Zerstörte Seelen
Sekte.»
«Möglich. Die Tätowierung auf der Lippe würde auch zu einem Geheimbund passen.»
«Was ist mit den Archonten, von denen Ross gesprochen hat? Hattest du diesen Begriff schon mal auf deinem persönlichen Radar?»
«Nein. Auch der war uns neu.»
Darby drückte die Messerspitze zwischen die beiden Teile des Kunststoffgehäuses.
«Ross hat mir ein paar Dinge über diese Archonten erzählt», sagte Geary. «Ich lese ab: Sie wollen die Welt nach ihrem Willen formen, nach ihren Gesetzen und Vorstellungen. Das versuchen sie zu erreichen, indem sie Menschen körperliche und psychische Schmerzen zufügen. Deshalb quälen sie auch Jack Casey. Du sagtest, er hätte schon früher mit der Gruppe zu tun gehabt?»
«Ja, stimmt. Das liegt lange zurück. Aber seither sind sie hinter ihm her.»
«Wenn man Ross’ Ausführungen über die Archonten glaubt – also dass diese Leute darauf aus sind, Macht anzuhäufen, indem sie Menschen leiden lassen –, gelangt man fast zwangsläufig zu dem einfachen Schluss, dass sie Caseys Frau und seine Tochter nicht freilassen werden. Ich glaube vielmehr – und Ross ist derselben Meinung –, dass sie ihre Drohung wahr machen und euch die Familie stückchenweise zuschicken.»
«Und wenn Jack die Pressekonferenz abhält?»
«Das kannst du besser beurteilen als ich. Du hast schon länger mit der Gruppe zu tun. Nach allem, was du mir gesagt hast, wollen sie Casey. Seine Familie ist nur ein Druckmittel. Außerdem wissen sie, dass ihr ihn nicht ewig schützen könnt. Sie warten, und sie planen. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, schlagen sie zu. Vermutlich wird er ebenso verschwinden wie die vielen anderen. Auch was seine Frau und seine Tochter angeht, habe ich ehrlich gesagt wenig Hoffnung, dass wir sie lebend wiedersehen.»
Darby hatte das Kunststoffgehäuse abgelöst. Mit dem Messer versuchte sie, die darunterliegende Metallhülle zu öffnen.
«Aber streng genommen habt ihr uns außer Vermutungen nichts zu bieten.»
«Das trifft die Sache leider ziemlich genau», sagte Geary. «Hat Ross euch gesagt, was das Symbol seiner Meinung nach bedeuten könnte?»
«Wer es trägt, ist höchstwahrscheinlich ein Diener der Archonten.»
«Richtig.»
«Wir haben vor einer Stunde dasselbe Symbol auf der Brust eines früheren Bostoner Cops gefunden. Als Tätowierung. Er hat damals bei der Charlie-Rizzo-Ermittlung mitgearbeitet.»
Darby legte das Taschenmesser beiseite und öffnete das Metallgehäuse. Sie dachte an John Smith, der mit einem stolzen Lächeln über das, was er in seinem Ruhestand genießen konnte, an der Balkonbrüstung lehnte, dachte an seine Frau, die sich um herrenlose Hunde gekümmert hatte.
«Was hat er dazu gesagt?», fragte Geary.
«Er ist tot.»
«Ihr kommt nur weiter, wenn ihr jemanden findet, der mit dieser Gruppe in Verbindung steht. Dann findet ihr vielleicht auch das Versteck, in dem Caseys Frau und seine Tochter festgehalten werden.»
«Vorausgesetzt, dieser Jemand redet mit uns.»
«Richtig. Von unserer Seite war’s das, Sergey. Bedauere. Du brauchst jetzt vor allem eins.»
«Eine heiße Spur.»
«Genau. Etwas, das dich zu ihnen führt. Gibt es nicht wenigstens einen verwertbaren Hinweis?»
«Vielleicht. Jemand hat …»
Darby legte die Hand auf Sergeys Arm. «Der Hinweis erwies sich leider als Sackgasse.»
Sergey starrte sie an. Indem Darby sich die Handkante über die Kehle zog, signalisierte sie ihm, dass er nichts mehr sagen sollte. Sie zeigte auf die Teile des zerlegten USB -Sticks auf dem Tisch.
Darby sprach mit dem Monitor. «Wir haben leider keine weiteren Spuren, Mr. Geary. Keine brauchbaren Indizien. Vielen Dank für Ihre Mühe.»
Sie schaltete das Konferenztelefon ab, bevor Geary noch mehr Schaden anrichten konnte.
70. Kapitel
Sergey krallte die Hände in den Rand der Tischplatte und starrte auf das winzige, mit einer Batterie versehene Mikrophon, das in dem USB -Stick versteckt gewesen war. Die Abhörvorrichtung war festgeklebt worden, damit sie nicht verrutschte, das Mikrophon unter der kleinen Ventilationsöffnung des Sticks angebracht, sodass Gespräche wie das soeben geführte aufgefangen werden konnten.
Casey kam aus seiner Ecke und beugte sich über Sergeys Schulter. Die Gesichter der Männer waren blass geworden und glänzten.
«Das war’s dann wohl», sagte Darby.
Beide Männer starrten sie an.
«Keine Spuren, keine Indizien.» Ihre Stimme klang mutlos. «Jeder Hinweis, dem wir bisher nachgegangen sind, erwies sich
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