Zerwüteter Pakt (German Edition)

suchst!« Dies war einer jener Momente, den sie wohl nie wieder vergaß. Gloria schaute Atume lange an. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Doch so schön dieser Augenblick auch sein mochte – Gloria war alles andere als ruhig: Sie hatte Angst, dass Atume plötzlich verschwinden könnte und sie allein zurückblieb.
    »Atume?« »Ja?« Gloria zögerte, dann nahm sie ihren Mut zusammen und sprach weiter: »Kann ich zusammen mit Kirt in der zwischenirdischen Welt leben?« Gloria fühlte, wie sich ihr Magen zusammenzog und sie weiche Knie bekam. Doch Atume antwortete rasch: »Nein, tut mir leid.« »Aber…« Atume schnitt Gloria das Wort ab: »Suche das Glück in der deinen Welt. Und du wirst es finden.«
    Verzweiflung machte sich in Gloria breit. Das sollte der Sinn des Lebens sein? – Seine große Liebe aufgeben, um in aller Ruhe ein neues Glück zu suchen? »Warum, Atume?« Gloria schaute sie bittend an und sprach weiter: »Was haben Kirt und ich denn falsch gemacht? Wir lieben uns doch nur!« »Nur?« Atume schaute Gloria eindringlich an. Sie nahm auf der morschen Bank Platz und bat Gloria, sich ebenfalls zu setzen. »Ach Kind… Du hast nichts falsch gemacht.« Während Atume die Ruhe selbst zu sein schien, blickte Gloria sie aufgewühlt an. »Dann sag´ mir doch wenigstens, warum er nicht mehr zu mir kommen darf. Und… Was genau ist Kirt denn, wenn er bei diesem Brunnen der gebrochenen Seelen arbeitet?«
    Gloria schaute Atume atemlos an. Sie schwor sich, dieses Geheimnis aufzudecken – was auch immer es sie kostete! Offenbar stand diese Entschlossenheit auf ihrer Stirn, denn Atume wiegelte entgegen ihrer Vermutung nicht ab. Sie seufzte und schaute Gloria lange an. »Was denkst du… ist er? Du weißt es.« Gloria schüttelte ganz langsam den Kopf. Sie wusste gar nichts!
    »Zuerst dachte ich, er sei ein Engel, aber als ich ihn gefragt habe…« »Was hat er da geantwortet?« Gloria schluckte. »Er sagte, dass er kein Engel sei.« Atume schmunzelte und nickte. »Ich ahnte, dass du mich erneut nach Kirt fragen würdest.« Sie machte eine Pause, ehe sie fortfuhr: »Ich sprach mit Maribell darüber, als wir dich neulich alleine ließen.« Atume zog plötzlich ein schimmerndes Pergament aus ihrer Tasche und reichte es Gloria. »Lies…« Überrascht nahm Gloria das Blatt und las die Zeilen, die – der Handschrift nach zu urteilen – von Maribell stammten.
    Begehren
    Teuflischer Handel,
ehrloser Wandel,
schattiges Licht,
Engelsgesicht.
    Wenn kein Verlass,
kein Mitleid für das,
was einst geschehen,
zerkratztes Ansehen
der Engel und Wesen
und die, die es mal gewesen.
    Vertane Ehre
war ihm eine Lehre.
Zu spät, zu weit,
Durchtriebenheit!
    Gloria stockte der Atem. »Soll das heißen, Kirt war einmal ein Engel? Aber wenn er keiner mehr ist, was…« Gloria sah von dem Pergament auf und wollte gerade ihre Rede fortführen, als sie bemerkte, dass Atume verschwunden war! »Atume?« Gloria schaute sich zu allen Seiten um, doch sie befand sich mutterseelenallein auf der kleinen, morschen Bank. »Atume?« Gloria rief noch lauter, doch sie schien verschwunden zu sein und mit ihr jegliche Möglichkeit, Kirt wiederzusehen. Eines hatte Gloria mittlerweile gelernt: Atume war eine konsequente Person. Wenn sie ‹Nein› sagte, meinte sie dies auch. Gloria hatte deutlich genug gefragt, doch eine Liebe zwischen ihr und Kirt traf bei ihr ganz offensichtlich auf keinerlei Verständnis. Gloria schwirrten unendlich viele Fragen durch den Kopf.
    Noch immer hielt sie das Pergament mit Maribells Gedicht in den Händen. Also las sie von neuem und schnell war klar: Kirt musste in der Vergangenheit ein Engel gewesen sein. Doch was geschah danach? ‹Teuflischer Handel, ehrloser Wandel, schattiges Licht, Engelsgesicht.› Gloria starrte auf die Verse und dachte nach. Das Wort ‹teuflisch› ließ sie hellhörig werden. Hatte Kirt am Ende tatsächlich etwas mit Magnus zu tun? Gab es eine Verbindung zwischen einem Geschehnis in der Vergangenheit und Kirts Verurteilung nach der Jansen-Aktion? Immerhin hatte Kirt damals in der Polizeistation Magnus´ Namen erwähnt! Verflixt… Gloria starrte auf die Verse und spürte, dass die Antwort greifbar nah sein musste. Sie überlegte angespannt weiter.
    Schon als sie sich in Düsseldorf kennen lernten, umgab Kirt eine faszinierende Aura. Er war anders… Wie sehr, fand Gloria erst später heraus, als er ihr zugestand, mit dem Buch in Verbindung zu stehen. Das allein hatte bei ihr damals