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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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wandte sich ab und ging auf den Wald zu, während sie sprachlos dastand, den Mund halb geöffnet, und ihm nachsah.
    Sie war so perplex, dass sie zunächst weder etwas tun noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Dann verschwand er zwischen den Bäumen, und sie zuckte erschrocken zusammen. “Nein, warte! Warte!”
    Sie hätte sich ihre Worte auch sparen können. Sam ignorierte sie und ging mit schnellen Schritten weiter. Lauren eilte ihm nach, so gut es ging. Einige Male wäre sie wegen der sperrigen Schneeschuhe fast gestürzt, dann aber hatte sie den richtigen Rhythmus gefunden.
    Zur Hölle mit dir, dachte sie. Er war der aufreizendste und rätselhafteste Mann, den sie kannte. Wie konnte er nur so etwas sagen, sich dann einfach umdrehen und davoneilen?
    Er hatte es nicht so gemeint. Natürlich nicht. So viel war ihr auch klar. Er hatte es nur gesagt, um sie aus ihrer niedergeschlagenen Stimmung zu holen, in die sie verfallen war, und um sie von diesen Männern abzulenken.
    Es hatte funktioniert.
    Lauren bedachte ihn mit wütenden Blicken. Oh, du bist verdammt gut, Rawlins. Sehr geschickt.
    Er gab ein zermürbendes Tempo vor. Wenn die Strecke vor ihm es erlaubte, begann er sogar zu laufen. Dabei vollführte er mit den Schneeschuhen sonderbare, ausholende Sprünge und ließ es auch noch so aussehen, als wäre das eine leichte Übung.
    Lauren musste dagegen alle Kraft und Konzentration aufbringen, um mit ihm mitzuhalten. Da sie deutlich kleiner war, musste sie drei oder vier Schritte machen, während er nur zwei Schritte benötigte.
    Hinzu kam, dass es immer kälter wurde. Ihr Atem wurde zunehmend rauer und schneller, ihre Lungen arbeiteten auf Hochtouren. Jeder Atemzug brannte wie Feuer.
    Sam blieb nicht stehen. Als sie ihm keuchend zurief, sie brauche Wasser, reichte er ihr lediglich den Kanister nach hinten, ohne sein Tempo zu reduzieren.
    Es dauerte nicht lange, da hatte Lauren die Worte vergessen, die sie so sprachlos gemacht hatten. Ebenso vergaß sie die Männer, die hinter ihnen her waren. Die Kälte und die unerbittliche Wildnis ringsum geriet ebenfalls in Vergessenheit. Es erforderte ihre volle Aufmerksamkeit, so schnell wie möglich einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne dabei zu stolpern.
    Lauren war der Meinung gewesen, in guter körperlicher Verfassung zu sein, doch nachdem sie fast zwei Stunden das gnadenlose Tempo mitgemacht hatte, war sie erschöpft. Sie war am Limit angekommen und wollte gerade protestieren, weil sie keinen Schritt mehr machen konnte, als sie das markante Geräusch eines herannahenden Hubschraubers hörten.
    Sam blieb stehen, wirbelte herum und streckte ihr eine Hand entgegen. “Sie kommen! Beeil dich!”
    Es war erstaunlich, zu welchen Leistungen der menschliche Körper fähig wurde, wenn Angst und Adrenalin zusammenspielten. Lauren lag bestimmt fünf bis sechs Meter hinter Sam zurück, aber in dem Moment schoss sie auf ihn zu, wie von einer Rakete angetrieben. Ihre Müdigkeit schien wie fortgewischt. Als sie ihn erreicht hatte, fasste Sam ihre Hand. Dann riss er sie zu Boden und rollte mit ihr unter die tief hängenden Zweige der Tanne, die am nächsten stand.
    Als sie gegen den Stamm stießen, lag Lauren auf dem Rücken, Sam kauerte über ihr. Er hob den Kopf und lauschte. “Da sind sie!” rief er, senkte den Kopf wieder und begrub sie völlig unter seinem Körper.
    Der Hubschrauber kam immer näher, bis er sich in einer Höhe von etwa dreißig Metern direkt über ihnen befand. Der Lärm war ohrenbetäubend. Der Baum, unter dem sie lagen, wurde so wie die umstehenden von der Druckwelle der Rotoren erfasst. Er schwankte, und Schnee rutschte von den Zweigen.
    Lauren klammerte sich an Sam und schloss die Augen. Sie hatte das Gefühl, dass der Hubschrauber für einige Sekunden direkt über ihnen in der Luft stehen blieb. Sie hielt den Atem an, da sie jeden Augenblick damit rechnete, dass sich Kugeln in ihren Körper bohrten.
    Ihre Nerven mussten ihr einen Streich gespielt haben, da der Hubschrauber in einem Zickzackkurs weiterflog und die Männer offensichtlich immer noch nach ihnen Ausschau hielten.
    Sam und Lauren lagen völlig regungslos da, hielten sich gegenseitig fest und horchten auf das Motorengeräusch, das sich allmählich in einiger Entfernung verlor. Als es nur noch ein leises Grollen war, hob Sam den Kopf.
    “Glaubst du, dass sie weg sind?” murmelte Lauren.
    “Für den Augenblick ja.” Er sah sie an. “Alles in Ordnung?”
    “Ja … ja, mir geht es gut. Ich

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