Zerteufelter Vers (German Edition)
gezeichnet war. Kirt richtete sich auf – ihre Blicke trafen sich erneut. Tarido sah Kirt mitleidig an. »Du zahlst heute den Preis, Kirt…« Tarido hielt inne, ehe er weitersprach: »Du zahlst heute den Preis für das, was du getan hast. Es war kein Erzengel, der bestimmte, dir das zu nehmen, was dir ans Herz gewachsen ist.«
Kirt starrte Tarido unverständlich an. »Was meinst du?« Kirts Blick verfinsterte sich, als er plötzlich verstand, was Tarido ihm sagen wollte. »Sie stirbt doch nicht wegen mir, oder?« Kirt schüttelte angewidert den Kopf, doch Tarido antwortete nicht. Stattdessen sah er ihn mitleidig an, was Kirts bittere Vorahnung bekräftigte. Abgründe, die sich je zwischen Tarido und Kirt aufgetan hatten, schienen unwichtig geworden zu sein. Stattdessen standen sie sich gegenüber und schwiegen.
»Du hast keine Chance mehr, Kirt.« Es traf ihn mit einer unendlichen Gewalt: Hart, klar, stumm! Er wollte akzeptieren, dass es ihm nicht gegeben war, sein Leben mit einem anderen Wesen zu teilen, doch gleichermaßen traten Abscheu und Verachtung in seinen Blick. »Was ist Gott, wenn er ein Wesen für etwas bestraft – nur…. um mich zu bestrafen!?« Tarido musterte ihn schweigend. Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich zu einer starren Maske. Gott zu beschuldigen, stand Kirt nicht zu und das wusste er. »Pass´ auf, was du sagst!« Am liebsten hätte Kirt sich mit Tarido geschlagen, doch das wäre kein Kampf mit gleichen Mittel gewesen. Seine Aggressivität sprach Bände. Und obwohl Tarido nichts zu befürchten hatte, nahm er sich zurück.
»Du hast kein Vertrauen in ihn.« »Nein, natürlich nicht. Warum auch?!« Tarido sah ihn bitter an. »Du wirst sie verlieren, Kirt!« »Meinetwegen – nur meinetwegen nimmt er Gloria das Leben!« Tarido nickte stumm, als Kirt ihn traurig anbrüllte: »Ihr solltet euch mal sehen… Was seid ihr für ein widerwärtiges Pack geworden!« Tarido sah ihn drohend an. Kirt war einen Schritt zu weit gegangen und das wusste er. »Du weißt, dass du damit im Unrecht bist!« Kirt starrte Tarido nur an. Tausend Gedanken schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf. Alles, was passiert war – greifbar nah, als wäre es gestern gewesen.
Damals waren sie Freunde. Jeder von ihnen hatte seine ganz eigene Vergangenheit, aber ein Stück ihres Lebens bestritten sie gemeinsam. Heute waren sie weiter von einander entfernt, als man es nur sein konnte. Doch zu jenen starken Wesen wollte Kirt ohnehin nicht zählen. Er war Tarido dankbar für seine Offenheit. Und trotzdem: Bevor er zu jenen Marionetten werden würde, starb er lieber selbst. Das einzige Problem – Glorias Tod ging einzig auf ihn zurück und das konnte Kirt ihr noch nicht einmal beichten. Wie auch? Was sollte er ihr sagen? Tarido sah Kirt nüchtern an. »Sieh zu, dass du verschwindest!«
Kirt nickte ihm zu. Ihm war klar, dass Tarido es nicht nötig hatte, jene Informationen weiterzugeben. Es war nicht ganz ungefährlich, sich am Kap Alegria aufzuhalten. Tausend Gefühle spiegelten sich zwischen ihnen: Wut und Hass, Dankbarkeit und Mitleid, Traurigkeit und die Wahrheit, die endgültiger nicht ausgesprochen werden konnte – wenn es stimmte, dass Gott selbst das Urteil über Kirt und Gloria gefällt hatte!
Tarido log Kirt nicht an – warum sollte er? Ein letztes Mal dachte er daran, ob es nicht doch sein eigener Freund gewesen sein könnte, der Glorias Urteil unterschrieb, doch eigentlich besaß er keinen Grund. Für einen letzten Moment sahen sich beide noch einmal an, ehe Kirt schließlich im schwarzen Vulkannebel verschwand und Tarido stumm zurückblieb. Er selbst wirkte bestürzt und würde nicht mehr zu jenen zählen, die über Kirt lachten. Dafür war es Kirt zu ernst, das wusste er nun. Doch was nützte das noch? Vielleicht war es nicht nur Kirt, dessen Abgründe sich mehr und mehr auftaten. Nicht nur er hatte dreckige Wäsche der Vergangenheit zu waschen…
All die Aufgaben der verschiedenen Arten an Engeln liefen in einer Hand zusammen; in der Gottes! Einzig er allein war im Stande, die Gefühle all seiner Wesen zu verstehen, sie zu schützen, ihnen das Leben zu schenken oder auch zu nehmen. – Jene Aufgaben, die er auf seine Blut- und Schutzengel, Todes- und Erzengel verteilte. Immer schon besaß Kirt größte Hochachtung vor ihm; selbst heute noch. Doch was Tarido ihm erzählte, fügte sich in Kirts Kopf wie einzelne Puzzleteile zusammen und ergaben ein Ganzes. Und das warf beklemmende Schatten über Kirts
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