Zersetzt - Thriller (German Edition)
Kopf an den Haaren nach hinten.
»Ich habe den Stick!«, rief Felix' Verfolger.
Der dunkelhaarige Mann ließ von Julias Haaren ab und umklammerte jetzt mit beiden Händen ihre Oberarme.
»Hilfe. Felix!« Von Felix war nichts zu sehen oder zu hören, allerdings tauchte jetzt dessen Verfolger neben Julia auf. Der kleine, glatzköpfige Typ packte Julia am Hals und würgte sie.
»Das geht einfacher, los, hoch mit der Braut«, sagte der andere. Sie hoben Julia auf die Mauer.
Sie zappelte und wollte sich losreißen, doch es gelang ihr nicht, die Unbekannten waren stärker. Der Abgrund rückte näher – noch ein Schritt. Julia sah jetzt in die verzerrten Gesichter ihrer Peiniger. Die Männer hatten die Arme und Oberschenkel von Julia fest im Griff, hievten sie nach oben und verpassten ihr einen heftigen Stoß über die Brüstung. Sie kippte nach hinten und stürzte ab.
Ob es tatsächlich so sein würde, dass in den letzten Sekunden das ganze Leben an einem vorbeizog? Wie lange ein Körper von hier oben brauchte, bis er auf dem Asphalt aufschlug? Und wie lange ihre Kräfte ausreichen würden – dachte Julia, als sie sich an einem kleinen Mauervorsprung festkrallte. Sie versuchte, mit ihren Füßen Halt zu finden, doch das Fenstersims der Wohnung unter ihr war viel zu weit entfernt. Sie sah nach oben, konnte aber niemanden ausmachen, die Unbekannten waren verschwunden.
»Hilfe«, stieß sie hervor – keine Antwort. Sie blickte nach unten auf die Straße, kein Mensch in Sichtweite. Ihre Finger schmerzten, die scharfe Kante bohrte sich ins Fleisch. Sie versuchte, sich hochzuziehen und mit den Füßen an der Hauswand abzustützen. Ihr Körper würde in die Tiefe stürzen und auf dem Boden aufschlagen. Ihre Knochen würden zersplittern. In Sekundenschnelle wäre ihr Leben ausgelöscht. Sie suchte entlang des Mauerwerks nach einer Möglichkeit, einem Ausweg. An dem Altbau waren Verzierungen auf der Hauswand angebracht. Sie holte Schwung und streckte ihre Füße aus, um die floralen Ornamente zu erreichen, es fehlten jedoch einige Zentimeter. Die Innenflächen ihrer Hände wurden aufgerissen und die Schmerzwelle marterte ihren Körper. Die Finger waren zu schwach, um die Last zu halten. Eine Hand rutsche ab.
»Festhalten!«
Felix steckte seine Arme durch den Spalt zwischen Mauer und Geländer und griff nach Julia. Sie nahm die andere Hand wieder zu Hilfe und hielt sich an dem schmalen Vorsprung fest. Felix zog mit ganzer Kraft und Julia mobilisierte ihre letzten Reserven. Es half nichts, sie glitt wieder ab. Felix sah sie an, sie wusste in diesem Augenblick, dass jegliche Bemühungen scheitern würden. Die gerade aufgekeimte Hoffnung verschwand. Das Blut aus den tiefen Schnitten in ihren Händen rann an ihren Armen herab. Felix wollte nicht aufgeben, lehnte sich weiter zu ihr nach unten und griff nochmals beherzt zu.
»Nicht aufgeben, Julia! Los, zieh!« Doch sie hatte keine Kraft mehr.
In dem Augenblick, als Felix Hände nur noch ihre Finger quetschten, tauchten zwei Männer hinter ihm auf, packten Julias Arme und schoben Felix zur Seite. Einer hielt sie fest, der andere kletterte über die Brüstung und zog Julia über das Geländer nach oben.
»Mensch, Frau Hoven, das war knapp.«
»Danke«, presste Julia heraus und sah zu Kriminalhauptkommissar Lenz und seinem Kollegen auf.
»Aber wie… woher wussten Sie?«
»Ein Bewohner hier im Haus hat angerufen. Nach langem Zögern hat er seinen Namen genannt: Bartholomäus Zaunbrecher. Und als der Name Felix von Westheim fiel, habe ich der Zentrale über Funk mitgeteilt, dass wir die Sache übernehmen. Ich denke, Sie müssen uns jetzt noch einiges erklären, Frau Hoven.« Felix half Julia auf ihre zittrigen Beine.
»Wir s-s-sollten aber erst einen Arzt aufsuchen«, sagte Felix und legte seinen Arm um Julias Schulter.
»Wir müssen sofort handeln. Erklären Sie uns bitte das Wichtigste hier und den Rest morgen in meinem Büro.«
Nachdem Julia ärztlich versorgt worden war, brachte Felix sie in ihre Wohnung.
»Was zum Teufel ist denn hier s-s-schon wieder passiert«, fragte Felix aufgeregt.
Die Wohnungstür war zerkratzt und stand halb offen. Das Türschloss baumelte an der letzten Schraube unter dem Knauf. Julia war geschockt über das erneute Chaos. Sie stieg über die Papierflut, die auf dem Boden verteilt lag, und setzte sich auf das aufgerissene Sofa.
»Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, wir m-m-müssen unbedingt m-m-mit der Polizei
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