann die Aufnahmen der Kameras. Vom Schreibtisch, auf dem ein heilloses und größeres Durcheinander herrschte als zuvor und dem Fenster – ohne Veränderung. Allerdings wusste Julia derzeit nicht, was schlimmer war: das, was Kamera drei gegenwärtig zeigte oder das, was Kamera vier nicht zeigte.
Julias Atmung wurde schneller. Je intensiver sie an die Decke starrte, um so eindeutiger kam diese näher. Kalter Schweiß bildete sich auf Julias Stirn und tropfte an ihren Schläfen herab. Imaginäre Fesseln schnürten sich langsam um ihren Brustkorb. Sie zogen sich zusammen und zerquetschten ihren Oberkörper. Das Vakuum in ihrem Kopf machte einer schwarzen, dicken Dunstwolke Platz. Die Moleküle zerbröckelten in ihrem Gehirn und schossen in die Atemwege.
»Julia, was ist los, du zitterst ja am ganzen Leib?«, fragte Felix besorgt.
»Kann nicht … enge Räume … Erlebnis … ich muss raus hier, sofort!«
»Das geht jetzt noch nicht«, fauchte Big Bill und winkte ab.
Da, wo zuvor noch die verriegelte Eingangstür gewesen war, konnte man jetzt bis ins Treppenhaus blicken. Zersprengte Putzbrocken waren überall verteilt. Die Staubschwaden verdunkelten das Bild und rieselten nur langsam zu Boden. Allerdings empfand Julia das, was Kamera vier zeigte, die das Regal im Fokus hatte, noch viel bedrohlicher. Ein Flimmern. Die Einbrecher waren nicht zu entdecken. Geräusche konnten die Flüchtlinge auch nicht vernehmen. Nichts, vollkommene Ruhe. Julia kauerte in der Ecke. Auch die freundschaftliche Umarmung von Felix konnte sie nicht beruhigen.
Durch den Lautsprecher im Monitor waren jetzt neben scheppernden und klirrenden Geräuschen Stimmen zu hören.
»Was für ne Drecksbude … wo ist der Scheiß?«
»Lass uns die Festplatten löschen, dann hat sich das erledigt«, sagte eine andere Stimme.
Die Kamera, die auf den Schreibtisch gerichtet war, zeigte zwei dunkel gekleidete Männer, deren Gesichter nicht genau zu erkennen waren. Einer beugte sich über die Tastatur und tippte wild darauf herum. Der andere schob eine CD ins Fach und sagte:
»So kann auch kein Spezialist der Welt die Daten wieder herstellen«. Dabei lachte er höhnisch.
»Dieses Spektakel m-m-m-muss doch jeder hier im Haus gehört haben, es wundert m-m-mich, dass keiner deiner Nachbarn die Polizei oder Feuerwehr verständigt«, flüsterte Felix nervös.
»Hier im Haus?« Der Hacker machte eine abwertende Handbewegung.
»Vergiss es. Erstens sind nicht alle Wohnungen vermietet, und zweitens rufen die, die hier wohnen, niemals freiwillig die Polizei. Und jetzt Ruhe.«
Die Atemübungen brachten nicht den gewünschten Erfolg und Julia hyperventilierte. Felix suchte sofort nach einer Tüte, aber das einzige, was er fand, waren die Verpackungen der Süßwaren und die Colaflasche. Er hob das Papier auf, legte beide gekreuzt übereinander und faltete sie so, dass die Öffnung noch genug Platz für Julias Nase und Mund bot. Es dauerte nicht lange und Julias Atmung normalisierte sich.
»Danke, Felix«, murmelte sie und streichelte über seine Hand, die auf ihrem Knie lag.
Als sie nach zwanzig Minuten nichts mehr hörten und auf den Monitoren keine Personen mehr ausmachen konnten, meldete sich Bill:
»Wir könnten jetzt einen Versuch starten, was meint ihr?« Felix sah zu Julia, die immer noch schweißgebadet in der Ecke des kleinen Verstecks hockte.
»Ja, mach auf«, erwiderte er. Bill drückte auf einen Knopf, und die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarren.
Langsam trauten sie sich aus ihrem Unterschlupf und sahen das komplette Chaos. Mr. Spock lag mit
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