Zerstörte Seelen
darunter ein Tanktop trug. Ein Alkoholtupfer, dann ein Stich, das war alles. Die Frau klebte ihr ein Pflaster auf den Arm, packte die Gerätschaften zusammen und ging.
«Hast du dem Typen aus der kryptographischen Abteilung gesagt, was mit meiner Familie passiert ist?», fragte Casey.
«Ich habe die Lage kurz skizziert», sagte Sergey. «Die Details kennt er nicht.»
«Wenn er anruft, sag, ich sei nicht da. Ich will nicht, dass er Informationen zurückhält, um mich zu schonen. Ich höre von der Ecke aus zu.»
Zehn Minuten vergingen.
Irgendwann hielt Darby die Stille nicht mehr aus. «Ich würde gerne den USB -Stick sehen. Irgendetwas müssen wir doch unternehmen können.»
«Er wird im Augenblick untersucht», sagte Sergey. «Von unseren Computerfreaks. Sie hoffen auf einen sogenannten digitalen Fingerabdruck – sie meinen, jeder Computer würde so etwas hinterlassen. Vielleicht kommen wir diesen Leuten ja damit auf die Spur.»
«Ich möchte den Stick gerne anfassen.»
Sergey dachte einen Augenblick lang nach, zuckte dann die Achseln und hob den Telefonhörer ab.
«Darf ich fragen, warum?» Er wählte.
«Nur so ein Gefühl. Das Ganze erscheint mir irgendwie … untypisch. Der Finger, der USB -Stick – sie legen absichtlich eine Spur und riskieren damit, entdeckt zu werden. Aber eigentlich sind sie dafür zu clever.»
Zehn Minuten später wurde der Stick gebracht. Darby drehte ihn zwischen den Fingern, dann klingelte das Konferenztelefon.
69. Kapitel
Sergey nahm den Hörer ab, lauschte schweigend und sah dabei auf das Gerät über dem Computermonitor, das an eine Webcam erinnerte. Einen Augenblick später nickte er Casey zu. Casey stand auf.
Sergey legte auf und drückte einen Knopf auf dem Raumschiff-Konferenztelefon. «Tom?»
«Ich höre.» Ein tiefer Bariton.
Casey verzog sich in eine Ecke des Raumes, Sergey drehte den Monitor zu Darby.
Auf dem Bildschirm sah sie einen sommersprossigen älteren Mann mit blasser Haut und fuchsrotem Haar, das er seltsamerweise lang trug, so als hätte er nach den 1970ern den Anschluss verpasst. Seine jungenhaften Züge standen im Widerspruch zu seiner tiefen Stimme.
Sergey zog sich einen Sessel neben Darby.
«Tom. Das ist Darby McCormick. Sie hat das Symbol auf der Innenlippe des Opfers gefunden. Bei der Sicherheitsüberprüfung wurde sie als unbedenklich eingestuft, wir können also offen sprechen.»
«Ich sehe Mr. Casey nirgends», sagte Geary.
«Er ist nicht anwesend.»
«Okay. Ist wahrscheinlich auch besser so. Ich habe keine guten Nachrichten.» Darby sah zu Casey hinüber. Er wirkte niedergeschlagen. Casey hatte gehofft, das Symbol würde wichtige Hinweise liefern, könnte so etwas wie die lange gesuchte Nadel im Heuhaufen sein.
Geary begann: «Ich habe gerade mit dem Harvard-Professor, Ross, gesprochen. Er sagte, er hätte mit dir und Miss McCormick telefoniert und euch mitgeteilt, was er über das Symbol und dessen Verbindung zum Gnostizismus weiß.»
Darby nickte. Sergey antwortete: «Korrekt. Und was hat die kryptographische Abteilung über das Symbol herausgefunden?»
«Nichts», sagte Geary. «Wir sehen es alle zum ersten Mal. Gut, dass wir mit Ross sprechen konnten. Sonst wären wir immer noch ziemlich ahnungslos.»
Darby betrachtete den USB -Stick. Als sie ihn hin und her drehte, entdeckte sie einige kleine Kratzer und abgewetzte Stellen auf dem Kunststoffgehäuse.
«Lässt sich das Symbol mit einer Sekte oder einer gnostischen Kirche in Verbindung bringen?», fragte Sergey. «Kommen wir so vielleicht weiter?»
«Nein, tut mir leid. Wie gesagt, niemand kennt dieses Zeichen, und da es in unserem Computersystem nicht registriert ist, können wir es weder einer Religionsgemeinschaft noch einer fundamentalistischen Sekte zuordnen. Offizielle Kirchen würde ich sowieso ausschließen.»
«Weshalb?»
«Gnostizismus – ich spreche von der Religion – findet nicht im Verborgenen statt. Allein in den USA gibt es Tausende gnostischer Kirchen. In mancher Hinsicht ist Gnostizismus dem Katholizismus nicht unähnlich.»
«Mit einem kleinen Unterschied», sagte Sergey. «Die Katholiken ziehen nicht durchs Land und entführen Kinder.»
«Stimmt», sagte Geary. «Sie missbrauchen sie nur gelegentlich.»
Darby zog ihr Taschenmesser aus der Jackentasche.
«Nach allem, was du mir über den Fall erzählt hast», sagte Geary, «denke ich, ihr habt es mit einer Untergrundbewegung oder einer Splittergruppe zu tun.»
«Oder mit einer
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