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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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Hilfe. Er wurde angeschossen.”
    “Angeschossen?”
    “Ja, und er ist in einer ziemlich schlechten Verfassung.”
    Er zögerte nicht eine Sekunde. “Sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich hole Sie sofort ab.”
    Mit Unbehagen gab Lauren ihm die Adresse und die Zimmernummer.
    “Bin schon unterwegs.”
    In den siebzig Minuten, die Sams Cousin für die Fahrt brauchte, ging Lauren unablässig im Zimmer auf und ab. Mal glaubte sie, richtig gehandelt zu haben, dann war sie davon überzeugt, dass sie einen schweren Fehler gemacht hatte.
    Als sie hörte, dass vor ihrem Motel ein Wagen anhielt, stellte sie sich in der Dunkelheit ans Fenster und hielt Sams Dienstwaffe in der Hand. Wenn dieser Larry die Killer von Carlo Giovessi alarmiert hatte, würde sie sich ihnen nicht kampflos ergeben.
    Sie schob den Vorhang ein Stück zur Seite und entdeckte einen großen Mann, der aus einem alten Pick-up stieg. Er trug Jeans, ein kariertes Hemd, eine Lederjacke mit Schaffellbesatz und einen runden Filzhut mit einem silbernen Hutband. Sein glattes schwarzes Haar reichte ihm bis zur Hüfte. Lauren beobachtete den Parkplatz, aber offensichtlich befand sich außer ihm niemand da draußen.
    Er klopfte an.
    “Wer ist da?” rief Lauren mit gedämpfter Stimme.
    “Larry.”
    Sie hielt die Waffe hinter dem Rücken und schloss die Tür auf, um ihn ins Zimmer zu lassen. Lauren schenkte er kaum Beachtung, sondern begab sich sofort zum Bett. Er zog Sam den Parka über, dann hob er seinen Cousin hoch. Sam war ein großer Mann, doch Larry Zah trug ihn mit einer Leichtigkeit, wie sie ein Kind in ihren Armen gehalten hätte. “Packen Sie Ihre Sachen, wir machen uns auf den Weg.”
    Während sie auf Larry gewartet hatte, hatte sie Sams Verband gewechselt und ihm ein frisches Hemd angezogen. Der Matchbeutel war bereits gepackt. Als sie ihn nahm, ließ sie die Waffe in ihrer Handtasche verschwinden.
    “Ist das Ihr Wagen?” fragte Larry und deutete auf ihren Pick-up.
    “Nein, den hat uns Sams Vater geliehen.”
    “Wir lassen ihn stehen. Ich rufe morgen Augustus an, damit er weiß, wo er ihn abholen kann.”
    Der Mann war so schroff, dass Lauren ihn eher für einen echten Rawlins gehalten hätte. Lediglich sein Äußeres war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er einer von Sams Navajo-Verwandten war.
    Augenblicke später waren sie auf dem Weg in Richtung Süden. Sam lag gegen Lauren gelehnt, die ihn fest an sich drückte.
    “Ich bin übrigens Lauren Brownley”, sagte sie in die Stille.
    “Hab ich mir schon gedacht.” Larry Zah warf ihr einen undefinierbaren Blick zu. “Im Reservat haben wir auch Fernsehen, wissen Sie?”
    “Ich … verstehe”, erwiderte sie unbehaglich. Sie ließ ihre Hand in die Tasche gleiten und legte sie um die Waffe. “Dann haben Sie die Berichte in den Nachrichten gesehen.”
    “Ja.”
    “Sie stimmen nicht.”
    “War mir klar. Sam ist ein ehrlicher Mensch.”
    Sie ließ die Waffe los und legte ihren Arm wieder um Sam. “Wohin bringen Sie uns?” fragte sie, nachdem erneut für längere Zeit Schweigen geherrscht hatte.
    “Ins Reservat. Wir haben dort einen Arzt.”
    “Oh, aber …”
    “Kein Grund zur Panik. Er ist ein Navajo, und wir befinden uns auf Navajo-Gebiet. Er wird es nicht melden.”
    Lauren schloss die Augen und entspannte sich. “Danke.”
    Larry brummte etwas. Er schien kein Interesse an einer Unterhaltung zu haben, also brachte sie sich und Sam in eine bequemere Sitzposition und lehnte den Kopf nach hinten.
    Eine Stunde später wachte Lauren auf, als sie im Schritttempo über einen steil abfallenden, äußerst holprigen Feldweg schlichen. Kilometerlang wand sich die Straße zwischen gewaltigen Sandsteinformationen hindurch, die so groß wie mehrstöckige Gebäude waren und wie unheimliche Wächter im Mondlicht standen.
    “Ist das nicht Monument Valley?” fragte Lauren beeindruckt.
    “Hm. Aber nicht der Teil, den die Touristen zu sehen bekommen. Der ist nur ein paar Hektar groß. Der Rest des Reservats ist ausschließlich den Navajo vorbehalten.”
    Lauren wollte fragen: “Und was ist mit mir? Ich bin keine Navajo.” Aber sie schluckte die Frage lieber hinunter.
    Kilometer um Kilometer bahnten sie sich ihren Weg durch das weitläufige Tal und stießen dabei tief ins Reservat vor. Vereinzelt waren bescheidene Häuser zu sehen, zu denen jeweils ein kuppelförmiges Hogan gehörte, die für die Navajos typische, mit Erde bedeckte Balkenhütte. Sam wurde unruhig und stöhnte auf, da er unablässig

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