Zersplittertes Herz
räuspere mich. »Maggie ist wegen des Praktikums hier, für das wir auf dem Campus geworben haben.«
Krystals Ausdruck hellt sich auf, und sie klatscht in die Hände. »Perfekt!«, sagt sie im selben Moment, als Maggie den Mund öffnet.
»Mir war nicht klar …
Was?
«
Krystal blickt zwischen uns hin und her. »Maggie kann sowas gut oder Will? Und mit dem Einzug in das neue Haus und der Planung für die zweite Hochzeit brauchst du jemanden, den du nicht babysitten musst.«
»Krystal«, sagt Maggie. »Ich denke nicht …«
Krystal zieht eine Augenbraue hoch und wartet darauf, dass Maggie ihren Satz beendet. Als sie es nicht tut, wendet sich Krystal an mich. »Ich habe kein Problem damit. Und du?«
»Maggie würde einen guten Job machen«, gebe ich zu.
»Dann ist es abgemacht.« Sie lächelt, aber ich kann die Anspannung um ihre einst weichen Augen sehen.
»Ich denke darüber nach«, sagt Maggie und nähert sich immer weiter dem Ausgang. »Ich werde es euch wissen lassen. Danke.«
Als die Tür sich hinter ihr schließt, schwindet Krystals Lächeln.
»Soll das so etwas wie ein Test sein?«, frage ich.
Sie schlingt die Arme um ihren Oberkörper. »Warum sagst du so etwas?«
Ich starre sie an. Die Spannung zwischen uns ist nichts, woran wir gewohnt sind, und keiner von uns scheint zu wissen, wie er damit umgehen oder es in das früher so angenehme Territorium unserer Beziehung einbauen soll.
»Jedenfalls mache ich mir keine Sorgen um sie. Der Typ, den sie auf der Hochzeit dabei hatte, ist so etwas wie ein Rockstar. Den Gerüchten zufolge schmeichelt er sich bei Lucy ein.«
Ich spanne mein Kinn an. »Nenn. Sie. Nicht. So.«
Sie macht einen Schritt auf mich zu und lässt ihren Blick über meinen Körper wandern. »Meine Schwester ist nicht mehr die Fünfzehnjährige, die einen großen, bösen Collegejungen braucht, Will. Das hier ist nicht die Highschool, und ihr beide werdet nicht glücklich bis ans Ende eurer Tage zusammen sein, also hör auf, zu versuchen, die Vergangenheit aufleben zu lassen.«
»Wer bist du?« Die Krystal, in die ich mich verliebt habe, war nie so kalt, nie so hart, nicht mal, wenn es um Maggie ging –
besonders
nicht, wenn es um Maggie ging.
Sie knöpft meine Hose mit einer Hand auf und legt die Finger der anderen um mich. Ich weiche zurück, entziehe mich ihrer Berührung und fliehe vor ihrem hässlichen Verhalten. Erst dann sehe ich die Tränen, die in ihren Augen glänzen.
»Wenn du nicht damit umgehen kannst, dass sie ein dämliches Sommerpraktikum auf Teilzeit in dieser Galerie macht«, sagt sie leise, die Hände schlaff an ihrer Seite, »wenn das eine zu verdammt große Versuchung für dich ist, sollten wir vielleicht nicht heiraten.«
Sie geht weg und lässt mich mit der unangenehmen Wahrheit in ihren Worten zurück.
»Meine Schwester ist nicht mehr die Fünfzehnjährige, die einen großen, bösen Collegejungen braucht.«
Mir war nie klar, wie sehr ich es brauchte, dass Maggie mich braucht. Bis sie es nicht mehr getan hat.
Maggie
Ich werde aus meinem tiefen Schlaf gerissen und setze mich kerzengerade auf, als ich ein Baby schreien höre. Stolpernd gelange ich aus dem Bett, kämpfe mich aus meinen verworrenen Laken und falle beinahe über meine eigenen Füße. Halb bin ich den Gang hinuntergegangen, bevor mir mein Fehler bewusst wird. Doch die Schreie aus meinem Traum scheinen so real, dass sie in meinen Ohren nachhallen.
Geräusch-und tränenlose Schluchzer schütteln meine Brust und zwingen mich auf die Knie. Ich krieche zu meinem Nachttisch und krame nach meinen Medikamenten gegen Angststörungen, die ich in meiner Tasche aufbewahre. Besser, auf Nummer sicher zu gehen, besser, die Pillen beim ersten Zeichen einer Panikattacke zu nehmen, bevor die Angst mich mit ihren klebrigen, erstickenden Händen zu fassen bekommt.
Ich schnappe mir die Tasche und leere den Inhalt auf die Matratze. Ein weißes Stück Papier flattert nach draußen und auf das Bett.
Ich ziehe die Brauen zusammen. Wer hinterlässt mir Nachrichten?
Doch noch während ich sie mit vom Schlaf schweren Augen lese, steigt Kälte in mir auf, und die altbekannte Übelkeit brennt in meinem Magen. Mit zitternden Händen sehe ich mich im Zimmer um, als könne ein Geist aus einer dunklen Ecke kommen.
Die Kirche gibt diese Lesezeichen wie Süßigkeiten aus, gut möglich, dass es ganz einfach in meiner Tasche gelandet ist. Und dennoch. So unschuldig es auch sein mag, lassen die Worte mich innehalten.
Ich weiß
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