Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition)
the Man , der zusammen mit seiner Frau bei einem Anschlag von Free UK getötet wurde. Mum hat zwar nichts mit der heutigen Politik zu tun und nutzt ihre Beziehungen meines Wissens auch nicht aus, trotzdem können sich die Lorder bei ihr keinen Fehler leisten. Wenn Mum nicht wäre, hätten die mich sicher nicht so sanft verhört.
Coulson verströmt Macht. Dabei ist er kein einfacher Schläger, auch wenn er bei der passenden Gelegenheit sicher vor nichts zurückschreckt. Alles an ihm ist kalte Berechnung.
Unsere Blicke begegnen sich. Winzige Schweißtropfen treten mir auf die Stirn.
Sieh weg!
Ich wende den Blick ab und widerstehe dem Impuls nachzusehen, ob er immer noch zu mir herschaut.
Er ist auch bloß ein Mensch. Ein fieser obendrein.
Selbst in seinen Adern fließt nur rotes Blut und er blutet wie jeder andere. Und das sollte er!
Die Versammlung beginnt. Der Direktor redet wieder endlos über die Leistungen der Schüler und lässt die üblichen Warnungen einfließen. Er fordert uns auf, unser Potenzial voll auszuschöpfen … usw …
Aber ich bin in Gedanken woanders.
In meiner Fantasie ist es Coulson, der Bens zuckenden Körper von seiner Mutter fortzerrt.
Coulson, der das brennende Streichholz auf Bens Haus wirft.
Coulson, der Lucy aus ihrer Familie reißt.
Wut steigt in mir auf, siedend heiße Wut. Nach außen gebe ich mich ruhig und aufmerksam, doch in meinem Inneren sieht es anders aus.
Wenn ich jetzt, in diesem Augenblick, eine Pistole in der Hand hätte, könnte ich sie auf Coulson richten und ihn erschießen. Er hätte es verdient. Wie alle Lorder.
Der harte Sitz unter mir, das Geschwätz des Direktors und der Saal voller aufmerksamer Schüler verschwinden. Meine Hand umklammert kaltes Metall, meine Augen fokussieren, nehmen Maß, dann drückt mein Zeigefinger den Abzug. Eine Explosion, dann der Rückschlag der Pistole in meiner Hand. Die Kugel fliegt durch den Raum, viel zu schnell, als dass normale Augen ihr folgen könnten, aber meine sehen, wie sie sich zu ihrem Ziel vorarbeitet.
Die Kugel trifft ihn in die Brust. Sein Herz explodiert und eine rote Welle Blut strömt hervor. Er geht zu Boden.
Ich lächle und bemerke dann, dass die Versammlung vorbei ist; alle verlassen den Raum. Ich bin aufgestanden und ihnen gefolgt, ohne dass es mir aufgefallen wäre. Cam hat sich aus seiner Tutorengruppe ein wenig zurückfallen lassen und geht neben mir. Er muss mich für völlig verrückt halten, weil ich lächle, hier und jetzt.
Bin ich auch.
Der Fluch, falls es einen gegeben hat, ist vorbei. Wir gehen auf die Türen des Saals zu, wo der andere Lorder steht und den Schülern dabei zusieht, wie sie hinauslaufen, einer nach dem anderen. Coulson bleibt vorn, Türdienst ist wohl unter seiner Würde. Ich bin erleichtert. Doch dann wird mir übel, als die Bilder von Coulsons blutigem Körper wieder vor meinem inneren Auge auftauchen.
»Alles klar bei dir?«, flüstert Cam, als wir aus dem Saal treten. »Du bist ganz blass.«
Ich schüttle nur den Kopf, laufe zur nächsten Toilette und übergebe mich, wieder und wieder. Danach spritze ich mir Wasser ins Gesicht und starre in den Spiegel.
Was, verdammt noch mal, ist da drinnen gerade passiert?
Meine Hände zittern. Das war nicht ich. So etwas könnte ich niemals tun. Oder doch? An seinem Grab würde ich sicher keine Träne vergießen, aber eigenhändig umbringen könnte ich ihn nicht.
Wofür war dann dieses ganze Training?
Bilder ziehen wie ein Film im Schnelldurchlauf durch meinen Kopf. Schießübungen, Ziele, Messer und wie man mit ihnen umgeht. Um mich herum dreht sich alles. Ich war ein guter Schütze, die Beste in meiner Einheit, ohnehin die Beste von allen.
Nein!
Doch. Was bedeutet es also, ein Terrorist zu sein? Politische Diskussionen zum Tee? Die Lorder sind böse. Coulson soll sterben. Sie alle verdienen es.
Ich schaue auf meine Hände, kann das kalte Metall einer Waffe darin spüren. Ich weiß, wie man damit umgeht. Er hat den Tod verdient.
»Ich verrate dir ein Geheimnis.« Jazz grinst mich an, deswegen gehe ich davon aus, dass es keine schlechten Nachrichten sind.
»Was ist los?«
»Ich hatte heute sowieso vor, zu Mac zu fahren, schon bevor du es vorgeschlagen hast. Er hat eine Überraschung für dich.«
Mein Magen macht einen Luftsprung. Jazz sieht so aus, als wüsste er, worum es geht.
»Nicht Ben, oder?«, flüstere ich leise. Ich weiß, dass es nicht möglich ist, trotzdem kann ich mir die Frage nicht verkneifen.
Jazz’
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