Zerwüteter Pakt (German Edition)
Herrn Truhst aufs Neue beobachten zu können. Es dauerte nicht lange, bis sie ihn fand. In einem Café wartete Kamilla schlecht gelaunt, weil Herr Truhst viel zu spät dran war. Er öffnete die Tür, sah sich um und fand seine Freundin.
»Hallo…« Der Begrüßungskuss fiel von beiden Seiten sehr unscheinbar aus, was Herrn Truhst nicht entging. »Warum kriege ich keinen richtigen Kuss?« Er witterte nun plötzlich Anzeichen, die keine waren. Kamilla hingegen bekräftigte dies zusätzlich, da sie ihm schlecht gelaunt entgegnete: »Du bist über eine Stunde zu spät!« Missmutig setzte sich Herr Truhst an den Tisch. »Mir ist etwas dazwischen gekommen.« Kamilla verzog das Gesicht. »Schon klar… Du hättest zumindest eine SMS schreiben können!« Sie funkelte ihn böse an, ehe sie aufstand. »Ich gehe kurz zu den Toiletten. Danach können wir gleich gehen. Schließlich habe ich nur eine begrenzte Mittagspause.«
Spürbar verärgert verließ Kamilla den Tisch und ging zum WC. Was sollte man von dieser kurzen Szene halten, wenn der Verdacht im Raum stand, dass die eigene Freundin ohnehin unzufrieden mit der Beziehung war? Denn ansonsten gab es keinen Grund, fremd zu gehen…
Herr Truhst rutschte nervös auf seinem Stuhl herum. Sein Blick fiel auf Kamillas Handtasche, als ihm plötzlich wieder Melinas Worte im Kopf herumspukten… Das Handy! So etwas gehörte sich nicht… Herr Truhst schien hin und her gerissen. Sollte er es wirklich wagen?
Binnen dem Bruchteil einer Sekunde entschied er plötzlich, nach Kamillas Handy zu suchen. Er griff nach ihrer Tasche, als ihm plötzlich ein Zettel in die Hände fiel. Seine Augen wanderten blitzschnell darüber, doch er konnte nicht glauben, was er da sah: Es war eine Hotelrechnung – bereits bezahlt; und zwar für die anstehende Nacht. Völlig verdattert blieb sein Blick daran haften. Es war eines der Hotels direkt am Bahnhof. Was suchte eine solche Rechnung in Kamillas Tasche? Um genau zu sein, wusste selbst Kamilla nichts von diesem Blatt Papier. Es war Melina, die es in einem guten Moment in die Handtasche gesteckt hatte.
Herr Truhst kassierte die Rechnung schnell ein und legte die Tasche zurück. Um nach dem Handy zu sehen, blieb nun keine Zeit mehr. Kamilla erschien kurze Zeit später wieder am Tisch. »Ich muss jetzt los, Richard.« Herr Truhst stand wie ferngesteuert auf. Er wollte nicht glauben, dass diese Frau ihn betrug. Kleinlaut schaute er sie an und ergriff das Wort: »Du Schatz… Es ist doch alles in Ordnung mit uns, oder?« Kamilla war noch immer schlecht gelaunt, weil er sie über eine Stunde hatte warten lassen, ohne sich zu melden. »Was meinst du?« Herr Truhst schaute sie eindringlich an. »Na… unsere Beziehung.« Kamilla lächelte und gab ihm einen kleinen Kuss. »Na klar.«
Doch dann ging sie auch schon an ihm vorüber zum Ausgang. Herr Truhst wirkte verkrampft. Kamillas Antwort brachte ihn nicht weiter und auch ihr Kuss hätte zärtlicher ausfallen können, fand er. Waren dies eventuell Anzeichen, die er vorher nicht registriert hatte?
Er packte seine Jacke, ging zusammen mit Kamilla hinaus und ergriff von neuem das Wort. »Du, sag´ mal… Heute Abend fährst du doch nach Erfurt zu diesem Seminar, oder?« Kamilla nickte. »Richtig. Deswegen hätte ich dich ja gerne wenigstens heute Mittag mal kurz gesehen!« Der Ärger in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Doch in Herrn Truhsts Kopf reihten sich plötzlich ganz andere Gedanken aneinander. Wenn sie heute Abend angeblich zu einem Seminar in Erfurt unterwegs war… Weshalb befand sich dann eine Hotelrechnung für exakt dieselbe Nacht in ihrer Handtasche?
Traurig schaute er Kamilla an. Für ihn verdeutlichte sich mit einem Schlag, dass die Fotos, die Melina ihm zugesteckt hatte, einen wahren Hintergrund haben mussten. Kamilla küsste Herrn Truhst flüchtig auf den Mund. »Ich bin spät dran. Wir sehen uns dann morgen Vormittag, okay?« Wie versteinert sah er ihr in die Augen. »Ja, klar.« »Gut.« Kamilla war so in Eile, dass sie nicht wahrnahm, wie ihr Freund reagierte. Sie strich ihm über die Schulter und verabschiedete sich mit einem saloppen »Ich lieb´ Dich.« Doch dann verschwand Kamilla auch schon gehetzt in die nächste Straße. Hinter ihr stand Herr Truhst – wie festgenagelt auf der Stelle, bei der sie sich verabschiedet hatten; kalkweiß im Gesicht, enttäuscht, traurig. Er konnte nicht fassen, dass Kamilla ihn betrug. Doch er musste einsehen: Alles sprach dafür.
Die
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