Zerteufelter Vers (German Edition)
Gloria sah ausgebrannt in das Gesicht des Mannes. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.« Sie zuckte nachdenklich mit den Schultern, »Wir waren noch zusammen tanken.« »Wann?« »Keine Ahnung. Ich glaub´, es wurde langsam dunkel.« »Weil ihr Jansen nicht aus den Augen lassen wolltet?« Gloria holte tief Luft. Sie wurde es leid, den Sinn seiner Gedanken zu hinterfragen und nickte. »Das heißt, er hat auch getankt?« Gloria sah dem Polizisten in die Augen und nickte langsam. »Ja…«
»Falsch!!!« Wie ein Donnerschlag riss der Mann Gloria aus ihrer Müdigkeit. Seine Antwort schrille so laut in ihren Ohren, dass sie zusammenzuckte. »Jansens Tank war fast leer!« Gloria wich seinem vehementen Blick aus und starrte auf ihre Hände. Sie wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. »Sagen Sie mir auf der Stelle die Wahrheit!« Gloria fuhr sich verzweifelt durch die Haare. Sie konnte nicht mehr. Was sollte das alles noch bringen? Der Mann setzte sich plötzlich vor sie auf den Stuhl, beugte sich weit über den schmalen Tisch zwischen ihnen und sah Gloria in die Augen. Sie wich seinem Blick aus, aber das änderte nichts an der Nähe. Gloria drehte erneut ihren Kopf und fühlte sich festgefahren. Der Mann schwieg, doch sein Blick sprach Bände.
Obwohl er selbst nichts sagte, schrien seine Augen regelrecht auf sie ein. »Ich weiß es nicht.« Gloria hörte sich verzweifelt an. Sie wirkte fertig – erschöpft. Sie war hier in Sicherheit, aber allmählich fragte Gloria sich, ob sie womöglich an einem primitiven Herzstillstand sterben würde… als der Polizist erneut mit lauter Stimme das Wort ergriff: »Geben Sie zu, nicht am Tatort gewesen zu sein?« Stille. Gloria wusste sich nicht mehr zu helfen. »Ja.« Ihre Antwort klang kleinlaut und zögerlich.
»Ziehen Sie Ihre Aussage, Herrn Staan in die Verantwortung für Jansens Tod zu ziehen, zurück?« Gloria wurde immer kleiner, doch an dieser Behauptung hielt sie allein schon aus Trotz fest: »Nein!« »Mit welcher Begründung?!« Der Mann hatte sich weit über den Tisch gelehnt und zwang Gloria, ihm in die Augen zu blicken. Endlos lange, unwirklich und fremd… als der Polizist sich plötzlich aufrichtete, an Gloria vorbeiging und entgegen all ihren Vermutungen den Raum verließ. Die Tür fiel ins Schloss. Ruhe! Er war weg. Vorbei… Stille!
Gloria legte den Kopf in die Arme auf den Tisch. Alles war verdreht. Nichts hatte geholfen, alles schien umsonst. Ihr Atem drang hörbar aus ihrer Kehle, als sich eine Hand von hinten auf ihre Schulter legte! Augenblick hastete Gloria herum. Ihr Stuhl fiel rücklings zu Boden. Ein Herzstillstand wäre ein Scheißdreck gegen diesen Schock gewesen! Gloria erschrak sich halb zu Tode und stolperte gleich mehrere Schritte zurück. »Wer sind Sie denn?« Der Typ vor ihr lächelte und schien sich mit einem milden Blick entschuldigen zu wollen. »Bin ich schon so alt, dass wir uns siezen müssen?!« Gloria war alles zu viel. Unverständlich schaute sie den Kerl an, der wie aus heiterem Himmel in diesem Raum erschienen war. »Ich heiße Tarido.«
Gloria starrte ihn nur an. »Hat Kirt dir schon mal von mir erzählt?« Sie schaute von Kopf bis Fuß an ihm herunter und versuchte einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Kirt hätte ihr verdammt noch mal ein bisschen mehr an Wissen zumuten können! Gloria schüttelte kaum merklich den Kopf. Doch sie glaubte, zumindest schon mal seinen Namen gehört zu haben… als Tarido plötzlich fortfuhr:
»Er wird dich nicht mehr zu ihm lassen.« Verdutzt blickte sie Tarido in die Augen. Hatten eigentlich alle zwischenirdischen Wesen die Angewohnheit, einem immer nur verbale Bruchstücke zum Fraß vorzuwerfen?! Ganz offensichtlich war der Polizist gemeint. Zwar hatte Gloria selbst fast aufgehört, an ein Happy End zu glauben, aber jetzt – wo Tarido es aussprach – zerschnitt es ihr unwiderruflich jeden letzten Hoffnungsstrang. Gloria wusste nichts zu antworten und blieb stumm vor Tarido stehen. Doch gegen ihre Vermutung verharrte Tarido ebenso schweigend vor ihr und gab Gloria Zeit, ihre Gedanken zu sortieren.
»Wer bist du?« Ein Lächeln trat auf Taridos Gesicht. »Ein Erzengel.« Eiskalt jagte es Gloria einen Schauer über den Rücken. Erzengel bestimmten den Zeitpunkt des Todes – eigentlich hatte sie gedacht, dass sich ihr am Ende ein Todesengel zeigen würde, aber vielleicht war das in ihrem besonderen Fall anders! Wie erstarrt waren Glorias Augen auf Tarido gerichtet; kein
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