Zeugin am Abgrund
Natur hatte. Die -- wenn man es genau nahm -- keinerlei praktische Fähigkeiten vorweisen konnte. Außer vielleicht im Bett.
Für den Augenblick waren sie in Sicherheit, sowohl vor dem Wetter als auch vor Giovessis Leuten. Lauren war das auch klar. Deswegen hatte sie sich so völlig entspannen und ihrem Körper den Schlaf gönnen können, nach dem der verlangt hatte.
Sobald sich der Sturm legte, konnte sich das allerdings schlagartig ändern. Das wusste sie jedoch nicht, und er hatte es ihr nicht gesagt.
Sie war davon ausgegangen, dass der Ausfall der Motoren, der das Flugzeug zum Absturz gebracht hatte, ein Unfall gewesen war. Er hatte sich dazu nicht geäußert, konnte allerdings nicht an einen Zufall glauben.
Bob war fast schon fanatisch gewesen, was Sicherheitsüberprüfungen und Wartungen anging, und er hatte dafür gesorgt, dass sein Flugzeug immer in Topform war. Dass beide Motoren nach nur einer knappen Stunde Flug innerhalb weniger Minuten ausgefallen waren, als sie sich genau über der Gebirgskette befunden hatten, konnte nur eines bedeuten.
Wenn jemand so nahe herangekommen war, dass er die Maschine hatte sabotieren können, dann hatte er auch dafür gesorgt, dass man ihre Position mitverfolgen konnte. Er war sicher, dass jemand nach dem Wrack suchen würde, um festzustellen, ob Lauren tot war. Das Wetter musste bloß noch aufklaren.
Er hatte nicht vor, Lauren von seiner Vermutung zu erzählen. Dieses Wissen würde sie nur noch zusätzlich ängstigen. Im Moment musste sie nur so viel wissen wie unbedingt nötig.
Unbewusst rieb er sein Kinn an ihrem Kopf, wodurch ihre Haarsträhnen sich in seinen Bartstoppeln verfingen. Sobald der Sturm vorüber war, musste er zum Flugzeug zurückkehren und die Wanze finden, für den Fall, dass diese die Explosion unbeschadet überstanden hatte, bevor Giovessis Leute die Absturzstelle lokalisierten. Wenn ihm das nicht gelang und sie nur zwei verkohlte Leichen im Wrack fanden, dann würde ihnen klar sein, dass er und Lauren überlebt hatten.
Und dann würden sie sie verfolgen.
7. KAPITEL
A m nächsten Morgen wachte Sam so wie immer vor Sonnenaufgang auf. Noch bevor er die Augen aufmachte, spürte er, dass etwas auf seine Brust drückte. Er begann zu überlegen. War das Dach eingestürzt und hatte sie im Schlaf unter sich begraben?
Da er nicht wusste, ob er möglicherweise schwer verletzt war, wagte er nicht, sich zu bewegen. Stattdessen blinzelte er vorsichtig -- und hielt den Atem an.
Er lag auf dem Rücken, und Lauren lag auf ihm und schlief so fest wie ein Baby.
Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter, umgeben von ihrer wilden Mähne. Einen Arm hatte sie um seine andere Schulter gelegt, einer lag schlaff an seiner Seite. Ihr linkes Bein war angewinkelt und war um seine rechte Hüfte geschlungen, während das andere genau zwischen seinen Beinen lag. Und er hatte eine Erektion.
“Jesus.”
Wut, Abscheu und unerwünschtes Verlangen kämpften in Sam um die Vorherrschaft. Er wollte gegen seine Erregung ankämpfen, was aber angesichts der Position dieser Frau völlig unmöglich war. “Wie du willst”, knurrte er. “Du spielst das Sexkätzchen, dann beklage dich auch nicht über die Folgen.”
Tief in seinem Inneren wusste Sam, dass Lauren das nicht absichtlich gemacht hatte. Sie war völlig erschöpft und schlief so fest, dass sie gar nicht wissen konnte, was sie tat. Das Ergebnis war das gleiche, und er weigerte sich, wegen seiner unfreundlichen Gedanken Schuldgefühle zu empfinden.
Er nahm ihren Arm von seiner Schulter und schüttelte ihn.
“Hey! Wachen Sie auf!”
Er hätte ebenso gut mit der Wand reden können, da Lauren keine Reaktion zeigte. Er stieß einen Fluch aus und rollte sich zur Seite weg, woraufhin sie auf dem Rücken landete. Sie seufzte, rollte sich zusammen und schlief ungerührt weiter.
Sam zog den Reißverschluss des Schlafsacks auf und kletterte heraus. Er stand auf und sah missbilligend auf die schlafende Frau. Dann wandte er sich ab und ging zum Rucksack, um zu sehen, was sich Essbares darin befand.
Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, die Mischung für Rührei zu nehmen, aber als er noch einmal zu Lauren sah, änderte er seine Meinung. Er suchte das heraus, was er benötigte, dann warf er ein paar Zweige ins Feuer. Als die Flammen wieder loderten, fiel sein Blick erneut auf Lauren. Sie schlief noch immer so unschuldig wie ein Baby.
Er presste die Kiefer aufeinander und stampfte zur Tür. Verdammt! Er musste hier raus, auf
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